Die Honigsammler: Grüne Woche 2025
14055 Berlin
Fruchtsäfte sind vegan, sie bestehen schließlich aus Obst – oder? Nicht ganz, denn in der Herstellung kommen tierische Produkte zum Einsatz, die für eine vegane Ernährungsweise ungeeignet sind. Doch es gibt inzwischen pflanzliche Alternativen, die den steigenden Bedarf an veganen Bio-Säften decken und innovative Lösungen bieten.
Eine "vegan"-Auslobung auf einer Fruchtsaftflasche – ist das nicht werben mit Selbstverständlichkeiten? Tatsächlich nein, denn Fruchtsäfte sind nicht immer automatisch vegan. Einige Lebensmittelunternehmen setzen im Rahmen des Verarbeitungsprozesses der Fruchtsaftherstellung tierische Produkte als Verarbeitungshilfsstoffe ein. Die Fruchtsäfte sind somit per Definition nicht vegan, auch wenn die tierischen Stoffe im Endprodukt nicht mehr nachweisbar sind.
The Vegan Society definiert den Begriff "vegan" wie folgt:
"Veganismus ist eine Philosophie und Lebensweise, die darauf abzielt, alle Formen der Ausbeutung und Grausamkeit gegenüber Tieren für Lebensmittel, Kleidung oder andere Zwecke so weit wie möglich und praktikabel auszuschließen und die Entwicklung und Verwendung tierfreier Alternativen zum Nutzen von Tieren, Menschen und der Umwelt zu fördern. In Bezug auf die Ernährung bedeutet es den Verzicht auf alle Produkte, die ganz oder teilweise von Tieren stammen."
In der Bio-Fruchtsaftherstellung werden häufig tierische Produkte verwendet, die für Verbraucherinnen und Verbraucher unsichtbar bleiben. Die folgenden Methoden sind besonders verbreitet:
Um den Fruchtsaft klar und frei von Trübstoffen zu machen, werden tierische Hilfsstoffe wie Gelatine (aus Tierknochen oder Fischblasen), Casein (Milcheiweiß) oder Albumin (Eiprotein) eingesetzt. Diese Stoffe binden die Schwebstoffe im Saft, die dann herausgefiltert werden. Obwohl diese Hilfsstoffe nicht im Endprodukt verbleiben, sind sie dennoch Teil des Produktionsprozesses und machen den Saft somit nicht vegan.
Honig kommt in einigen Fruchtsäften als Süßungsmittel zum Einsatz. Bienenwachs ist ein Zusatzstoff, der zur Oberflächenbehandlung von Früchten genutzt wird.
Mit der wachsenden Popularität der veganen Ernährungsweise haben viele Fruchtsaftherstellende begonnen, tierische Stoffe durch pflanzliche Alternativen zu ersetzen. Bei der Umstellung in der Bio-Verarbeitung kommt es jedoch auch zu Hindernissen. Zum einen haben die pflanzlichen Alternativen oft andere Eigenschaftenals ihre tierischen Pendants und der Produktionsprozess wird durch sie beeinflusst. Zum anderen fehlenfür manche Stoffe in der Bio-Verarbeitung schlicht die entsprechenden Zulassungen. Aus diesen Gründen entscheiden sich viele Bio-Fruchtsaftunternehmen häufig dazu, naturtrübe Säfte anzubieten oder nutzen eine der folgenden alternativen Methoden:
Anstelle von Gelatine oder Casein setzen vegane Herstellungsunternehmen unter anderem pflanzliche Klärmittel wie Bentonit (eine Tonerde) oder Aktivkohle ein. Diese Stoffe haben eine ähnliche Wirkung und binden unerwünschte Trübstoffe. Häufiger zum Einsatz kommen allerdings pflanzliche Proteine. Diese stammen zum Beispiel aus Weizen oder Kartoffeln.
