Auch für Bäckereien und Fleischereien ist ab 2023 die Mehrwegpflicht verpflichtend. So muss beispielweise in Bäckereien und Konditoreien für den "Coffee to go" ab dem kommenden Jahr auch eine Mehrwegalternative angeboten werden. In Fleischereien gilt die Mehrwegpflicht lediglich für Gerichte zum Mitnehmen, nicht bei Fleisch- und Wurstwaren. Auch wenn die Mehrwegalternativen erst ab 2023 angeboten werden müssen, ist es für verarbeitende Betriebe sinnvoll, sich schon jetzt mit dem Thema zu beschäftigen.
Als erster schwäbischer Metzger entschloss sich Andreas Kaindl mit seiner Frau Marina Kaindl bereits 1991 dazu, mit seiner Metzgerei dem Bioland-Verband beizutreten und sein Sortiment um Bio-Fleisch- und Wurstwaren zu erweitern. Da ihnen eine nachhaltige Wirtschaftsweise wichtig ist, bieten sie ihren Kundinnen und Kunden bereits seit vielen Jahren an, Fleisch und Wurst in selbst mitgebrachte Behältnisse zu füllen. "In der Corona-Zeit war das aufgrund der Beschränkungen zwar leider nicht möglich, aber ansonsten nehmen unsere Kundinnen und Kunden dieses Angebot sehr gerne an", so Marina Kaindl.
Chancen der Mehrwegpflicht
Neben der Möglichkeit, Mehrwegbecher oder -geschirr zum Beispiel vom Mehrwegsystem "ReCup", "Vytal", "Relevo" oder "Tiffin Loop" zu beziehen, können Verarbeiterinnen und Verarbeiter auch selbst aktiv werden. Sie können eigene Mehrwegverpackungen mit dem Betriebslogo versehen und zum Marketing und zur Imagepflege für den eigenen Betrieb nutzen. Das Zurückbringen der Pfandgefäße erhöht außerdem oft die Kundenbindung.
Auch Eve Neubold-Sigel hat sich im März 2020 dazu entschieden, das Mehrwegsystem "ReCup" in ihrer Bio-Bäckerei Scholderbeck in Weilheim anzubieten. Die Umstellung auf das Pfandsystem verlief laut Neubold-Sigel problemlos. Durch Corona-Beschränkungen musste sie die Mehrweglösung allerdings vorübergehend wieder einstellen. Aber auch nach Aufhebung der pandemiebedingten Einschränkungen kehrte die Bio-Bäckerei unkompliziert wieder zu den Mehrweg-Bechern zurück. "Es sind zwar auch einige Bäckereien mit aufgesprungen und bieten die Mehrweglösung an, aber mit Freiwilligkeit lässt sich nur bedingt etwas erreichen. Wir brauchen strikte Gesetze, wenn weniger Verpackungsmüll anfallen soll“, ist sich Eve Neubold-Sigel sicher. Das neue Verpackungsgesetz sieht sie daher als Chance für verarbeitende Betriebe, endlich auf Mehrweg-Becher und -Geschirr umzusteigen. "Es ist wichtig, den Mut zu haben, keine Zwischenschritte zu gehen und komplett auf Mehrweg umzustellen. Viele bieten aktuell noch Einwegbecher und eine Mehrweglösung an, aber wir wollten eine klare Änderung. Alles verlief sehr einfach und ich bin von diesem Weg überzeugt und würde es nie mehr anders machen", so Neubold-Sigel. Zwar sei manchmal etwas Erklärungsbedarf bei den Kundinnen und Kunden nötig, aber die praktische Lösung überzeugt. Denn die die Becher können zum Beispiel auch schmutzig bei der Bäckerei abgegeben werden.
Auch die Bäckerei biokaiser hat sich für das ReCup-Mehrwegsystem entschieden. "Damit konnten wir von Beginn an den Verbrauch von Einwegbechern über ein Drittel senken. Unser Ziel ist, dass wir bald komplett auf Einwegbecher verzichten können, ohne damit zu viele Kundinnen und Kunden zu verlieren. Mit der Einführung von Mehrwegalternativen bei Salaten sind wir nun auch etwas weiter. Nachdem Rebowl neue Größen anbietet, wollen wir demnächst möglichst viele unserer Salate im Mehrwegsystem anbieten. Bei uns gibt es natürlich auch die Möglichkeit, die meisten Produkte (Backwaren und Heißgetränke) im eigenen Mehrwegbehälter mitzunehmen. Diese Möglichkeit werden wir auch nochmal gezielt bewerben, um möglichst viele Kundinnen und Kunden zum Umdenken zu bewegen. Wir sind auf einem guten Weg, der aber noch lange nicht zu Ende ist und vor allem viele Einzelne braucht, um erfolgreich die Einwegverpackungen aus unseren Läden zu verabschieden.", so Shari Fischer von der Bio-Bäckerei Kaiser.
Verarbeitende Betriebe leisten so nicht nur selbst einen wichtigen Beitrag zur Müllvermeidung, sondern sensibilisieren auch ihre Kundschaft verstärkt dafür. Kundinnen und Kunden haben so durch ihr eigenes Handeln, beziehungsweise durch das Nutzen von Pfandbechern oder das Mitbringen eigener Behältnisse, stets die Möglichkeit, Umwelt- und Naturschutz zu unterstützen.