Was heißt es für die Menschen in fernen Ländern Bio-Baumwolle anzubauen? Warum machen sie das und wie sieht ihr Alltag aus? Oekolandbau.de hat einen von den 160.000 indischen Bio-Baumwollbauern per Zoom befragt. Anirudhda Halve bewirtschaftet 2,8 Hektar Land im zentralindischen Bundesstaat Madhya Pradesh.
Oekolandbau.de: Warum bauen Sie Ihre Baumwolle ökologisch an?
Anirudhda Halve: Mein Vater hat 1995 auf Bio umgestellt, als die Organisation BioRe India Association hier gestartet hat. Er hatte gemerkt, dass sein Boden nicht mehr fruchtbar war. Er wollte wieder einen lebendigen Boden haben. Außerdem haben wir beobachtet, dass die Krebsrate bei den Baumwoll-Farmern gestiegen ist. Dazu gibt es jedoch keine offiziellen Studien. Sicher ist aber, dass durch das Ausbringen der Pestizide viele konventionelle Farmer unter Hautproblemen leiden. Andere mussten ihr Land verlassen, weil ihr Boden nicht mehr fruchtbar ist und die Kosten für Pflanzenschutzmittel und mineralischen Dünger immer mehr steigen.
Oekolandbau.de: Was hat sich durch die Umstellung auf ökologischen Anbau für Sie geändert?
Anirudhda Halve: Unser Boden ist lockerer geworden und lässt sich viel leichter bearbeiten. Da unser Lehmboden hier sehr schwer ist, muss ich einen Traktor mieten, um das Feld zu pflügen. Früher habe ich 20 Stunden gebraucht, um zu pflügen, heute brauche ich nur noch 15 Stunden. Außerdem speichert der Boden mehr Wasser als früher. So muss ich meine Felder jetzt im Schnitt nur noch alle 25 Tage bewässern statt wie früher alle 15 Tage. Und ich habe jetzt viel weniger Kosten, da ich meine Pflanzenschutzmittel selbst herstellen kann.
Oekolandbau.de: Das hört sich nach viel Arbeit an, wie sieht Ihr Arbeitstag aus?
Anirudhda Halve: Es sind lange Tage. Ich beginne um 5 Uhr morgens mit der Versorgung meiner Tiere. Ich habe drei Kühe und fünf Büffel mit ihren Kälbern und zwei Bullen. Nach zwei Stunden gehe ich auf meine Felder. Neben sieben Acres (1 Acre entspricht 4.046 Quadratmetern) Baumwolle bewirtschafte ich fünf Acres Sojabohnen und drei Acres Linsen. Zwei Acres Land brauche ich fürs Vieh. Wenn ich mit der Feldarbeit fertig bin, kümmere ich mich wieder um die Tiere. Das dauert bis 9 Uhr abends. Ich arbeite meist allein. Nur das Pflücken machen Arbeiter. Die bezahle ich nach Kilogramm. Manchmal muss ich auch nachts noch meine Felder bewässern.
Oekolandbau.de: Was bringt die Bio-Baumwolle ein?
Anirudhda Halve: Letztes Jahr war schlecht. Da habe ich insgesamt nur tausend Kilogramm Baumwolle geerntet. Meine beste Ernte lag bei zweitausend Kilogramm. Die Preise für Baumwolle schwanken stark. Ich warte mit dem Verkauf, bis die Preise gut sind. Derzeit bekomme ich für ein Kilogramm Bio-Baumwolle 75 Rupien (86 Cent). Der Aufschlag für Bio-Qualität liegt bei 10 Rupien (11,5 Cent).
Oekolandbau.de: Reicht das denn zum Leben?
Anirudhda Halve: Was genug ist, hängt von der Person ab. Ich bin zufrieden. Ich kann meine Familie ernähren. Für ein Auto oder Essen im Restaurant reicht es nicht. Aber ich bin glücklich, wenn mein Land gesund ist. Die Organisation hilft uns mit Beratung zum Anbau und zu Präparaten. Es ist gut, von ihr zu lernen und mit ihr verbunden zu sein.
Oekolandbau.de: Wie können die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland Ihnen helfen?
Anirudhda Halve: Kauft Bio-Baumwolle und erzählt anderen Menschen von ihren Vorteilen für uns. Verbreitet die Botschaft überall und überzeugt auch Eure Politiker davon.