Nach längerem Rückgang haben 2024 wieder mehr Menschen in Bio-Läden eingekauft, wenn man auf die Umsatzzahlen schaut. Im Interview erläutert Handelsexperte Fabian Ganz von bioVista die aktuellen Trends und Entwicklungen rund um den Bio-Fachhandel.
Der Bio-Fachhandel verzeichnete im Jahr 2024 eine deutliche positive Entwicklung. Besonders in der zweiten Jahreshälfte zog er wieder mehr Kundinnen und Kunden an, die zudem im Durchschnitt höhere Beträge pro Einkauf ausgaben. Die Umsätze mit Lebensmitteln und Getränken in Bioläden und Bio-Supermärkten wuchsen im Jahresverlauf stetig auf insgesamt 3,26 Milliarden Euro und übertrafen damit das Niveau des Vorjahres. Dieser positive Trend wird unter anderem auf die gesunkene Inflationsrate zurückgeführt, die dazu beitrug, dass wieder mehr Kundinnen und Kunden in den Bio-Fachhandel strömten.
Laut bioVista Handelspanel stieg die Anzahl der täglichen Kaufakte im Vergleich zum Vorjahr um 1,9 Prozent. Dadurch konnte sich der Bio-Fachhandel weiterhin als zentraler Bestandteil der regionalen Nahversorgung etablieren und seine Rolle als Anbieter nachhaltiger, frischer und gesunder Lebensmittel festigen. Nach Angaben von bioVista entfielen 64 Prozent der Gesamtumsätze 2024 in den Bio-Läden auf frische Bio-Lebensmittel wie Obst und Gemüse, Milch- und Fleischprodukte. Trockenprodukte wie Mehl, Müsli oder Nudeln machten gut ein Drittel der Umsätze aus.
Wachstum auch in kleinen Läden
Beim Bio-Fachhandel lässt sich über die Jahre ein deutlicher Strukturwandel nachvollziehen. Immer mehr kleine Bio-Läden schließen für immer ihre Türen, während die großen Bio-Läden und Bio-Supermärkte neu eröffnen. Laut der BioHandel-Ladenstatistik schlossen im Jahr 2023 insgesamt 115 Bio-Läden – so viele wie noch nie zuvor. Besonders betroffen waren kleinere Geschäfte: 98 der geschlossenen Läden verfügten über eine Verkaufsfläche von weniger als 400 Quadratmetern (BioHandel, 2024). Diese Entwicklung ist als Marktbereinigung zu werten, da insbesondere kleinere Läden aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten oder fehlender Nachfolgeregelungen den Betrieb einstellten.
Oekolandbau.de: Im Jahr 2024 verzeichneten einige Warengruppen im Bio-Fachhandel besonders starke Zuwächse, andere mussten Umsatzeinbußen hinnehmen. Welche Produkte liefen im vergangenen Jahr besonders gut im Bio-Fachhandel, welche weniger (Renner und Penner)?
Fabian Ganz: Nach Umsatz war die wachstumsstärkste Kategorie klar Olivenöl. Hier haben starke Preissteigerungen zu Umsatzsprüngen geführt. Die starken Preissteigerungen haben aber nicht dazu geführt, dass insgesamt weniger Olivenöle im Bio-Fachhandel gekauft wurden. Überraschenderweise erzielte auch Mineralwasser deutliche Umsatz- und Absatzsteigerungen von rund 16 Prozent, angetrieben von der Nachfrage der Verbraucherinnen und Verbraucher nach gesünderen und nachhaltigeren Formen des Trinkwassergenuss.
Auch Tofu konnte über 11 Prozent den Umsatz steigern. Hier ist die Lieferverfügbarkeit des Marktführers ausschlaggebend sowie eine derzeitige Abkehr von Handelsmarken in dieser Artikelgruppe. Schwieriger gestalten sich Warengruppen, in denen der Bio-Fachhandel es zu verkraften hat, dass Top-Marken nun auch im LEH oder Drogeriewarenhandel platziert sind. 2024 waren dies insbesondere herzhafte Brotaufstriche und die Kategorie Tee.
Oekolandbau.de: Welche Trends lassen sich aus den Erfahrungen der letzten Jahre ausmachen?
Ganz: Generell sind die Trends im Fachhandel fast bipolar. So haben wir den Megatrend zur natürlichen Gesundheit, welches unter anderem in Bio an sich, Glas anstelle Kunststoffverpackung, wenig Zucker, einfachen Rezepturen, alten Gemüsesorten, etc. niederschlägt. Zugleich erzielen aber auch Convenience und Fertiggerichte oder TK-Waren immer größere Umsatzanteile. Aber bei Convenience hat der Fachhandel seine eigenen Lösungen! So ist es im Bio-Fachhandel der Tofu, vegetarische Soul Kitchen Gerichte und nicht Fixprodukte. Me-Too Artikel wie aus dem LEH sind in den letzten Jahren überhaupt nicht erfolgreich gewesen.
Oekolandbau.de: Sehen Sie für die kleinen Inhabergeführten Bioläden Chancen am Markt?
Ganz: Selbstverständlich! Dort fast sogar noch eher als im klassischen LEH. Es kommt nämlich auf die Differenzierung an. Und diese ist mit Bio bereits zu einem gewissen Teil erledigt und bietet daher beste Voraussetzungen. Allerdings sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Zeiten von permanent steigenden Preisen hart. Erfolgreiche Konzepte unserer Handelspanelteilnehmer zeigen, dass eine treffend auf den Standort zugeschnittene Differenzierung – auch von anderen Bio-Fachhändlern – den meisten Erfolg verspricht. Im Bio-Fachhandel kann man noch klein anfangen.
Text: Christine Rampold