Großküchen brauchen in aller Regel vorverarbeitete Frischeprodukte: Gewaschene und geschälte Kartoffeln, Karotten, Kürbisse und vieles mehr. Damit das funktioniert, können entweder biologisch wirtschaftende Betriebe aus Landwirtschaft und Gemüsebau eine Verarbeitungsstufe aufbauen. Oder bereits etablierte konventionelle Vorverarbeitungsbetriebe entscheiden sich dafür, eine Bio-Schiene einzurichten – wofür sie dann neue Bio-Lieferanten und eine Bio-Zertifizierung brauchen.
Wie Küchen und Angebot zusammenfinden können, zeigt der Betrieb der Familie Pentz im Remstal. Der regionale Spezialist für küchenfertig gewaschenes und geschnittenes Gemüse und Kartoffeln kommt ursprünglich aus dem konventionellen Bereich, aber durch die steigende Nachfrage nach Bio-Produkten in der Gemeinschaftsverpflegung hat er sich Ende 2020 für die Bio-Zertifizierung entschieden. Zum Erfolgsrezept gehört, dass der Betrieb auch als Vermittler entlang der Wertschöpfungskette fungiert. "Die Erzeuger haben uns als Anlaufstelle für die Vermarktung in die Außer-Haus-Verpflegung", so der Geschäftsleiter Manuel Pentz. "Wenn ein Bio-Betrieb gerade ein großes Angebot an Karotten oder Hokaido hat, dann nutzen wir unsere Kontakte zur Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung für die Suche nach Absatzwegen".
Auch ein konventioneller Großhändler im Allgäu hat auf das wachsende Bio-Interesse aus der Gemeinschaftsverpflegung reagiert. "Wir spüren, dass die Nachfrage nach Bio-Produkten auch in der Außer-Haus-Verpflegung ansteigt – langsam aber stetig", so Maximilian Jork, Geschäftsführer der Firma Früchte Jork im Allgäu. "Darauf stellen wir uns ein." Dabei versteht sich der inhabergeführte Vollsortimenter auch als Partner seiner Kunden und berät Großküchen bei der Auswahl geeigneter Produkte für ihr Speiseangebot.
Beratung für die Küchen der Gemeinschaftsverpflegung
Wenn sich Großküchen auf den Weg machen, in ihrer jeweiligen Region Bio-Lebensmittel einzukaufen, entstehen gleich mehrere Fragen: Wie findet man geeigneten Bio-Lieferanten? Gibt es für die Umstellung in den Küchen einen Fahrplan, an dem sie sich orientieren können? Wie läuft die Bio-Zertifizierung ab? Programme zur Beratung bzw. dem Coaching von Großküchen können dabei helfen, diese Phase der Umstellung besser zu meistern. "Ähnlich wie in der Landwirtschaft, brauchen wir auch für die Großküchen ein flächendeckendes Angebot an Beratungsstrukturen", so Johannes Ell Schnurr. Der ehemalige Geschäftsführer im Demeter-Verband berät unter anderem Küchen aus einem baden-württembergischen Modellprojekt bei der Beschaffung regionaler Bio-Lebensmittel und kennt die Schwierigkeiten und Chancen im Detail. Die Erfahrungen in diesem Modellprojekt zeigen: Wer bioregionale Wertschöpfungsketten aufbauen und stärken will, braucht dafür einen langen Atem.
Vernetzung in den Regionen
Ein wichtiger Faktor ist dabei die Vernetzung und der Austausch unter den Marktakteuren. Dazu gehört, über den eigenen Tellerrand zu schauen und die Bedarfe und Möglichkeiten des jeweils anderen besser kennen zu lernen. Die Regionalmanagerinnen und -manager von Öko-Modell- und Bio-Musterregionen können hier eine Schlüsselrolle einnehmen. Ein Beispiel dazu aus dem Südwesten: Mit dem Modellprojekt "Bio in der Gemeinschaftsverpflegung" will das baden-württembergische Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz die Essensqualität "Außer-Haus" verbessern und gleichzeitig die Nachfrage nach mehr regionalen Bio-Lebensmitteln steigern.
Die Zielmarke für die teilnehmenden Küchen aus sechs Bio-Musterregionen: eine Zertifizierung nach DGE-Standard und ein Bio-Anteil von mindestens 30 Prozent - möglichst mit Lebensmitteln aus der Region. 37 Einrichtungen haben sich auf diesen Weg gemacht. 26 Einrichtungen und Betriebe haben bis November 2022 die Bio-Zertifizierung erfolgreich abgeschlossen. 13 Einrichtungen und Betriebe sind bereits DGE-zertifiziert. Alle anderen Einrichtungen und Betriebe haben den Vertrag mit der DGE sowie mit den Bio-Zertifizierungsstellen unterzeichnet und werden die Zertifizierungsprozesse in den kommenden Monaten durchführen. Um alle interessierten Großküchen noch ans Ziel zu bringen, wurde das Projekt bis Ende 2023 verlängert. Zudem hat die baden-württembergische Landesregierung gerade die Weiterentwicklung ihrer Ernährungsstrategie beschlossen. Danach sollen die Kantinen des Landes bis 2030 einen regionalen Bio-Anteil von 30 Prozent erreichen.