Oekolandbau.de befragte Thomas Montiel Castro, Handelsexperte von NielsenIQ, zur Bio-Marktentwicklung 2022. Nielsen IQ ist ein Marktforschungsunternehmen, welches in über 100 Ländern der Welt aktiv ist. Das Unternehmen nutzt unterschiedlichste Datenquellen, sowohl quantitativ als auch qualitativ. Herr Montiel Castro ist Consumerpanel Experte und hat tiefe Einblicke in das Konsumentenverhalten.
Oekolandbau.de: Was hat im Jahr 2022 das Einkaufsverhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher in puncto Bio verändert?
Montiel Castro: Insgesamt ist Bio aufgrund der Inflation und der Preissensibilität der Kundschaft nicht mehr so steil gewachsen wie in den vergangenen Jahren. Der Bereich "Premium-Bio", wie er im Naturkosthandel angeboten wird, war besonders stark von der Konsumzurückhaltung betroffen.
Oekolandbau.de: Welche Produkte liefen 2022 weniger gut und welche sind weiter gewachsen?
Montiel Castro: Generell ist es herausfordernd für Marktforscher hier klare Trends abzuleiten, weil wir das Jahr 2022 mit dem Pandemie-Jahr mit viel Homeoffice und Isolation beziehungsweise Kontaktbeschränkungen vergleichen. Jetzt wird wieder mehr außer Haus gegessen und entsprechend laufen wir in den Kochkategorien gegen ein starkes Vorjahr an. Klar zeigt sich das starke Wachstum bei veganen Produkten.
Oekolandbau.de: Wie wird sich das Bio-Kaufverhalten in der nächsten Zeit ändern? Wird es nach dem Trading down auch wieder ein Trading up geben?
Montiel Castro: Das Wachstum von Bio hat eine Delle bekommen, insbesondere im Premiumbereich. Das wird sich wieder ändern. Wir können in den Daten sehen, dass sich das Kaufverhalten wieder etwas normalisiert. Möglicherweise wird es für den Premiumbereich wichtiger sein Alleinstellungsmerkmale hervorzuheben. Hier besteht die große Herausforderung, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher im Bereich Nachhaltigkeit überfordert sind zu verstehen, wofür die verschiedenen Siegel stehen. Wir haben die Haushalte befragt, wie sie mit dem Thema Inflation umgehen. Hier gaben viele Konsumentinnen und Konsumenten an, dass sie fest vorhaben nach der Krise wieder zum alten Kaufverhalten zurückzukehren. Auch Nischen wie Lebensmittelretter, Direktbezug vom Bauernhof oder Grüne Kisten werden, ausgehend von einem kleinen Marktanteil, weiter wachsen.
Oekolandbau.de: Wie wird sich der Onlinehandel mit Lebensmitteln entwickeln?
Montiel Castro: Bio war der Wachstumstreiber im E-Commerce, das liegt auch an vielen Neueinsteigern im Onlinehandel, wie den sogenannten Letzte Meile Anbietern wie Gorillas, flink oder knuspr. Diese haben während der Corona-Pandemie ihre Belieferungsgebiete massiv ausgebaut. Hier besteht großes Potential, weil sie auch auf Bio-Produkte und das Thema Nachhaltigkeit setzen.