Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat den Öko-Landbau als Leitbild für eine nachhaltige Landwirtschaft ausgerufen. Bis 2030 sollen 30 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche ökologisch bewirtschaftet werden. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir erläutert, was den Öko-Landbau ausmacht und wie eine Transformation der Landwirtschaft gelingen kann.
Oekolandbau.de: Am 23.9. ist der EU-Bio-Tag, das BMEL hat den Öko-Landbau als Leitbild für eine nachhaltige Landwirtschaft ausgerufen: Was schätzen Sie am Öko-Landbau so sehr?
Cem Özdemir: Beim Öko-Landbau kommen für mich Fortschritt, Natur und Wirtschaft zusammen, und zwar so, dass auch in die nahe und weiter entfernte Zukunft gedacht wird. Unser Planet hat Grenzen, wir müssen diese heute einhalten, damit wir morgen und übermorgen auch noch auf unserem Planeten wirtschaften und leben können. Der Öko-Landbau leistet da einen wichtigen Beitrag!
Ich sage aber auch, unser Ziel ist 30 Prozent Bio bis 2030 – und das heißt im Umkehrschluss auch 70 Prozent konventionell. Also müssen alle einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten und oft sind die Unterschiede gar nicht so groß oder können kleiner werden. Nehmen wir die Kreislaufwirtschaft. Im Öko-Landbau selbstverständlich zentral und angesichts vom Artensterben, Klimakrise und jetzt zusätzlich durch den verbrecherischen russischen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, das, was wir auch anderswo brauchen, um wegzukommen von fossilen Kraftstoffen und der Abhängigkeit von Diktatoren.
Oekolandbau.de: Was meinen Sie damit genau?
Özdemir: Nehmen wir das Thema Düngung. Für die Herstellung von Mineraldünger braucht es enorm viel Gas, das klimaschädlich ist und zu großen Teilen aus Russland kommt. Die Folgen spüren viele Landwirtinnen und Landwirten nur allzu deutlich. Der Öko-Landbau setzt auf natürlichen Wirtschaftsdünger, ist damit per se unabhängiger und von den aktuellen Preisexplosionen bei Betriebsmitteln nicht so betroffen. Jetzt, wo jeden Tag über Energie- und Gasknappheit diskutiert wird, treten die Vorteile des Bio-Kreislaufgedankens stärker zutage. Oder anders ausgedrückt: Öko-Landbau trägt dazu bei, die aktuellen Krisen, also die Klimakrise, das Artensterben und die Folgen des russischen Krieges gemeinsam zu meistern.
Oekolandbau.de: Hochwasserkatastrophe im letzten Jahr, Dürre in diesem Jahr – die Auswirkungen der Klimakrise sind längst auch in Deutschland zu spüren. Was tun Sie, um die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen?
Özdemir: Die Landwirtschaft leidet besonders stark unter der Klimakrise und das schon heute, nicht erst morgen oder übermorgen. Weltweit und auch in Deutschland. Unser diesjähriger Erntebericht liest sich in Teilen schon wie ein Zeugnis der Klimakrise. Diesen Sommer konnte ich mich bei vielen Hofbesuchen davon überzeugen, dass die Klimaveränderungen voll bei uns durchschlagen – das betrifft übrigens Öko- und konventionelle Betriebe gleichermaßen. Um die Klimaziele zu erreichen, setzen wir an zwei Stellen an: Erstens muss es darum gehen, weniger Emissionen zu verursachen. Darauf zahlen unsere Energieeffizienzprogramme für die Betriebe ebenso ein wie das 30-Prozent-Bio-Ziel oder unsere Initiative „Zu gut für die Tonne“.
Und natürlich müssen wir die Tierhaltung zukunftsgerecht umbauen, das bedeutet weniger Tiere im Stall und damit weniger Emissionen. Was die konventionelle Tierhaltung vom Öko-Bereich lernen kann, ist übrigens auch das Thema Flächenbindung.
Oekolandbau.de: Die Landwirtschaft ist von den Klimafolgen unmittelbar betroffen. Wie wollen Sie die Landwirtschaft dabei unterstützen, sich darauf einzustellen?