Fakten und Trends am Bio-Gemüsemarkt

Fakten und Trends am Bio-Gemüsemarkt

Die Bio-Freilandgemüsefläche in Deutschland wächst seit Jahren, aber nicht bei allen Kulturen in gleicher Weise. Gerade Gemüsearten, die im Discount gekauft werden, zeigen höhere Marktanteile. Bei anderen Kulturen schrumpfen Marktanteile und Anbauflächen. Welche Entwicklungen und Trends zeichnen sich am Bio-Gemüsemarkt ab?

Der Anbau von Bio-Freilandgemüse in Deutschland ist wieder auf dem Wachstumskurs. So bauten Landwirtinnen und Landwirte 2023 auf rund 18.100 Hektar Bio-Gemüse an, das sind etwa 500 Hektar mehr als 2022, wo die Fläche erstmals geschrumpft ist. Möhren, Rote Bete, Zwiebeln, Kürbis, Zucchini, Spinat, Spargel, Weißkohl, Brokkoli, Erbsen und Bohnen dominieren dabei den ökologischen Gemüsebau in puncto Fläche. Wie in den Vorjahren tragen vor allem das Wurzel- und Knollengemüse, Kürbis und Zucchini zum Flächenwachstum bei. Das sind Kulturen, bei denen viele Arbeits- und Ernteschritte mechanisch durchgeführt werden können und nicht viel Handarbeit gefragt ist. Zudem zeigen sie im Vergleich zu konventionellem Gemüse nur geringe Ertragsunterschiede.

Größere Flächenrückgänge zeichnen sich das zweite Jahr in Folge bei Buschbohnen und Druscherbsen ab, die rückläufige Tendenz hat sich allerdings leicht abgeschwächt. Beide Hülsengemüse werden vorwiegend auf größerer Fläche unter Vertrag angebaut. Nach der Ernte geht es in die Frostung. Der deutliche Flächenrückgang beim Bio-Hülsengemüse unterstreicht, wie wichtig feste Handelsbeziehungen innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette für ein nachhaltiges, langfristiges Marktwachstum sind.

Das Wachstum bei vielen starken Kulturen überlappt Flächenrückgänge bei vielen weiteren Gemüsekulturen, unter anderem bei Blattsalaten beziehungsweise Blattgemüsen, die auf deutlich kleinerer Fläche angebaut werden und meist nur im ambulanten Handel oder im Fachhandel zu finden sind. Zum einen verschiebt sich die Nachfrage bei vielen Kulturen auf die Discounter, die zwar ein kleineres Sortiment, darunter allerdings die Schwergewichte im Absatz, anbieten. Allein das führt zu Flächenverschiebungen auf der einen, und zu Sortimentsänderungen auf der anderen Seite.

Zum anderen macht der Strukturwandel auch vor den Bio-Gemüsebetrieben nicht Halt – kleinere Betriebe hören auf, die größeren Bertriebe werden größer. 2023 stiegen mehrere kleinere Betriebe aus der Bio-Gemüseproduktion aus, so dass die durchschnittliche Bio-Freilandgemüsefläche pro Betriebgewachsen ist. 2024 dürfte dieser Strukturwandel weiter fortschreiten. Deutlich gestiegene Kosten für Arbeitskräfte, Betriebsmittel und Energie konnten nicht aufgefangen werden, denn die Preise für ökologisch produziertes Gemüse sind nicht im selben Maße gestiegen. Das führt dazu, dass gerade die Kulturen, bei denen viel Handarbeit gefragt ist, die krankheitsanfälliger sind oder gegenüber konventionell erzeugtem Gemüse deutlich kleinere Erträge aufweisen, im Ökolandbau weniger favorisiert werden.

Auch der geschützte Anbau von Bio-Gemüse zeigte bis 2022 eher einen rückläufigen Flächentrend. 2023 legte die Unterglas-Fläche von 282 Hektar auf 337 Hektar zu. Das Wachstum wird insbesondere durch Tomaten, Salatgurken und Paprika vorangetrieben, die über einen großen Zeitraum aus Spanien, Italien und den Niederlanden nach Deutschland gelangen. Lediglich in den Sommermonaten stützt sich der Markt vorwiegend auf deutsche Ware.