Erbseneiweiß: Aktuell ist Erbsenprotein als Verarbeitungshilfsstoff in Bio-Fruchtsäftennicht erlaubt, wohingegen das Protein in konventionellen Fruchtsäften Verwendung finden darf. Da sich die Branche die Erlaubnis für den Einsatz von Erbsenprotein wünscht, wurde ein Antrag diesbezüglich an die EU-Kommission gestellt. Obwohl Erbse laut Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) nicht als Allergen definiert ist, besteht dennoch Bedenken hinsichtlich des Allergenpotenzials. Die EU-Kommission gab diesen Antrag zur Prüfung an die Expert Group for Technical Advice on Organic Production (EGTOP).
Zur mechanischen Separation von feinen Partikeln, kommen Hilfsstoffe wie Cellulose oder Kieselgur (ein Sedimentgestein) zum Einsatz.
Anstelle von Honig greifen vegane Hersteller auf pflanzliche Süßungsmittel wie Agavendicksaft oder Ahornsirup zurück, die dem Saft eine ähnliche Süße verleihen, ohne tierische Produkte zu verwenden.
Die Produktion von veganen Bio-Fruchtsäften ist deutlich aufwendiger und oft teurer als die Herstellung nicht-veganer Säfte. Die Umstellung auf pflanzliche Klärmittel oder der Einsatz moderner Technologien mittels Membranverfahren oder Ultrafiltrationsverfahren unter Verwendung von Hochdruckpumpen führen zu höheren Produktionskosten.
Dennoch wächst die Nachfrage nach veganen Bio-Fruchtsäften stetig, weshalb sich Fruchtsaftverarbeitende zunehmend für diese Herstellungsverfahren entscheiden. Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher sind bereit, für ein nachhaltiges, gesundes und ethisch einwandfreies Produkt einen höheren Preis zu zahlen. Die steigende Nachfrage führt auch dazu, dass immer mehr Unternehmenauf vegane Bio-Produktion umstellen und innovative Lösungen entwickeln, um die Produktion effizienter und umweltfreundlicher zu gestalten.
Generell ist es für Konsumentinnen und Konsumenten schwierig zu erkennen, ob ein Saft vegan ist oder nicht, da Hilfsstoffe in der Verarbeitung auf der Verpackung beziehungsweise der Zutatenliste, nicht angegeben werden müssen. Deshalb ist eine eindeutige Kennzeichnung wichtig. Hierbei hilft das V-Label, welches die European Vegetarian Union vergibt. Es garantiert, dass während des gesamten Produktionsprozesses keine tierischen Stoffe Verwendung finden und erleichtert somit die Kaufentscheidung. Möchte ein Safthersteller seiner Kundschaft also deutlich zeigen, dass sein Produkt vegan ist, sollte er auf eine zusätzliche Kennzeichnung achten.
Häufig besteht der Klebstoff der Etiketten auf Glasflaschen aus Casein. Die Käuferin beziehungsweise der Käufer haben beim Einkauf im Supermarkt keinen direkten Einblick, ob das Etikett vegan ist. Auch ist die Verpackung bisher kein Ausschlusskriterium, um das V-Label nutzen zu dürfen. Hierfür fehlt der Lizensierungsstelle die prüftechnischen Voraussetzungen, heißt es auf ihrer Webseite. Dennoch besteht bereits eine Diskussion auf europäischer Ebene, um Voraussetzungen zu schaffen, Produkte dahingehend zu überprüfen. Verarbeitungsunternehmen wie Haus Rabenhorst und Beutelsbacher kommunizieren auf ihrer Webseite explizit, dass für sie der vegane Gedanke nicht beim Produktinhalt endet.
Vegane Fruchtsaftherstellung ist ein wachsender Markt. Die Herausforderungen in der Produktion, von der Klärung bis hin zur Wahl der Süßungsmittel, zeigen, dass die Herstellung veganer Fruchtsäfte ein komplexer Prozess ist, der viel Sorgfalt erfordert. Dennoch ist der Trend eindeutig: Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher entscheiden sich für pflanzliche Alternativen und die Herstellenden reagieren darauf, indem sie innovative Lösungen für eine vegane und nachhaltige Fruchtsaftproduktion entwickeln.
Text: Melissa Buchholz
Letzte Aktualisierung 29.10.2024