Auch in der ökologischen Landwirtschaft werden vorwiegend Hybridhühner gehalten. Sie eignen sich besonders gut für die Produktion von Eiern oder lassen sich schnell und gut mästen. Bei den Hybridrassen, die auf eine hohe Legeleistung gezüchtet werden, gibt es jedoch für die männlichen Küken keine Verwendung und sie werden aus wirtschaftlichen Gründen nach dem Schlupf getötet. Diese Methode ist aus tierethischer Sicht nicht zu vertreten ist seit dem 1. Januar 2022 in Deutschland verboten.
Eine mögliche Lösung: Das Zweinutzungshuhn
Eine vielversprechende Möglichkeit bietet die Erzeugung und Verarbeitung von Zweinutzungshühnern. Diese Rassehühner eignen sich sowohl zur Eierproduktion als auch zur Fleischproduktion, allerdings legen sie weniger Eier und setzen auch langsamer Fleisch an.
Mit die Ersten, die sich mit der Haltung von Zweinutzungshühnern beschäftigt haben, waren die Herrmannsdorfer Landwerkstätten in Glonn. "Wir haben uns vorgenommen, es anders zu machen, obwohl von Anfang an klar war, dass es schwer wird." sagt Karl Schweisfurth, Geschäftsführer der Herrmannsdorfer Landwerkstätten. Ziel war es Hühner zu halten, die beides in guter Qualität liefern: Eier und Fleisch. Zu Beginn war die größte Herausforderung, die richtigen Rassen zu finden. Fündig wurde Schweisfurth bei der Lehr- und Versuchsanstalt Triesdorf.
Weitere Probleme galt es im Produktionsprozess zu lösen. So zum Beispiel auch bei der Schlachtung. Zweinutzungshühner sind in ihrem Körperbau sehr vielfältig und eignen sich deshalb nicht für eine standardisierte Schlachtanlage. Die Hermannsdorfer mussten daher auch in diesem Bereich komplett bei null anfangen. Das war ein langer und teurer Weg, für welchen der Lebensmittelhersteller bereits 2012 mit dem Förderpreis Ökologischer Landbau ausgezeichnet wurde.
Mehr Infos zum Preisträger des Bundeswettbewerbs Ökologischer Landbau 2012
Vermarktung des Fleisches
Die Vermarktung der Eier von Zweinutzungshühnern war und ist immer noch sehr erfolgreich. Damit die steigende Nachfrage nach den Eiern bedient werden kann, muss jedoch die Vermarktung des Fleisches oder daraus hergestellter Produkte verbessert werden.
Diese stellt sich bisher aus mehreren Gründen als Herausforderung dar:
- Die Erzeugung des Fleisches ist aufwändiger und somit auch teurer. Das liegt daran, dass die Futterverwertung von Zweinutzungshühnern schlechter ist und die Tiere länger gemästet werden als ein übliches Hybridhuhn, das zur Mast gezüchtet wurde. Auch die oben angesprochene Problematik bei der Schlachtung verursacht zusätzliche Kosten. Eine Vermarktung der zerlegten Fleischteile ist deshalb vor allem in direkter Konkurrenz und direktem Preisvergleich zu vergleichbaren Produkten von Hybridrassen schwierig.
- Die Fleischqualität ist anders. Die Konsistenz des Fleisches ist aufgrund des höheren Alters der Tiere bei der Schlachtung und ihrer Futterverwertung bissfester, dafür aber auch sehr geschmacksintensiv. Das Fleisch erfordert andere Verarbeitungs- und Zubereitungsverfahren. Es muss länger und dafür auf niedrigerer Temperatur gegart werden. Ist dies der Kundin oder dem Kunden nicht bekannt, führt dies häufig zu Reklamationen. Daher ist es sehr wichtig Verbraucherinnen und Verbrauchern ausführliche Zubereitungshinweise an die Hand zu geben und über die Besonderheit des Fleisches zu informieren.
Die Herrmannsdorfer haben ihre Kundschaft von Anfang an über ein Landhuhn-Darlehen mit ins Boot geholt. Damit war eine hohe Kundenbindung garantiert. Zudem kann der Bio-Hersteller im eigenen Fachgeschäft direkte Beratung garantieren.
Die Initiatoren des Projektes ei care im Nordosten Deutschlands haben ähnliche Erfahrungen gemacht. Ihre Produkte werden häufig in Bio-Läden verkauft ohne den direkten Kontakt von Kundschaft zu Erzeugerinnen und Erzeuger oder Herstellerinnen und Hersteller. "Die Fleischqualität der von uns genutzten Rasse ´Les Bleues´ ist bei richtiger Zubereitung hervorragend, die Herausforderung liegt darin, den Kundinnen und Kunden dies zu vermitteln und nicht beim Erstkauf zu verschrecken", sagt Ute Günster von der Naturland Markt Gesellschaft, die das ei care Projekt betreut.