Welche gesetzlichen Regelungen gelten für gepökelte Bio-Würste? Welche erwünschten und unerwünschten Wirkungen haben Pökelstoffe? Wie sieht es mit der Verbraucherakzeptanz von Pökelstoffen aus?
Das Pökeln von Fleisch dient vor allem der Haltbarmachung und wird vielfach mit anderen traditionellen Konservierungsverfahren wie Trocknen und Räuchern kombiniert. Heute hat das Pökeln als Haltbarmachungsverfahren nur noch bei solchen Produktgruppen eine Bedeutung, die ohne Kühlung lagerfähig sind, wie Dauerwurst (schnittfeste Rohwurst) und Rohpökelware.
Für die anderen Produktgruppen, wie Brühwurst, Kochwurst und Kochpökelware, hat das Pökeln eher Genusswert und dient der 'Pökelfarbe' und dem 'Pökelaroma'. Bei diesen Produkten wird die angestrebte Haltbarkeit durch eine ausreichende Hitzebehandlung in Verbindung mit Kühllagerung erreicht.
Beim Pökeln wird das Fleisch in eine Kochsalzlösung oder Nitritpökelsalzlösung gelegt oder damit eingerieben. Das Salz entzieht dem Fleisch Wasser und den Mikroorganismen fehlt dadurch die Lebensgrundlage.
Ursprünglich wurde nur mit Nitrat (Salpeter, KNO3) gepökelt. Erst am Anfang des letzten Jahrhunderts wurde klar, dass aus Nitrat zuerst Nitrit gebildet werden muss, wenn ein Pökeleffekt entstehen soll. Nitrit ist der eigentliche Pökelstoff. Nitrat ist nur eine Vorstufe, die durch nitratreduzierende Bakterien (Mikrokokken und apathogene Staphylokokken) zu Nitrit reduziert werden muss.
Pökel-Methoden:
Bei der Nasspökelung wird das Fleisch in eine Salzlake eingelegt. Diese besteht aus einer Mischung aus Nitritpökelsalz (NPS), Wasser und Gewürzen.
Das Trockenpökeln ist die aufwendigste, aber auch schonendste Art zu pökeln. Das Fleisch wird dabei mit Pökelsalz eingerieben und bleibt anschließend für einige Zeit im Salz liegen.
Das Impfpökeln ist ein zeitsparendes Pökelverfahren. Dabei gelangen die Pökelstoffe über eine sogenannte Ader- oder Muskelinjektion direkt in das Fleisch. Der Pökelprozess wird so beschleunigt.
Wirkung von Pökelstoffen
Ursprünglich wurde ausschließlich mit Nitrat (Salpeter) gepökelt. Tatsächlich ist jedoch Nitrit ist jedoch der eigentliche pökelnde Stoff und wird daher weitestgehend als Pökelsalz eingesetzt.
Das aus Nitrat gebildete oder den Fleischwaren direkt zugesetzte Nitrit reagiert im schwach sauren Milieu der Fleischerzeugnisse sofort zu Stickoxid (NO). Als Nebenprodukt entsteht Nitrat, das gegebenenfalls nach bakterieller Reduktion zu Nitrit dem Pökelprozess wieder zur Verfügung steht. Das Stickoxid, eine sehr reaktive chemische Verbindung, bewirkt den Ablauf der vier erwünschten Reaktionen beim Pökeln von Fleischerzeugnissen (WIRTH, 1985):
Bei der Bildung der roten Pökelfarbe reagiert der Muskelfarbstoff Myoglobin mit Stickoxid (NO), das im sauren Milieu aus Nitrit entsteht. Die gleiche Reaktion vollzieht sich am Hämoglobin, dem Blutfarbstoff, das in den Rohstoffen für Fleischerzeugnisse (Muskulatur und Blutplasma) in geringer Menge zu erwarten ist. Die Verbindung Stickoxid-Myoglobin bzw. Hämoglobin - das 'Pökelrot' - ist relativ licht-, sauerstoff- und hitzestabil. Die Bildung einer ausreichenden Pökelfarbe ist erheblich technologieabhängig. Die minimal notwendige Menge an Nitrit zur Ausbildung einer ausreichenden Pökelfarbe bei allen Fleischerzeugnissen wird heute bei 30 bis 50 ppm (mg/kg) gesehen.
Bei der Einwirkung von Nitrit auf Fleisch und Fleischerzeugnisse entsteht ein typischer Geruch und Geschmack, der sich eindeutig von dem der nur mit Kochsalz behandelten Fleischerzeugnisse unterscheidet und den man als 'Pökelaroma' bezeichnet. Dabei ist das Aroma erhitzter gepökelter Fleischerzeugnisse etwas anders als das roher gepökelter Fleischerzeugnisse; offensichtlich entstehen bei höheren Temperaturen andere oder zusätzliche aromatisierende Verbindungen. Sicher ist, dass das Pökelaroma aus den Reaktionen mehrerer Fleischinhaltsstoffe mit Nitrit oder Stickoxiden entsteht. So sind bisher Alkohole, Aldehyde, Inosin, Hypoxanthin und besonders schwefelhaltige Verbindungen als Reaktionspartner bekanntgeworden. Zur Ausbildung des typischen Pökelaromas in Fleischerzeugnissen sind 20 bis 40 ppm Nitrit ausreichend.
