Im Verzeichnis zugelassener Pflanzenschutzmittel in Deutschland vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) sind im November 2022 gut 1.830 verschiedene Pflanzenschutzmittel gelistet. Gesetzlich gelten nach den EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau die gleichen Grenzwerte für Rückstände von Pflanzenschutzmitteln wie für die konventionelle Lebensmittelwirtschaft. Häufig werden jedoch in privatrechtlichen Lieferverträgen Orientierungswerte ausgehandelt, die lebensmittelverarbeitende Unternehmen zunehmend vor Herausforderungen stellt. Denn innerhalb der Wertschöpfungskette entstehen bei Nichteinhaltung und durch zusätzliche aufwendige Warenüberprüfungen hohe Kosten. Zudem wird das Problem um die ohnehin schon knappe Rohstoffangebot dadurch verschärft.
Gesetzlich unterschiedlich interpretierbar
In den EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau ist der Begriff "Anwesenheit" von unerlaubten Stoffen nicht weiter definiert. Erst wenn chemisch-physikalische Nachweismethoden Rückstände finden, kann von einem nachweisbar kontaminierten Lebensmittel gesprochen werden.
Es gibt bereits Länder, die für einzelne Stoffe einen Grenzwert eingeführt haben, der eine Hintergrundbelastung miteinberechnet. So gilt in den USA zum Beispiel ein Grenzwert von 0,05 Milligramm je Kilogramm für Glyphosat, da die Hintergrundbelastung mit Glyphosat dort inzwischen so hoch ist, dass ein Wert unterhalb dieser Grenze auch ohne aktive Anwendung des Mittels kaum erreicht werden kann. In Europa gibt es eine solche Regelung aktuell jedoch nicht. Hier gilt, dass bei jedem Befund im Einzelfall untersucht werden muss, ob ein Verstoß gegen die Verordnung vorliegt.
Langzeitstudie über Rückstände von Pflanzenschutzmitteln
Auf die Problematik der dauerhaften Belastung der Natur durch Pflanzenschutzmittel sowie der Belastung von ökologischen Flächen durch konventionellen Landwirtschaftsmethoden, möchte auch das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft e. V. aufmerksam machen und hat deshalb eine Studie dazu in Auftrag gegeben. Die von 2014 bis 2018 durch TIEM – Integrierte Umweltüberwachung GbR durchgeführte Studie "Biomonitoring der Pestizid-Belastung der Luft" untersuchte an 47 verschiedenen Standorten in Deutschland auf Pflanzenschutzmittelrückstände und wies über 100 Wirkstoffe nach. Egal, ob die Messstation in einer landwirtschaftlichen Region, einem Naturschutzgebiet oder einer Großstadt stand. Zur Erfassung einer Immissionsbelastung der Wirkstoffe wurde das Luftgüte-Rindenmonitoring eingesetzt. Bei diesem Verfahren werden Probenahmen der äußeren Rinde von Bäumen genommen.
Im September 2020 veröffentlichte das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft mit dem Umweltinstitut München eine bundesweite Studie „Pestizid-Belastungen der Luft“. Von März bis November 2019 wurden an 116 in ganz Deutschland verteilten Standorten das Vorkommen von über die Luft transportierten Pflanzenschutzmittelwirkstoffen gemessen. Die Studie zeigt ebenfalls das häufige Auftreten von Pendimethalin.
Pendimethalin, DDT und Glyphosat
Der in der Studie am häufigsten und mit den höchsten Konzentrationen gefundene Wirkstoff war Pendimethalin. Der Anbauverband Bioland fordert bereits ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln mit diesem Wirkstoff, da biologisch betriebene Felder damit oft kontaminiert werden, was zu aufwendigen Untersuchungen und ökonomischen Schäden für den Betrieb führt. Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT) erzielte die zweithöchste Konzentration an Rückständen in der Studie, obwohl dieses seit dem Jahr 1972 in Deutschland verboten ist. Und auch Glyphosat wurde an den Messstationen häufig gefunden.