Mob Grazing gilt als Low-Input-Weidestrategie, unter anderem, weil Nachsaaten, Unkrautbekämpfung und Weidepflegemaßnahmen in der Regel nicht nötig sind. "Durch das tägliche Umtreiben entsteht allerdings ein Mehraufwand für das Wassermanagement und die Weideflächeneinzäunung", sagt Röwekamp. Hilfsmittel wie Zaunspinnen und Zaunheber können hier die Arbeit jedoch erleichtern. Auch Konzepte wie Virtual Fencing, bei dem ganz auf Zaunmaterial verzichtet wird, könnten zukünftig das Arbeiten mit Mob Grazing erleichtern. Über Stockmanship könne zudem ein stressarmer Umgang mit den Tieren erlernt werden, der zusätzlich Zeit spart, so Röwekamp.
Bei Mob Grazing auf Ackerfutterflächen ist zusätzlich darauf zu achten, dass die Zusammensetzung des Pflanzenbestands angepasst werden muss. Herkömmliche Ackerfuttermischungen haben oft einen hohen Gehalt an Leguminosen, was ein erhöhtes Blähungsrisiko für die Tiere mit sich bringen kann. Versuche haben gezeigt, dass Ackerfuttermischungen mit tanninhaltigen Arten wie Esparsette und Zichorie das Blährisiko reduzieren. Zudem braucht es an Trockenheit angepasste und zugleich nährstoffreiche Gräserarten wie tiefwurzelnde Obergräser.
Entspannte Tiere, weniger Parasiten
Die Erfahrungen mehrerer Betriebe zeigen inzwischen, dass die Tiere beim Mob Grazing deutlich ruhiger und entspannter sind als bei den bisher üblichen Weidesystemen. Erklärt wird dies damit, dass den Tiere permanent eine Fläche mit frischem schmackhaftem Aufwuchs zur Verfügung steht und sie damit niemals dem Stress ausgesetzt sind, ihnen könne das Futter ausgehen.
Auch die Parasitenbelastung scheint durch die Mob-Grazing-Strategie abzunehmen. So berichtet Ruven Hener, Leiter des Rinderbereichs auf Gut Temmen, dass die Tiere seit Einführung von Mob Grazing nur noch alle zwei Jahre, statt jedes Jahr, gegen Parasiten behandelt werden müssen. Den geringeren Parasitendruck führt Hener darauf zurück, dass die Tiere nur das obere Drittel des Aufwuchses fressen, und damit gar nicht erst in Kontakt mit Parasiten kommen, die eher an den unteren Pflanzenteilen sitzen. Außerdem seien die Tiere bis zum Schlupf der Fliegen in den Kuhfladen bereits mehrmals weitergezogen. Das heißt, auch durch die räumliche Distanz wird der direkte Befall verringert.
Für welche Betriebsformen eignet sich Mob Grazing?
Im Allgemeinen wird Mob Grazing für die Mutterkuhhaltung auf extensiv genutzten Grünland- oder Ackerfutterflächen empfohlen und ist in dieser Form auch bislang am weitesten verbreitet.
Generell stellt Mob Grazing aber auch für Milchvieh in Regionen mit trockenen, heißen Sommern eine Option dar. Hier ist allerdings zu prüfen, ob die Milchleistung der weidenden Milchviehherden nicht negativ beeinflusst wird.
In Haus Riswick, einem Versuchs- und Bildungszentrum der Landwirtschaftskammer NRW läuft seit April 2021 ein Versuch mit Mob Grazing bei einer 45-köpfigen Öko-Milchkuhherde, im Rahmen einer Halbtagsweide. Die Kühe dieser Herde haben eine durchschnittliche jährliche Milchleistung von über 9.000 Litern.
Die Erfahrungen nach zwei Jahren sind positiv, berichtet Anne Verhoeven, die den Versuch in Haus Riswick betreut. Bislang konnten mit der Mob Grazing-Strategie stabile Milchleistungen erreicht werden. Verhoeven führt das darauf zurück, dass die Tiere beim Mob Grazing vor allem die üppigen, energie- und proteinreichen Pflanzenspitzen und oberen Blätter fressen und die restlichen, weniger nährstoffreichen Pflanzenteile als Weiderest stehen lassen. Verhoeven schränkt jedoch ein, dass die neue Weidestrategie bei einer für Öko-Verhältnisse hochleistenden Herde wie in Haus Riswick nur als Halbtagsweide funktionieren kann.
Dass Mob Grazing auch bei Vollweide funktioniert, zeigen die Ergebnisse des Projekts KUH-proKLIMA. Hier wurde auf zahlreichen Praxisbetrieben mit Milchkühen im Allgäu unter anderem das Konzept "Holistic Planned Grazing" getestet, bei dem das Mob Grazing zentraler Bestandteil der Managementmaßnahme ist. Es zeigte sich, dass mit diesem Verfahren auch in Vollweide bis zu 6.000 Liter aus dem Grundfutter erreicht werden können.