Das Beispiel der Stadt Wesel zeigt – auch Orte im ländlichen Raum können in punkto Bioverpflegung einiges bewegen: Generell sind die Voraussetzungen in Wesel eher ungünstig. Dafür gibt es viele Mitstreiterinnen und Mitstreiter, die sich für ein wachsendes Bioangebot durch eine verstärkte Nachfrage engagieren. Eine davon ist Regina Möllengraf, Fachbereichsleiterin für Ernährung und Gesundheit am Katholischen Bildungsforum Wesel. Die Ökotrophologin bietet Kochkurse im Bildungsforum an und setzt dort wenn möglich Biolebensmittel ein.
Da passte es hervorragend, den Bio kann jeder-Workshop "Verpflegung und Nachhaltigkeit im Einklang – so funktioniert Bio in Kita und Tagespflege" im Weseler Bildungsforum zu veranstalten. Der Workshops richtete sich primär an Tageseltern und Kitas mit U3-Bereich aus Wesel und Umgebung. Dazu eingeladen hatte der Bio kann jeder-Regionalpartner a’verdis.
Bio in der Kinderernährung – geht das überhaupt?
Damit gesundes und nachhaltiges Essen bei Kleinkindern gut ankommt, muss es vor allem kindgerecht zubereitet sein und gut schmecken. Wie das gelingen kann, erläuterte Eva Schlüter von a’verdis. Als zentrale Möglichkeit empfahl sie den Einsatz von Biolebensmitteln. Wertvolle Ansatzpunkte geben darüber hinaus der "DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Tageseinrichtungen für Kinder" und Speisepläne vergleichbarer Einrichtungen.
Schritt für Schritt mehr Bio
Der Einstieg in die Bioküche ist für die meisten Einrichtungen die größte Hürde. Hier zeigte Eva Schlüter verschiedene Wege und Möglichkeiten auf:
- Ökoprodukte über Abo-Kisten kaufen und schrittweise einführen
- Kosten beobachten und
- bevorzugt Produktgruppen mit geringem Preisabstand zur konventionellen Variante verwenden, etwa Trockenwaren wie Nudeln oder Reis.
Zunächst gehe es gar nicht darum, ermutige Eva Schlüter die Teilnehmenden, wie viel Bio man einsetzt. Entscheidend sei, dass Ökolebensmittel überhaupt zum Einsatz kämen: "Der erste Schritt ist der wichtigste. Alles andere ergibt sich nach und nach." So würde mit jeder weiteren Information eine neue Handlung folgen. Mit der Zeit verändere sich die Beziehung zu den Lebensmitteln, dann werde auch anders mit ihnen umgegangen und der Bioanteil allmählich erhöht.
Am Beispiel des Renner-Gerichtes "Spaghetti Bolognese" rechnete die Ökotrophologin vor, wie es sich kostenmäßig auswirkt, wenn man den Fleisch- beziehungsweise Gemüseanteil variiert: angefangen von 100 Prozent Hackfleisch, 50 Prozent Hackfleisch und 50 Prozent Grünkern bis hin zu 100 Prozent Grünkern oder 100 Prozent Gemüse. Die Gruppe war sich einig: "Das klappt – zumindest bei der 50 / 50-Variante".
Tipps rund um den Einkauf
Unter dem Programmpunkt "Wie kann ich im Bioladen sparen?" erläuterte Eva Schlüter, wo man Bioprodukte kaufen kann: angefangen vom Wochenmarkt, der Bestellung im Online-Shop eines Bio-Marktes über Abo-Dienste bis hin zum Hofladen oder Biosupermärkten. Viele der Teilnehmerinnen und Teilnehmer kannten zwar eine dieser Einkaufsquellen, beklagten aber die schlechte Beschaffungssituation in Wesel und Umgebung. Zwar sind am Niederrhein zahlreiche direkt vermarktende Bio-Bauernhöfe angesiedelt, die Stadt Wesel ist allerdings hiervon nahezu ausgeschlossen.
Bio direkt vom Erzeuger
Der Biogemüsegärtner Josef Koplin aus Hamminkeln unweit von Wesel engagiert sich schon lange für mehr Bio in Wesel. Auf dem Workshop stellte er seinen Betrieb vor und erklärte anschaulich die Besonderheiten des Ökolandbaus. Zusätzlich zu seinem Demeter-Hof Lankerskate betreibt Josef Koplin zwei Bioläden in Wesel und Bocholt. Beide Läden haben ein Bistro, dessen Angebote die Kundschaft gerne annehmen. Auch deshalb, weil es dort möglich ist, mittels Bio-Menüs zu "erschmecken", was Bio ausmacht. Seine Bioläden beliefert der engagierte Biobauer selbst – mit allein 40 verschiedenen Kulturen. Dazu zählen neun verschiedene Salatsorten, diverse Kräuter und auch weniger bekannte Gemüsesorten wie den Ufo-Kürbis. Fleisch und weitere frische Lebensmittel bezieht Josef Koplin von regionalen Hof-Partnern – partnerschaftlich, persönlich und fair.
Neben reinen Fakten zu Anbau und Tierhaltung brachte Josef Koplin viele persönliche Erfahrungen ein und begeisterte die Teilnehmenden so für den Biogedanken: Der 60-jährige Biobauer ist überzeugt von seinen Produkten und von Biolandwirtschaft im Allgemeinen. Nach einem Lehramtsstudium und einer Ausbildung als Töpfer fand er seine Berufung schließlich in der Biolandwirtschaft. In seinem Vortrag betonte er, wie wichtig es sei, sich an dem Boden zu orientieren: "Nicht alles kann auf jedem Boden angebaut werden, da muss man einfach Abstriche machen".
Vielfach unterschätzt wird der Mehraufwand im Ökolandbau. Gerade bei Fragen rund um den Pflanzenschutz wurde deutlich, wie aufwändig die Arbeit eines Biobauern ist. Des Weiteren berichtete Koplin davon, dass er gerne wieder mit einem Pferd auf dem Feld arbeiten würde und wegen des damit verbundenen Aufwands jedoch weiterhin auf Maschinen setzt.