Unabhängig davon, dass die deutsche Saison recht kurz ist, werden die genannten Fruchtgemüsekulturen ganzjährig nachgefragt und stellen neben Möhren und Zwiebeln einen hohen Marktanteil. Aber dennoch: Der ökologische Anbau von Gemüse unter Glas ist nur etwas für Spezialbetriebe und zeigt gegenüber konventionellen Produktionen etliche Herausforderungen wie der Einstellung von Licht und Temperatur sowie dem Wegfall von mineralischen Substraten, die im Bio-Bereich nicht erlaubt sind.

Witterung setzt Bio-Gemüsemarkt unter Druck

Der Markt für Bio-Gemüse schrumpft 2024 das zweite Jahr in Folge. Zum einen liegt das an einem eingeschränkten Angebot, denn erneut haben ungünstige Witterungsverhältnisse zu Ernteausfällen geführt. Dem Bio-Feldgemüse fehlte es an Sonne, Temperatur und trockeneren Phasen; dem Unter-Glas-Gemüse mangelte es an Licht und es war zu feucht. Der Krankheitsdruck ist 2024 nochmal höher als 2023, und gerade beim Lagergemüse wird sich zeigen, in welchem Zustand die Ware in die Läden kommt. Auch hat die unstetige Verfügbarkeit von Bio-Gemüse und das Auf und Ab in den Temperaturen im Sommer das Verhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher beeinflusst. Gerade bei Möhren und Zwiebeln, die einen großen Anteil an der deutschen Bio-Gemüsefläche stellen, haben die ungünstigen Witterungsbedingungen das stetige Flächenwachstum ausgebremst.

Zum anderen steht der Bio-Gemüsemarkt in starker Wettbewerb zum konventionellen Gemüsemarkt. Seit mehreren Jahren zieht es die Verbraucherinnen und Verbraucher immer mehr in die Discounter und Vollsortimenter, wo Produkte aus beiden Produktionsschienen direkt nebeneinander im Regal liegen. Das beeinflusst nicht nur die Erzeugerpreise, auch die Vielfalt an nachgefragtem Bio-Gemüse konzentriert sich zunehmend auf ein ganzjährig verfügbares Standardprogramm mit Möhren, Zwiebeln, Tomate, Paprika und Salatgurken.

Zwar nehmen die Discounter und Vollsortimenter über das Saisongemüse hinaus immer wieder neue Produkte in ihre Programme auf, die wahre Vielfalt findet sich aber in den Fachgeschäften, Bio-Läden, Wochenmärkten oder direkt bei den Erzeugerinnen und Erzeugern. Gerade die letztgenannten Einkaufsstätten stehen jedoch durch die angespannte Konsumstimmung weiterhin unter Druck, auch beim Bio-Gemüse, so dass zunehmend die Vielfalt im nachgefragten Sortiment abnimmt.

Festere Preise bei Bio-Zwiebeln

Bio-Zwiebeln haben, neben Bio-Hokkaido und diversen Wurzelgemüsen, maßgeblich zum Marktwachstum im Bereich des Bio-Gemüses beigetragen. Allerdings sind sowohl die Erntemengen als auch die Qualitäten der Bio-Zwiebeln durch die feuchte Witterung 2023 und 2024 während der Vegetation beeinträchtigt. Für die Lagersaison 2024/25 können noch keine Aussagen zur Langzeitlagerfähigkeit getroffen werden. Bei einem weiterhin stabilen Absatz führen das eingeschränkte Angebot und die unsichere Situation im Lager zu deutlich festeren Preisen als in den Vorjahren. Rote Zwiebeln, das Boomprodukt im Bio-Zwiebelbereich dank ausschließlicher Listung in Bio-Qualität in den Discountern, sind nochmal stärker betroffen. Aus dem deutschen Anbau dürften sie 2024/25 nur im kleinen Umfang zur Verfügung stehen. Bereits jetzt haben fast alle Discounter ihr Sortiment mit konventionellen roten Zwiebeln aufgestockt.


Vernetzung und gesicherte Vermarktung sind wichtige Stellschrauben

Der Bio-Kartoffel-Erzeuger e. V. (BKE) vertritt die Interessen von über 250 Bio-Betrieben in Deutschland, die auf einer Fläche von gut 5.600 Hektar Bio-Kartoffeln und auf mehr als 860 Hektar Bio-Zwiebeln anbauen. Damit sind über die Hälfte des bundesweiten Bio-Zwiebelanbaus im Verein organisiert. Der BKE setzt sich für eine weitreichende Vernetzung aller Akteurinnen und Akteure der Wertschöpfungskette ein, um ein höchstmögliches Maß an Markttransparenz zu erreichen und die einzelbetriebliche Entscheidungsfindung der Mitgliedsbetriebe zu unterstützen.