Bereits Anfang des letzten Jahrhunderts wurde erkannt, dass Nitrit schon in relativ geringer Konzentration die Vermehrung zahlreicher Arten von Bakterien hemmt. So werden auch die lebensmittelvergiftenden Keimarten Clostridium botulinum, Salmonellen, Staphylokokken bei Konzentrationen von ca. 80 bis 150 ppm in ihrer Entwicklung eingeschränkt. Diese Erkenntnis hat für den Einsatz von Nitrit als Pökelstoff bis in unsere Zeit eine wichtige Rolle gespielt. Eindeutig ist jedoch, dass der konservierende Effekt von Nitrit immer im Zusammenwirken mit anderen Faktoren gesehen werden muss. Untersuchungen aus jüngerer Zeit haben gezeigt, dass die Wirkung des Nitrits im Hinblick auf die mikrobiologische Stabilisierung der Erzeugnisse in der Vergangenheit offensichtlich überschätzt wurde. Einen deutlich größeren Einfluss auf die Haltbarkeit haben vor allem die Erhitzung und die Kühlung, sowie der pH-Wert und der aw-Wert, das Maß an ungebundenem und locker gebundenem Wasser.
Erst relativ spät wurde erkannt, dass das Nitrit auch eine verzögernde Wirkung auf den oxidati-ven Fettverderb hat. Das bedeutet, der negative Einfluss des Luftsauerstoffes auf die Fettsäuren (Ranzigkeit) wird durch den Einsatz von Nitrit reduziert. Die hierfür notwendige minimale Nitritkonzentration ist nicht festlegbar, da man die Wirkung überwiegend in der Komplexbildung mit prooxidativen Substanzen im Erzeugnis, zum Beispiel Eisenionen im Fleisch sieht, die stark vom Rohmaterial abhängt. Ausschließlich mit Kochsalz hergestellte Erzeugnisse unterliegen in der Regel einem schnelleren Geschmacksabbau, vor allem bei feinzerkleinerten Erzeugnissen, denen bei der Herstellung viel Luft und somit Sauerstoff untergemischt wird. Dagegen erreichen mit Nitrit hergestellte Erzeugnisse eine längere Aufbewahrungszeit, bevor ein deutlicher Geschmacksabbau auftritt.
Nitrosamine
Gepökelte Fleischwaren dürfen nicht gegrillt werden. Das im Pökelsalz enthaltenen Nitrit reagiert bei heißen Temperaturen, ab 150 Grad Celsius, mit den Eiweißen im Fleisch zu schädlichen, krebserregenden Nitrosaminen, warnt das Bundeszentrum für Ernährung.
Entstehung von Cholesteroloxide
Auch Oxidationsprodukte des Cholesterols (lebenswichtiger Fettbestandteil), sogenannte Cholesteroloxide, sind im Tierversuch zytologisch und gefäßschädigend und stehen im Verdacht ebenfalls krebserregend zu sein. Auslöser der Oxidation sind Hitze, Licht-Bestrahlung und freie Radikale. In Fleischerzeugnissen bestehen günstige Voraussetzungen für die Bildung von Cholesteroloxiden, da ein hoher Gehalt an prooxidativ wirkenden Eisen und ungesättigte Fettsäuren zusammentreffen.
In einer umfangreichen Untersuchung wurde nachgewiesen, dass Cholesteroloxide in erhitztem Fleisch bereits bei Kühllagerung innerhalb weniger Tage erheblich zunahmen (MÜNCH und ARNETH, 2001). Es zeigte sich, dass leberhaltige Produkte und Rohfleischerzeugnisse sehr niedrige Gehalte aufwiesen, während in Geflügelfleischprodukten unterschiedliche Konzentrationen gefunden wurden. Es wurde festgestellt, dass Nitritpökelsalz eine stark oxidationshemmende Wirkung in den Fleischerzeugnissen hatte. Die ohne Pökelstoffe hergestellten Öko-Produkte sind in diesem Fall gesundheitlich bedenklicher als konventionelle Produkte. Mangels einer toxikologischen Bewertung existieren bisher keine Richt- oder Grenzwerte für Cholesteroloxid-Gehalte im Fleischbereich. Als "Basiswerte" wurden die Gehalte von Cholesteroloxide in rohem bzw. frisch gekochtem oder gebratenem Fleisch vorgeschlagen, die als Vergleich zur Abschätzung von behandlungsbedingten Veränderungen dienen. Dies ermöglicht jedoch keine Aussage, welche Gehalte und welche Cholesteroloxide tatsächlich gesundheitlich bedenklich sein könnten.
