Bio kann jeder: Mehr Bio in Kita und Schule: Mit Ernährung für den Klimaschutz
57271 Hilchenbach
Bereits im Jahr 2008 – noch in der Amtszeit des Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy – hat die französische Regierung das Ziel formuliert, in öffentlichen Kantinen einen Bio-Anteil von 20 Prozent zu erreichen. Das entspricht der Marke, die die deutsche Bundesregierung fast zehn Jahre später in der Zukunftsstrategie Ökolandbau als angestrebtes Ziel vorgegeben hat. Inzwischen hat die französische Politik nachgelegt: Im April 2018 beschloss die Nationalversammlung, dass in der öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung bis zum Jahr 2022 mindestens 20 Prozent Biolebensmittel eingesetzt werden müssen. Der französische Senat hat dies Ende Juni 2018 mit überwältigender Mehrheit bestätigt.
Aktuell liegt der Bio-Anteil bei den etwa elf Millionen Mittagessen in der Gemeinschaftsverpflegung bei rund 2,9 Prozent (Quelle: FNAB). "Damit ist die Zielmarke zwar noch in weiter Ferne", so der Experte Dr. Burkhard Schaer, der als Geschäftsführer der Beratungsagentur Ecozept mit Büros in Freising und Montpellier verschiedene Projekte zur Außer-Haus-Verpflegung in Frankreich betreut. "Doch es gibt im ganzen Land immer mehr ermutigende Beispiele und engagierte Akteurinnen und Akteure, die auf dieses Ziel hinarbeiten". Vor allem die Schulmensen sind Vorreiter bei der Umstellung auf Bio: Fast acht von zehn Schulen verwenden laut Agence Bio inzwischen Biolebensmittel in ihrem Speiseangebot. 57 Prozent aller Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung gaben in einer Umfrage an, ihren Tischgästen (auch) Bioprodukte zu servieren.
Mit einem Bündel von Maßnahmen ist es der Hauptstadt Paris in den letzten zehn Jahren gelungen, den Bio-Anteil in der öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung auf über 33 Prozent zu erhöhen. Aber nicht nur die Metropole setzt auf Bio. In ganz Frankreich gibt es viele Beispiele in Städten und ländlichen Regionen. Die Zentralküche der Stadt Saint Etienne mit ihren rund 171.000 Einwohnerinnen und Einwohnern kocht am Tag 5.600 Mittagessen in 100 Prozent Bio-Qualität für Kinderkrippen, Kitas, Grundschulen und Freizeiteinrichtungen. 46 Prozent der Lebensmittel stammen nach eigenen Angaben aus der Region und angrenzenden Departments.
Auch Kleinstädte wie das nahe an Cannes gelegene Mouans-Sartoux gehören zu den Vorreitern: Mit einer konsequenten Strategie hat die Kommune die Verpflegung in Krippen, Kitas und Grundschulen auf 100 Prozent Bio umgestellt.
In der Hafenstadt Brest in der Bretagne finden Schülerinnen und Schüler sowie Kita-Kinder rund 40 Prozent Bioprodukte auf ihren Tellern. Einen starken Impuls für die Einführung von Bio bei den 6.000 Mittagessen am Tag gab in der kommunalpolitischen Diskussion das Argument, mit der Umstellung das Trinkwasser in der Region besser zu schützen.
In der nordfranzösischen Region "Hauts-de-France" konnte in einem von 2015 bis 2018 laufenden Projekt der Durchschnittseinsatz von Bio aus der Region in Schulmensen von weniger als einem Prozent zu Beginn auf 5,5 Prozent gesteigert werden. "Obwohl der Bioanbau und die Verarbeitungsstrukturen in der Region noch schwach entwickelt sind, erreichten einzelne Mensen von Gymnasien sogar einen Bio-Anteil von 40 Prozent", so die Projektleiterin Flora Cassonnet von Ecozept France.
Im Jahr 2017 beschloss der französische Verband für den ökologischen Landbau (FNAB) mit dem Telekommunikationsanbieter Orange - ehemals France Télécom S.A. - eine Partnerschaft einzugehen, um in den Betriebsrestaurants innerhalb der nächsten drei Jahre einen Bio-Anteil von 20 Prozent zu erreichen ("Manger Bio Local en Entreprise").
Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Die FNAB (Fédération National d´Agriculture Biologique) gibt auf einer Internetplattform (einen Überblick darüber, wo im ganzen Land bereits Bioprodukte auf den Tisch kommen. Auf einer Karte findet man mit wenigen Mausklicks Einrichtungen des Bildungs- oder Gesundheitswesens, Kinderkrippen, Firmen und andere Organisationen, die Bioprodukte in ihrer Verpflegung anbieten. Der Eintrag auf dieser Webseite ist freiwillig, und die Liste deshalb nicht vollständig. Aber sie wird fortlaufend erweitert und gibt einen guten Eindruck von der Situation der ökologischen AHV im Land.
Auf einer speziellen Webseite der FNAB zum Thema "Bio-Gerichte" können sich interessierte Personen über das Warum und Wie einer ökologischen Außer-Haus-Verpflegung informieren, praxisnahe Tipps und Infomaterialien herunterladen und aktuelle Neuigkeiten finden. Seit 2016 hat die FNAB auch ein Netzwerk für die Beschaffung regionaler Bioprodukte aufgebaut. Auf dieser Plattform können sich für den Einkauf zuständige Personen aus Großküchen informieren und Kontakte zu Produzentinnen und Poduzenten in ihrer jeweiligen Region finden.
Insgesamt zeigt sich: Nicht nur in den großen Städten auch in vielen ländlichen Regionen Frankreichs kommen in der Gemeinschaftsverpflegung verstärkt regionale und biologische Produkte auf den Tisch. Dabei kennzeichnen vor allem vier Merkmale die besondere Situation in Frankreich:
Letzte Aktualisierung 21.02.2020