Oekolandbau.de: Der Absatz von Bio-Zwiebeln ist über die Jahre kontinuierlich gewachsen. Warum stagniert die Fläche?

Josephine Hardt: Die Bio-Zwiebel hat bei unseren Mitgliederbetrieben neben der Kartoffel eine hohe wirtschaftliche Relevanz. Gerade über den Lebensmitteleinzelhandel ergaben sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich gute Absatzmöglichkeiten. Die Bio-Zwiebel ist allerdings eine Kultur mit hohem Produktionsaufwand und -risiko und bedarf einer guten Betreuung auf dem Acker und später dann auch im Lager. Dabei wird auch an die anbauenden Landwirtinnen und Landwirte immer wieder ein hoher Anspruch an Know-How und Innovationsfreude gestellt. Neben der zeit- und kostenintensiven Unkrautregulierung ist auch die spezielle Lagerung ein ausschlaggebender Punkt, weshalb der Anbau intensiv und die Produktionskosten für ein qualitativ hervorragendes Produkt hoch bleiben. Eine Vernetzung mit der landwirtschaftlichen Fachberatung und eine gesicherte Vermarktung sind ausschlaggebend für den erfolgreichen Bio-Zwiebelanbau.

Rund 30 Prozent der am Markt gehandelten Zwiebeln werden importiert, vorrangig vom Frühjahr bis in den Spätsommer hinein, wenn die heimischen Vorräte zur Neige gehen. Hier gäbe es also durchaus noch Wachstumsmöglichkeiten. Allerdings verfügen nur wenige Betriebe und Unternehmen der Branche über entsprechende Lagergebäude, so dass ein Wachstum im späten Segment erstmal nur eingeschränkt möglich ist.

Oekolandbau.de: Wo gäbe es im Bio-Zwiebelbereich weitere Möglichkeiten zum Wachstum? Kann man das auch auf andere Gemüsearten übertragen?

Josephine Hardt: Die rote Bio-Zwiebel hat es uns prinzipiell schon vorgemacht. Über Jahre hinweg war sie ausschließlich in Bio-Qualität in den Discountern gelistet. Das generiert Nachfrage und hat mitunter auch zu Flächenausbau und Marktwachstum geführt. Gleichzeitig unterstreicht die Listung von roten Bio-Zwiebeln, stellvertretend für weitere Bio-Produkte, dass der Lebensmitteleinzelhandel gewillt ist, mehr Bio-Produkte ins Regal zu stellen und sie noch mehr Verbraucherinnen und Verbrauchern zugänglich zu machen. Das begrüßen wir sehr! Die hohen Niederschläge 2023 und 2024 haben die Qualitäten und Erträge von deutschen roten Bio-Zwiebeln allerdings beeinträchtigt. Wir werden in der Praxis weiter daran arbeiten, den Herausforderungen des Klimawandels besser begegnen zu können und dann gemeinsam mit der gesamten Branche die Zukunft der Bio-Zwiebel in den kommenden Jahren zu gestalten.  

Im klassischen Lebensmitteleinzelhandel liegen Bio- und konventionelle Produkte meist nebeneinander im Regal. Die Kundinnen und Kunden entscheiden oft sehr preissensibel. Potenziale ergeben sich also, wie am Beispiel der Bio-Kartoffel deutlich wird, über angepasste Gebindegrößen, oder auch über Neulistungen beziehungsweise Substitution von konventioneller Ware durch Bio-Alternativen im Lebensmitteleinzelhandel.

Oekolandbau.de: Wie geht der Handel mit Ertragsschwankungen um?

Josephine Hardt: Der Handel weiß um die Abhängigkeit der Landwirtschaft von den Witterungsbedingungen des jeweiligen Jahres. Zusammen mit den Erzeugenden, Vermarktenden und Fachberaterinnen und -beratern wurde zuletzt immer eine Lösung gefunden, um die Rohwarensicherheit für die Handelspartnerinnen und -partner ganzjährig sicherzustellen. Kommunikation und Ehrlichkeit in der gesamten Wertschöpfungskette sind also essentiell, um jede Saison optimal zu gestalten.

Text: Tim Boenigk, AMI


Letzte Aktualisierung 22.01.2025

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