Vergiftungserscheinungen nach dem Verzehr der verkauften Produkte – das ist vermutlich die schlimmste Nachricht, die ein verarbeitendes Unternehmen erhalten kann. Schließlich ist es für die Sicherheit der Lebensmittel, die es in Verkehr bringt, verantwortlich.
Bedenkliche Pflanzeninhaltsstoffe
Vergiftungserscheinungen können aus verschiedenen Gründen auftreten. Einer davon ist die Kontamination des Erntegutes mit gesundheitlich bedenklichen Pflanzeninhaltsstoffen. Diese werden von Pflanzen beispielsweise zum Schutz vor Fraßfeinden gebildet. Seit einigen Jahren sind besonders Pyrrolizidinalkaloide (PA) und Tropanalkaloide (TA) in der Diskussion. Diese kommen natürlich in bestimmten Pflanzen vor, sind aber für Warmblütler – also Mensch und Tier – nicht verträglich.
Pyrrolizidinalkaloide (PA)
Weltweit wurden bisher in mehr als 350 Pflanzenarten PA nachgewiesen. Dazu gehören die Pflanzenfamilien der Korbblütler (Asteracae), der Raublatt- oder Borretschgewächse (Boragnaceae) und der Hülsenfrüchtler (Fabaceae). In Deutschland heimische Pflanzen mit hohen PA-Gehalten sind zum Beispiel das Jakobskreuzkraut, das Gemeine Greiskraut oder der Natternkopf.
Gesundheitlich besonders bedenklich sind die 1,2-ungesättigten Pyrrolizidinalkaloide. Bei einer chronischen Aufnahme tritt insbesondere eine Schädigung der Leber, aber auch anderer Organe, wie der Lunge, auf. Nach Aussagen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) werden 1,2-ungesättigte PA im Wesentlichen durch Kräutertee (inklusive Rooibostee), schwarzen und grünen Tee sowie Honig aufgenommen. Bisher sind jedoch nur wenige Vergiftungsfälle bekannt.
Tropanalkaloide (TA)
Anders sieht es bei Tropanalkaloiden aus. Es wurden bereits mehr als 200 verschiedene TA identifiziert. Die bekanntesten sind Atropin, Scopolamin und Hyoscyamin. Diese kommen vor allem in Nachtschattengewächsen, wie zum Beispiel dem Bilsenkraut, Stechapfel und der Tollkirsche vor. Vergiftungssymptome sind Trockenheit der Haut und Schleimhäute, sowie Benommenheit, Sehstörungen, Herzklopfen, Desorientierung und Halluzinationen.
In den letzten Jahren traten bereits Vergiftungsfälle von mit Stechapfelsamen kontaminierten Buchweizen- und Hirseprodukten auf. Einige Unternehmen müssen zudem immer wieder Rückrufe aufgrund von hohen TA-Gehalten mit eventuell bestehendem Gesundheitsrisiko vornehmen. Betroffen sind grundsätzlich Produkte aus Druschfrüchten, wie Mais, Hirse oder Buchweizen, aber auch anderes Getreide. Endprodukte sind zum Beispiel Babynahrung, Popcorn oder Cerealienprodukte.
In der Verordnung (EU) 2021/1408 sind nun Grenzwerte für TA festgelegt. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die geltenden Höchstwerte für die TA Atropin und Scopolamin.
Erzeugnis | Höchstgehalt Atropin (μg/kg) | Höchstgehalt Scopolamin (μg/kg) |
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Getreidebeikost und andere Beikost für Säuglinge und Kleinkinder, die Millethirse, Sorghumhirse, Buchweizen, Mais oder daraus gewonnene Erzeugnisse enthält | 1,0 | 1,0 |
Unverarbeitete Millethirse und Sorghumhirse | 5,0 | 5,0 |
Unverarbeiteter Mais mit Ausnahme von - unverarbeitetem Mais, der zur Verarbeitung durch Nassmahlen bestimmt ist und
- unverarbeitetem Popcorn-Mais
| 15,0 | 15,0 |
Unverarbeiteter Buchweizen | 10,0 | 10,0 |
Popcorn-Mais, Millethirse, Sorghumhirse und Mais, die für Verbraucherinnen und Verbraucher in Verkehr gebracht werden Mahlerzeugnisse aus Millethirse, Sorghumhirse und Mais | 5,0 | 5,0 |
Buchweizen, der für den Endverbraucher in Verkehr gebracht wird, Mahlerzeugnisse aus Buchweizen | 10,0 | 10,0 |
Kräutertees (getrocknetes Erzeugnis), ausgenommen Kräutertees von Anissamen | 25,0 | 25,0 |
Kräutertees (getrocknetes Erzeugnis) von Anissamen | 50,0 | 50,0 |
Kräutertees (flüssig) | 0,2 | 0,2 |
Quelle: Verordnung (EU) 2023/915