Beurteilung von Pökelstoffen in Bio-Wurstwaren
Der Einsatz von Pökelstoffen bei der Herstellung der Fleischerzeugnisse ist differenziert zu betrachten. Ein Verzicht auf die Verwendung von Pökelstoffen verursacht bei Bio-Fleischerzeugnissen Veränderungen hinsichtlich der sensorischen Qualität (Farbe und Aroma). Einerseits enthalten ohne Pökelstoffe hergestellte Fleischerzeugnisse mit Sicherheit keine potenziell krebserregenden Nitrosamine. Anderseits sind die Fleischerzeugnisse, die ohne antibakteriell und antioxidativ wirkende Pökelstoffe hergestellt werden, hygienisch und gesundheitlich bedenklicher als die konventionellen Produkte. So wird es Verbraucherinnen und Verbraucher geben, die Fleischerzeugnisse wünschen, die aus dem Fleisch von Tieren aus ökologischer Haltung hergestellt werden, jedoch konventionellen Charakter aufweisen, also mit Pökelstoffen produziert werden.
Eine Verminderung der Menge an Pökelstoffen gegenüber der konventionellen Herstellung ist in vielen Fällen möglich, ohne dass die Fleischerzeugnisse ihre charakteristischen Produkteigenschaften verlieren. In diesen Fällen nehmen Verbraucherinnen und Verbraucher eine Verminderung der Pökelstoffkonzentration positiv wahr.
Andererseits wird es immer Personen geben, die Fleischerzeugnisse mit Pökelstoffen ablehnen. Diesen Verbraucherinnen und Verbrauchern sollte ein pökelstofffreies Sortiment angeboten werden, das auf einer Vielzahl von Erzeugnissen basiert, welche traditionell ohne Pökelstoffe hergestellt werden und trotzdem einen hohen Genusswert aufweisen (zum Beispiel Pfälzer Leberwurst, Hausmacher Blut- und Leberwurst, Hausmacher Sülze, Gelbwurst, Weißwurst, Bratwürste grob und fein, Rohschinken nach Parma-Art, und Schweinebraten statt Kochschinken sowie andere Braten, wie zum Beispiel Roastbeef).
Mit zwei derartigen Sortimenten wäre die gesamte potenzielle Kundschaft, die sich für Bio-Fleischerzeugnisse interessiert, abgedeckt und es bleibt dem Einzelnen überlassen, welches Sortiment er bevorzugt.
Gesetzliche Regelungen
EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau
Zusatz- und Hilfsstoffe werden in den EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau in Form einer Positivliste geregelt.
Die Pökelstoffe Natriumnitrit und Kaliumnitrat dürfen in der Wurstherstellung nur dann einge-setzt werden, wenn nachweislich keine technologische Alternative zur Verfügung steht, die die-selbe Sicherheit bietet und/oder die Erhaltung der besonderen Merkmale des Erzeugnisses gestat-tet. Der Nachweis muss gegenüber der zuständigen Behörde glaubhaft nachgewiesen werden.
Für Natriumnitrit (E 250) und Kaliumnitrat (E 252) liegt der Richtwert für die Zugabemenge bei 80 mg/kg, die Rückstandshöchstmenge liegt bei jeweils 50 mg/kg.
Öko-Verbands-Richtlinien
Die verschiedenen Öko-Verbände haben den Einsatz von Nitritpökelsalzen in Ihren Richtlinien unterschiedlich geregelt.
Bei Naturland, Gäa, Biokreis und Biopark wird Nitritpökelsalz (mit 0,4 bis 0,5 Prozent Natriumnitrit) in begrenzter Menge für erhitzte und nicht erhitzte Fleischerzeugnisse zugelassen. Die Zulassung erfolgt unter den nachstehend aufgeführten Einschränkungen:
Die Zugabemenge ist auf zwei Prozent bei Rohwurst und ein Prozent bei erhitzter Wurst zu begrenzen.
Bei der Herstellung von Rohwürsten, die länger als vier Wochen bei Temperaturen von unter 18 Grad Celsius reifen, ist auch die Verwendung von Kaliumnitrat in einer Menge von maximal 80 mg Kaliumnitrat pro Kilogramm zulässig.
Zur optimalen Ausnutzung des Nitrits kann Nitritpökelsalz in Kombination mit Ascorbinsäure oder Na-Ascorbat (300-500 mg pro Kilogramm freie Ascorbinsäure) verwendet werden. Die Verwendung ist deutlich zu kennzeichnen.
Die Restriktionen der derzeit gültigen Zusatzstoffzulassungs-Verordnung sind zu beachten. Darüber hinaus ist die Verwendung von Nitritpökelsalz bei Produkten, die zum Braten bestimmt sind oder von denen anzunehmen ist, dass sie oft gebraten verzehrt werden (zum Beispiel Speck, durchwachsener Speck, Leberkäse) nicht zulässig.
Die Verbände Bioland und Demeter haben sich gegen eine Zulassung von Pökelstoffen entschieden.
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