Wenn im Winter die Bäume kahl sind, können wir die Weißbeerige Mistel besonders gut entdecken. Dieser Halbschmarotzer wächst nämlich auf Bäumen. Sie kann zwar selbst Photosynthese betreiben, dennoch wurzelt sie in den Leitungsbahnen ihres unfreiwilligen Wirts und entzieht ihm Wasser und Nährsalze. Bei günstigen Bedingungen können sich die Misteln so stark vermehren, dass ihre Wirtsbäume mit der Zeit absterben. Grundsätzlich gilt: Ein Ast mit einer aufsitzenden größeren Mistel ist im Wuchs immer stark eingeschränkt.
Jetzt zur Adventszeit sind die Beeren der Mistel reif. Sie enthalten jeweils einen Samen und sind ein Leckerbissen für Misteldrossel, Mönchsgrasmücke und Seidenschwanz. Letzterer taucht bei uns als Wintergast auf. Nach dem Ausscheiden bleibt die sehr klebrige Samenhülle erhalten. Dadurch bleiben die Samen gut an Ästen haften. Ist der Baum nicht "mistelfest" – wie es etwa Buchen, Erlen oder Eschen sind – dringt der keimende Samen in die Leitungsbahnen des Wirts ein, und eine neue Mistel entsteht.
Misteln wachsen gut auf Pappeln, Linden, Weißdorn oder Obstbäumen. Sie entwickeln sich sehr langsam. Pro Jahr bildet die Pflanze nur ein Sprossglied. Buschige, bis zu einem Meter im Durchmesser große Exemplare sind dementsprechend alt. Bis zu 70 Jahre alt kann eine Mistel werden. Auch von der unscheinbaren Blüte bis hin zur Frucht lässt sich die Mistel Zeit. Sie wird vor allem von Fliegen bestäubt. Misteln blühen bei passenden Bedingungen schon im Januar.
Einige spezialisierte Insekten wie der Mistel-Spitzmaulrüssler (ein kleiner Käfer) oder die Falterraupen von Mistel-Glasflügler und Weißem Mistel-Wickler sind von ihnen abhängig. Auch die Raupen des Blausiebs können die Mistel nutzen. Trotz ihres fast schon magischen Rufs sollten wir keine Misteln essen. Sie sind bis auf die Beeren schwach
giftig. Auch von den klebrigen Beeren lassen wir besser die Finger, da sie unangenehm im Rachen haften
können.
Übrigens: Misteln selbst sind nicht mistelfest. Sie können also ihren eigenen Artgenossen als Wirt dienen!
Text: Stiftung für Mensch und Umwelt, Markus Schmidt