Coffee-to-go: Mehrwegbecher gegen die Müllflut

Coffee-to-go: Mehrwegbecher gegen die Müllflut

Immer mehr Menschen trinken ihren Kaffee unterwegs und nutzen dafür Einwegbecher. Dieser Müll landet überall: In öffentlichen Abfallkörben, auf Straßen, Plätzen und in der Natur. Mehrwegbecher sind sicher keine ideale Lösung. Aber sie können ein erster Schritt in die richtige Richtung sein. Zumal wenn es gelingt, mit solchen Systemen mehr Bewusstsein für das Problem zu schaffen.

Alternativen zum Einwegbecher

Wer bei Heißgetränken mehr Nachhaltigkeit möchte, sollte nicht nur auf den Inhalt achten. Denn seit Jahren boomen bei Kaffee & Co die to-go-Angebote – mit allen Schattenseiten: Rund 2,8 Milliarden Einwegbecher nutzen die Deutschen jährlich für den Konsum von Heißgetränken im Außer-Haus-Verzehr. Pro Kopf sind das durchschnittlich 34 Becher für den einmaligen Gebrauch. Dies verursacht laut Umweltbundesamt rund 28.000 Tonnen Abfälle pro Jahr. Für die Anbieter von "to-go-Getränken" ist das ein attraktives Geschäft. Denn die Kundinnen und Kunden trinken ihren Kaffee unterwegs und entsorgen ihre Becher in der Regel außerhalb der Betriebe. Die Personal- und Sachkosten für die Beseitigung dieses Müllaufkommens tragen andere – und das sind zu einem großen Teil die Kommunen.

Tübingen beschließt Steuer für Einwegverpackungen

Dieser für die Allgemeinheit bedenklichen Entwicklung will die Stadt Tübingen nicht länger tatenlos zusehen. Als bundesweit erste Kommune erhebt die Universitätsstadt ab Januar 2021 eine Steuer in Höhe von 50 Cent auf Einwegverpackungen und Einweggeschirr bei to-go-Getränken und Speisen. Für Einwegbesteck beträgt die Steuer 20 Cent. Zahlen müssen diese Steuer die Händler, die beispielsweise Take-away-Gerichte und "Coffee to go" in nicht wieder verwendbaren Verpackungen verkaufen.

Von der Steuer ausgenommen sind jene Verpackungen, die Verkaufsstellen vollständig zurücknehmen und einer stofflichen Verwertung außerhalb der öffentlichen Abfallentsorgung zuführen. Mit dieser Steuer will die Stadtverwaltung umweltfreundliches Handeln fördern und Mehrwegsystemen für den Außer-Haus-Verzehr zum Durchbruch verhelfen. Alle Imbiss-Buden, Bäckereien, Cafés, Systemgastronomen, Tankstellen und andere Unternehmen, die noch nicht über das Thema nachgedacht haben, müssen ab 2021 die Steuer zahlen oder zeitnah handeln.

Welche Alternativen gibt es?

Grundsätzlich ist die Frage berechtigt, ob der to-go-Boom mit einem nachhaltigen Genuss vereinbar ist und ob dieser Trend immer so weitergehen soll. Solange es dazu aber weder eine kollektive Erkenntnis noch eine bundesweite Regelung gibt, sind es private und kommunale Initiativen, die hier Impulse geben. Deren Marktanteil ist sicher noch gering, aber ihre Zahl wächst seit Jahren. Die folgende Übersicht kann deshalb nicht vollständig sein, sondern will verschiedene Ansätze zeigen, die hier verfolgt werden.

reCup

An dem bundesweiten Pfandsystem für Mehrwegbecher im Coffee-to-go-Bereich reCup beteiligen sich inzwischen 5.000 Ausgabestellen. Sie bezahlen dafür eine Systemgebühr und geben die Becher gegen ein Pfand in Höhe von einem Euro an ihre Kundinnen und Kunden weiter. Diese können die Becher dann bundesweit bei allen teilnehmenden Coffee-to-go-Anbietern wieder abgeben und erhalten das Pfand zurück. Über eine App sind die Recup-Partner leicht zu finden. Am Anfang bedeutet das System für Kaffeebetreiber und Konsumierende eine gewisse Umstellung. Aber gerade bei Stammkundinnen und -kunden kommt der Mehrwegbecher gut an. Auch in Tübingen nutzen bereits 37 Cafés und Geschäfte dieses System.

