Erster bio-zertifizierter Autohof in Deutschland

Erster bio-zertifizierter Autohof in Deutschland

Im Fichtelgebirge gibt es den ersten bio-zertifizierten Autohof in Deutschland. Der Betreiber kauft seine Bio-Produkte vor allem bei regionalen Betrieben. Viele Gäste hätten das bei einem Autohof nicht erwartet und sind positiv überrascht. Inzwischen kommen nicht nur Reisende, sondern auch lokale Gäste zum Essen.

Rolf Küstner betreibt seit 1999 den Autohof Thiersheim nahe der A 93 zwischen Hof und Marktredwitz. Bereits 2023 haben er und sein Team angefangen, verpackte Lebensmittel in Bio-Qualität im Tank-Shop zu anzubieten – wie Knabbereien, Chips, Müsli-Riegel und Getränke. Das war Rolf Küstner jedoch nicht genug, weil er den Tischgästen auch bei den vor Ort zubereiteten Speisen eine möglichst hohe Qualität bieten will.

Rund ein Jahr lang hat er zusammen mit seinem Küchen-Team ausprobiert, wie die Umstellung bei einzelnen Zutaten gelingt und wo er Bio-Produkte möglichst aus der Region beziehen kann. Regionale Lieferunternehmen zu finden, war nicht das Problem, aber die Mengen verlässlich zu bekommen schon. Denn der Autohof hat mit seinen rund 150 Sitzplätzen im Restaurant und nochmals 80 Plätzen im Außenbereich eine relevante Nachfrage: Im Durchschnitt kommen 5.000 bis 6.000 Reisende pro Woche – davon speisen rund 2.000 im Restaurant. Diese Mengen waren in der Region nicht auf Anhieb zu beschaffen.

Nadelöhr am Anfang: verlässliche Mengen für den bio-zertifizierten Autohof

"Wir mussten lernen, dass Bio-Kartoffeln hier aus der Region nicht das ganze Jahr in den gewünschten Mengen verfügbar sind", berichtet Rolf Küstner. Außerdem gab es die Kartoffeln nur ungewaschen und ungeschält. Doch in Gesprächen konnte er erreichen, dass sich die Lieferunternehmen in der Region auf seine Nachfrage einstellen. Und eine Schälmaschine hat er kurzerhand selbst angeschafft.

Ähnliche Probleme gab es beim Pflanzenöl. Zwar fand er schnell einen Bio-Landwirt in der Region, der ihm so ein Öl anbieten konnte. Weil Andreas Grillmeier aus Tiefenbach jedoch nur eine Ölmühle hatte, konnte er nicht die gewünschten Mengen liefern. Als klar wurde, dass der Autohof an einer längerfristigen Zusammenarbeit interessiert war, hat der Landwirt eine zweite Ölmühle angeschafft – und wieder war ein Problem gelöst.

Öko-Modellregion Fichtelgebirge unterstützt Autohof bei Bio-Zertifizierung

Geholfen hat auf diesem Weg der Umstellung immer wieder die Regionalmanagerin der Öko-Modellregion Fichtelgebirge. Denn Laura Stecher ist in der Region gut vernetzt und konnte bei verschiedenen Fragen weiterhelfen. Ihr Credo: "Wenn es einmal Probleme gibt, dann muss man als erstes miteinander sprechen". Am Ende hat der Autohof bei der Umstellung von vielen Seiten Unterstützung bekommen. "Alle waren begeistert, dass wir als Autohof so etwas machen", berichtet Rolf Küstner.

"Was mich wirklich überrascht hat, war der Einkaufspreis für die Bio-Lebensmittel. Der war entgegen allen Vorurteilen nicht wesentlich höher als bei herkömmlichen Produkten" – Rolf Küstner

Erster bio-zertifizierter Autohof in Deutschland

Im April 2025 war es dann so weit: Der Autohof Thiersheim erhielt als erster Autohof in Deutschland ein Bio-Zertifikat. Folgende Produkte werden aktuell in Bio-Qualität eingesetzt.

Folgende Zutaten werden bislang in Bio-Qualität angeboten:

KartoffelnBiohof Sauerbrey, Höchstädt
Bio-Ritter, Marktleuthen
BasmatireisZiegler Organic, Wunsiedel
CouscousZiegler Organic, Wunsiedel
Kidney-Bohnen
Kichererbsen
Ziegler Organic, Wunsiedel
Burger Patties
Rindfleisch Sous-vide
Metzgerei Ruckdeschel, Hohlenbrunn
PflanzenölAndreas Grillmeier, Tiefenbach
TagliatelleLegat-Hof, Altdürrlas
KürbisÖkoring (Bio-Großhandel)

Qualität überzeugt auf Bio-Autohof

Die Resonanz der Reisenden ist überwiegend positivund viele hätten nicht erwartet, dass gerade ein Autohof Bio-Lebensmittel anbieten kann. "Als Raststätte kämpft man zunächst einmal gegen viele Vorurteile", weiß Küstner. Doch wenn die Reisenden einmal Rast machen und essen, erfahren sie, dass hier mit viel Herzblut leckere fränkisch-böhmische Speisen serviert werden. Das kommt so gut an, dass inzwischen auch sehr viele Gäste aus der näheren Umgebung zum Essen kommen oder ihre Familienfeste hier feiern.

Resilientere Wirtschaftskreisläufe

Mit der Bio-Zertifizierung hat der Autohof Thiersheim als Pionier eine Tür aufgestoßen, durch die jetzt auch andere gehen können. "Denn wenn so ein großer Gastro-Betrieb vor Ort zeigt, dass Bio-Zertifizierung geht, hat das schon eine Wirkung", berichtet Laura Stecher. So hat sich bei ihr ein regionaler gastronomischer Betrieb danach erkundigt, ob so eine Bio-Zertifizierung auch für ihn eine Option wäre. "Wenn wir resilientere Wirtschaftskreisläufe wollen", so Stecher, "dann brauchen wir eine stärker regionalisierte Warenwirtschaft". Dass dies auch bei einem Autohof erfolgreich umgesetzt werden kann, zeigt der Betrieb in Thiersheim.

Bewirtschaftete Rastanlagen und Autohöfe

Unmittelbar an den Autobahnen gibt es nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums rund 440 bewirtschaftete Rastanlagen mit Servicebetrieben wie Tankstellen und Raststätten sowie rund 1.500 unbewirtschaftete Rastanlagen. Die Konzessionen für neue Servicebetriebe werden von der Autobahn GmbH des Bundes in einem wettbewerblichen und transparenten Verfahren öffentlich ausgeschrieben und vergeben. Bau und Betrieb dieser Rastanlagen liegen in der unternehmerischen Eigenverantwortung des Konzessionsnehmers. Er bestimmt auf der Grundlage des Konzessionsvertrages neben der baulichen Gestaltung und der betrieblichen Führung der Tankstelle und Raststätte auch das Waren- und Dienstleistungsangebot.

Neben den Rastanlagen auf den Autobahnen stehen den Verkehrsteilnehmenden in unmittelbarer Näher der Autobahnen auch etwa 230 Autohöfe zur Verfügung, die Tank- und Rastmöglichkeiten bieten. Das Beispiel hier im Beitrag ist so ein Autohof. Für diese Einrichtungen gibt es keine vertraglichen Beziehungen zwischen Bund bzw. Ländern und den Autohofbetreibenden, so dass Autohöfe nach rein eigenwirtschaftlichen Maßstäben betrieben werden.

Text: Andreas Greiner, Ökonsult


Letzte Aktualisierung 04.11.2025

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