Entalkoholisierter Wein und Schaumwein haben großes Marktpotenzial. Laut dem Deutschen Weininstitut (DWI) lag der Anteil am gesamtdeutschen Weinkonsum 2022 noch unter einem Prozent, aber mit wachsender Tendenz. Der Absatzzuwachs bei entalkoholisierten Weinen im Lebensmitteleinzelhandel belief sich im selben Jahr auf etwa 18 Prozent. Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher möchten auf Alkohol verzichten, sei es aus gesundheitlichen Gründen, während der Schwangerschaft oder einfach, um einen klaren Kopf zu behalten. Gleichzeitig möchten sie beim Geschmack keine Kompromisse eingehen. Kurz: Genuss von Qualitätswein ohne Alkohol. Zugleich steigt die Nachfrage nach nachhaltigen Alternativen. Hier kommen Bio-Weine ins Spiel.
Alkoholfrei, entalkoholisiert – was ist was?
- Entalkoholisierter Wein enthält weniger als 0,5 Volumenprozent Alkohol.
- Teilweise entalkoholisierter Wein enthält mindestens 0,5 Volumenprozent und weniger als 8,5 Volumenprozent Alkohol
- Ein Wein darf nur "alkoholfrei" genannt werden, wenn der Restalkoholgehalt unter 0,5 Volumenprozent (4 g/l) liegt
- Wenn das Erzeugnis mehr als 0,049 Volumenprozent hat, ist es mit dem Zusatz "alkoholfrei < 0,5 % vol" zu kennzeichnen.
- Nur ein Getränk ohne jeglichen Alkohol darf als "ohne Alkohol" oder "0,0 Prozent" gekennzeichnet werden
Trotz steigender Marktchancen gab es aber lange Zeit regulatorische Hürden bei der Bio-Zertifizierung. Diese unklare rechtliche Grundlage bestärkte Vorbehalte in der traditionellen Weinwelt bezüglich Qualität und Authentizität von alkoholfreien Weinen.
Rechtliche Hürden für entalkoholisierten Bio-Wein
Mit der Verordnung (EU) 2021/2117 hat sich seit Dezember 2021 der Rechtsrahmen für alkoholfreien Wein innerhalb der Europäischen Union maßgeblich geändert. Während zuvor die Herstellung alkoholfreier Weine und Schaumweine dem allgemeinen Lebensmittelrecht unterlag, wurde dieser Bereich nun dem spezifischen Weinrecht zugeordnet. Diese Änderung brachte jedoch eine Herausforderung mit sich: Die EU-Öko-Verordnung 2018/848 wurde nicht entsprechend angepasst.
Im Zentrum der Problematik stand die Vakuumdestillation, ein Verfahren, das für die Entalkoholisierung genutzt wird. Während dieses Verfahren im EU-Öko-Recht für die Verarbeitung von Lebensmitteln zugelassen war, fehlte es in den Regelungen für die Weinbereitung. Konkret hätte das in Anhang VIII Teil I Abschnitt E der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 geregelte Entalkoholisierungsverfahren in den Anhang II Teil VI der Verordnung (EU) 2018/848 aufgenommen werden müssen, um auch für Bio-Weine zulässig zu sein.
Was ist die Vakuumdestillation?
Das Verfahren der Vakuumdestillation, auch Vakuumverdampfung genannt, nutzt das Prinzip, dass Flüssigkeiten unter geringem Druck bei niedrigeren Temperaturen verdampfen. Das ist vergleichbar mit Wasser, das auf dem Mount Everest schon bei 71 Grad Celsius kocht. Durch den reduzierten Druck in der Destillationsanlage sinkt der Siedepunkt des Alkohols im Wein von 78 Grad auf 28 bis 32 Grad Celsius. Bei dieser Temperatur verdampft der Alkohol schonend und wird vom Wein getrennt, während Aromen und andere empfindliche Bestandteile des Weins erhalten bleiben. Diese Technologie bietet sehr gute Ergebnisse und ist die meistbenutzte in Europa.