Die Becher bestehen zu 100 Prozent aus recycelbarem Polypropylen und lassen sich laut Hersteller rund tausendmal in einer Spülmaschine reinigen. Nach einer Studie des Umweltbundesamtes (UBA) ist die in der Praxis erreichte Umlaufzahl die entscheidende Größe für die Ökobilanz. Nach den Berechnungen des UBA haben die "PP Pool Mehrwegsysteme" bei einer Umlaufhäufigkeit von 20 bis 25 eine bessere Ökobilanz als Einwegsysteme. Die Deckel sind allerdings nicht Teil des Pfandsystems, da die Partnerbetriebe hier noch Probleme beim Spülaufwand und generellen Handling sehen. Aber die Münchner Firma arbeitet daran, dafür noch bessere Lösungen zu finden.

Lokale Mehrwegbecher in Freiburg und Esslingen

In Freiburg im Breisgau war es Ende 2016 der politische Wunsch, ein lokales Mehrwegsystem für Becher zu schaffen, dass von der Freiburger Abfallwirtschaft betreut wird. Rund 120 Verkaufsstellen bieten den "FreiburgCup" inzwischen für ein Pfand in Höhe von einem Euro an. Für die Stadt steht dabei nicht allein der technische Nutzen im Vordergrund. "Bei vielen Freiburgerinnen und Freiburgern hat der Pfandbecher zudem die Themen Abfallvermeidung und Ressourcenschutz stärker ins Bewusstsein gerückt", betont die Umweltbürgermeisterin Gerda Stuchlik. Damit sei es gelungen, die Müllmengen an öffentlichen Plätzen und im Uni-Bereich spürbar zu reduzieren, so Dieter Bootz, Koordinator für das FreiburgCup-Projekt. Ein weiterer positiver Nebeneffekt: Viele Vereine und private Veranstalter nutzen den Mehrwegbecher bei ihren Events. Allerdings gibt es auch noch eine offene Baustelle: "Die richtig großen Cafébetreiber aus der Systemgastronomie beteiligen sich bisher nicht am System", räumt Bootz ein.

Climate Fair to go

Die 2013 von der Klimaschutz-Stiftung und von der KliBA gGmbH in Heidelberg gegründete Initiative Climate Fair to Go setzt an verschiedenen Stellen an, um am Beispiel des Kaffeekonsums einen nachhaltigeren Lebensstil zu fördern. Auf den Punkt gebracht empfiehlt die Aktion den Kaffee-Genießenden drei Wahlmöglichkeiten: 1. Wahl ist zweifellos, die Tasse Kaffee vor Ort zu genießen und keine Getränke im Becher mitzunehmen. Das ist am besten für die Umwelt und zugleich Genuss ohne Reue. 2. Wahl: Wer mit seinem Kaffee gleich wieder das Weite sucht, sollte einen mitgebrachten Mehrwegbecher nutzen. 3. Wahl: Wer weder Zeit noch einen eigenen Becher hat, beteiligt sich wenigstens an den Umweltkosten. Beim Konsum in Einwegbechern geht eine Spende des Kunden in Höhe von zehn Cent an einen Fonds, aus dem regionale und lokale Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsprojekte finanziert werden. Aktuell beteiligen sich rund 90 Ausgabestellen in Baden-Württemberg an der Aktion.

Aktion BecherBonus

Die 2016 vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz gestartete Aktion „Becherbonus“ möchte mit einem "Bonus für die Umwelt" den Bechermüll für Heißgetränke reduzieren. Wer Kaffee & Co im eigenen mitgebrachten Mehrwegbecher abfüllen lässt, erhält einen Preisnachlass von mindestens zehn Cent pro Getränk. Inzwischen beteiligen sich bundesweit 137 Unternehmen mit rund 4.000 Verkaufsstellen an diesem System, allein in Hessen sind es 875.

Letzte Aktualisierung 28.02.2020

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