Werner Vogt-Kaute, Ackerbauberater bei der Naturland-Beratung, sieht das Konzept deshalb skeptisch. "Ich rate Betrieben von dieser Methode ab", sagt der Experte. Für ihn sind bei Kinsey drei wichtige Grundsätze nicht erfüllt, die eine gute Bodenanalyse ausmachen.
Dazu gehört für ihn ein transparenter Hinweis, mit welcher Methode der Boden untersucht wurde, und ob die daraus abgeleiteten Düngeempfehlungen für einen Standort über Feldversuche evaluiert beziehungsweise kalibriert wurden. Anders als bei Kinsey wird bei der VDLUFA-Methode seit Jahrzehnten an unterschiedlichen Standorten geprüft, ob mit den Düngeempfehlungen tatsächlich höhere Erträge erzielt werden. Außerdem sollte angegeben sein, wo und für welche Kulturen die Empfehlungen evaluiert wurden.
Aufdüngung wichtiger als Nährstoffgleichgewichte
Grundsätzlich hält der Berater den Blick auf die Nährstoffverhältnisse im Kinsey-Ansatz für korrekt, da zum Beispiel Kalzium, Kalium, Magnesium und andere Makro- und Mikronährstoffe antagonistisch wirken und ihre Verfügbarkeit für Pflanzen einseitig oder wechselseitig behindern können. "Allerdings ist es aus meiner Sicht viel ertragsrelevanter, ob ein wichtiger Nährstoff deutlich im Mangel ist und über eine angepasste Düngung nachgeliefert wird. Bei Kinsey stehen die absoluten Mengen viel weniger im Fokus und werden nicht gezielt nachgedüngt", sagt Vogt-Kaute.
Zweifel an hohen Schwefelgaben bei Kinsey-Düngung
Zudem kann der Fachmann die Empfehlungen für hohe Gaben an elementarem Schwefel von bis zu über 100 Kilogramm pro Hektar nicht nachvollziehen, die bei Kinsey üblich sind. Diese Mengen übersteigen laut Vogt-Kaute deutlich den tatsächlichen Bedarf der Pflanzen, wodurch vor allem auf Sandböden ein erhöhtes Risiko für Auswaschung besteht. Ähnliches gilt auch für den Mikronährstoff Bor, das oft in Mengen eingesetzt wird, die den Pflanzenbedarf übersteigen und zusätzlich eine toxische Wirkung entfalten können.
Ohnehin sieht er aufgrund des relativ geringen Ertragsniveaus im Ökolandbau keinen erhöhten Bedarf an Mikronährstoffen. Ausnahmen sind aus seiner Sicht zum Teil Gemüse und Leguminosen, was sich mit den Erfahrungen von Jan Richardt deckt. Denn auch beim Kleegras beobachtet der Praktiker eine deutlich bessere Wüchsigkeit, insbesondere beim Klee. "Doch dafür braucht man keine Kinsey-Analyse. Alle Mikronährstoffe können auch mit einer erweiterten VDLUFA-Methode bestimmt werden", sagt Vogt-Kaute.