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Kleinbäuerinnen und Kleinbauern brauchen Unterstützung bei Anpassung an die neue Bioverordnung

Das FiBL präsentiert die Ergebnisse einer internationalen Studie zu den Auswirkungen der EU-Öko-Verordnung auf kleinbäuerliche Lieferketten. Mögliche Vorteile liegen in einer verbesserten Integrität, Transparenz und Einheitlichkeit der Biostandards. Viele kleinbäuerliche Lieferketten haben jedoch Mühe, sich an die tiefgreifenden Veränderungen anzupassen und riskieren, ihren Zugang zum europäischen Bio-Markt zu verlieren.

Mann beim Pflücken von exotischen Früchten. Klick führt zu Großansicht.

Die neue EU-Verordnung bringt vereinheitlichte Standards, aber für viele Kleinbäuerinnen und -bauern wird die Anpassung eine Herausforderung. Foto: FiBL, Laura Armengot

Die neue Verordnung (EU) 2018/848 führt wesentliche Änderungen für Bio-Importe ein, um die Integrität von Bio zu verbessern. Ab dem 1. Januar 2025 müssen Bio-Importe aus den meisten Drittländern die EU-Vorschriften vollständig erfüllen ("Konformität"). Ausgenommen sind Länder, die von der EU und der Schweiz als gleichwertig anerkannt sind.

Die Überprüfung der Einhaltung der Vorschriften hat erst vor kurzem begonnen, sodass die meisten Zertifikate für 2024 noch unter dem vorherigen System der "Gleichwertigkeit" gültig sind. Diese Bescheinigungen werden jedoch nur unter bestimmten Bedingungen und spätestens bis zum 15. Oktober 2025 akzeptiert.

Die Verordnung legt neue Regeln für die Zertifizierung von Kleinbauern als "Unternehmensgruppen" fest. Dies hat Auswirkungen auf rund 1.800 bis 2.000 Produzentengruppen mit etwa einer Million Kleinbauern in nicht anerkannten Drittländern, die Schätzungen zufolge derzeit den europäischen Markt beliefern. Die Änderungen haben Auswirkungen auf eine breite Palette von Bioprodukten wie Kaffee, Kakao, Reis, Gewürze, Bananen, Kokosnussprodukte, Trockenfrüchte und Nüsse.

Einheitlichere Standards

Die Verordnung verspricht einen vereinheitlichten Rahmen, der für alle Marktteilnehmende gleiche Bedingungen schafft und klarere Biostandards fördert. Für Produzentengruppen, die sich an die neuen Anforderungen anpassen können, besteht das Potenzial eines verbesserten Marktzugangs und eines stärkeren Vertrauens der Verbraucher in das Biolabel.

Viele Interessensgruppen, darunter 40 Prozent der in der Studie befragten Erzeuger und Händler aus Drittländern, sehen die klareren Vorschriften als Chance für eine hohe Bioqualität.

Schwierigkeiten bei der Anpassung

Die Studie zeigt jedoch, dass viele Kleinbäuerinnen und Kleinbauern sowie exportorientierte Produzentengruppen ernsthafte Probleme haben, die neuen EU-Anforderungen zu erfüllen. 

Zu den grössten Herausforderungen gehören:

  • Organisatorische Änderungen: Etwa 70 Prozent der derzeit zertifizierten Kleinerzeugergruppen müssen massive strukturelle Anpassungen vornehmen, um die neuen Vorschriften für "Produzentengruppen" gemäss EU-Verordnung zu erfüllen. Die damit verbundenen rechtlichen und finanziellen Investitionen sind für sie möglicherweise nicht tragbar.
  • Marktzugang: Viele Kleinbauern werden Schwierigkeiten haben, sich an die neue Verordnung anzupassen. Wegen steigender Kosten und zunehmender Komplexität ist zu erwarten, dass für einige der europäische Biomarkt nicht mehr interessant ist oder sie ihre Bioanerkennung verlieren.
  • Unterbrechungen in der Lieferkette: Es ist zu erwarten, dass es in den ersten Jahren zu Problemen in den Lieferketten kommt und die Produktverfügbarkeit eingeschränkt wird.

Empfehlungen 

Um diese Auswirkungen abzumildern empfiehlt die Studie, dass politische Entscheidungsträgerinnen und -träger, Entwicklungsorganisationen und die Biobranche zusammenarbeiten und Unterstützung leisten, um den Übergang zu erleichtern.

Zu den Vorschlägen gehören:

  • Biohändlern in Europa wird empfohlen, Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in ihren Lieferketten bei der Anpassung zu unterstützen, beispielsweise über Trainings, Informationen und Vertragsanpassungen.
  • Beratungsdienste und Schulungen für Erzeugergemeinschaften, Kontrollstellen und lokale Beratende sind unerlässlich.
  • Finanzielle Unterstützung für die Anfangsinvestitionen und Rechtsberatung könnte den kleinbäuerlichen Erzeugergemeinschaften bei der Anpassung helfen.
  • Besser verständliche Zusammenstellungen der Rechtsvorschriften und Schulungsdokumente für Bioproduzierende in Drittländern sind notwendig. Die Anpassung gewisser Anforderungen im laufenden Gesetzgebungsprozess würde die erfolgreiche Anpassung unterstützen

Die neue EU-Verordnung ist ein wichtiger Schritt für die  Glaubwürdigkeit des Biolandbaus. Ihre Auswirkungen auf die Kleinbauern weltweit erfordert jedoch proaktive Massnahmen, um sicherzustellen, dass die Erzeuger in den Entwicklungsländern weiterhin am europäischen Biomarkt teilnehmen können.

Quelle: Pressemitteilung Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL)

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