Immer mehr deutsche Bio-Äpfel am Markt

Immer mehr deutsche Bio-Äpfel am Markt

Der Absatz von Bio-Äpfeln auf dem deutschen Markt ist in der Saison 2020/21 deutlich gestiegen. Zwar stammt der Großteil aus hiesiger Produktion, dennoch kann der Markt zur Versorgung nicht auf Importe verzichten. Die Hauptrolle dabei spielt dabei Italien, allen voran Südtirol.

Selten wurden in Deutschland so viele Bio-Äpfel geerntet wie im Herbst 2020. Nach dem knappen Angebot des vorherigen Jahres, welches bereits mitten in der zweiten Saisonhälfte geräumt war, standen mit einem Mal bis weit in den Sommer hinein deutsche Bio-Äpfel zur Verfügung. Das führte zu mehr Nachfrage, denn mit dem Argument "regionale Produktion" griffen Einzelhändlerinnen und Einzelhändler sowie Verbraucherinnen und Verbraucher bevorzugt zum hiesigen Bio-Apfel. Der Importanteil in der Saison 2020/21 lag bei 27 Prozent.

Immer mehr Bio-Äpfel aus Deutschland auf dem Markt

Bio-Äpfel treffen auf einen sehr aufnahmefähigen Markt. Nach Hochrechnungen der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) stieg die Absatzmenge von 2013/14 bis 2020/21 um jährlich durchschnittlich 67 Prozent - und das trotz höherer Preise. Laut GfK-Haushaltspanel lag der mittlere Verbraucherpreis für deutsche Bio-Äpfel im Jahr 2017 bei 3,09 Euro und 2021 bei 3,40 Euro je Kilogramm. Die Einkaufsmenge an Bio-Äpfeln aus inländischer Erzeugung erreichte 2021 einen Anteil von 72 Prozent, was einer Steigerung von zwei Prozentpunkten im Vergleich zu 2020 entspricht.

Auch die Importe nehmen zu

Die Nachfrage nach Bio-Äpfeln am deutschen Markt übersteigt trotz der wachsenden Selbstversorgung das hiesige Angebot. Daher werden Äpfel zunehmend importiert. Mit den größeren Ernten in anderen europäischen Anbaugebieten, vor allem in Norditalien, wird der steigende Bedarf bedient. Obgleich in der vergangenen Saison 2020/21 eine Rekordmenge an Bio-Äpfeln aus deutschem Anbau zur Verfügung stand, wurden über 24.000 Tonnen zusätzlich importiert.

Wichtigster Lieferant für den deutschen Markt ist Italien, speziell Südtirol. In der zurückliegenden Saison stammten 47 Prozent der Apfelimporte aus der Alpenregion. Mit großem Abstand folgt Argentinien. Der Anteil aus Neuseeland ist in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Dafür werden immer mehr Bio-Äpfel aus Frankreich und zunehmend auch aus Polen verkauft.

Regionales Angebot trumpft

Die tendenziell größeren Erntemengen in Deutschland verändern die Nachfrage. So werden immer mehr Äpfel auch in den Sommermonaten gekauft. Die Skepsis gegenüber Importen speziell von der Südhalbkugel in Kombination mit dem alternativen Obstangebot wie Erdbeeren, Kirschen und anderem Sommerobst führte in den letzten Jahren ab Mai zu deutlich abflachenden Einkaufsmengen. Dieser Rückgang fällt jedoch inzwischen schwächer aus. Bestes Beispiel ist die zurückliegende Saison 2020/21, in der gegenüber den beiden Vorjahren 20 Prozent mehr Äpfel im deutschen Einzelhandel abgesetzt werden konnten. Die Verbraucherinnen und Verbraucher reagieren demnach sehr stark auf das regionale Angebot und greifen entsprechend auch zu. Für eine steigende deutsche Produktion werden in einem wachsenden Markt gute Chancen erwartet.

Konkurrenz unter den Exporteuren steigt

Wie sich die Nachfrage nach Bio-Äpfeln weiterentwickelt, hängt von vielen Faktoren ab. Eine Rolle spielt die wirtschaftliche Situation. Für das hiesige Angebot ergeben sich daraus eventuell preisliche Konsequenzen, eine zeitgemäße Räumung der Vorräte wird nicht in Frage gestellt.

Anders sieht es im europäischen Umfeld aus. Vor allem Frankreich beeinflusst die Märkte immer mehr. Der Anbau von Bio-Äpfeln ist dort in den zurückliegenden Jahren enorm gestiegen. Die steigende Eigenversorgung bekommen Exportunternehmen aus Italien und Österreich immer mehr zu spüren. Die Absatzmöglichkeiten auf dem französischen Markt gehen zurück. Aus dem einstigen Importland ist mittlerweile ein Nettoexporteur geworden.

Auswirkungen hat auch der steigende Bio-Apfelanbau in Polen. Auch wenn das Land weitgehend Mostäpfel erzeugt, wird auch immer mehr Tafelware von dort angeboten.

Die Konkurrenz unter den Exporteurinnen und Exporteuren steigt vor allem in Deutschland, Großbritannien und in Skandinavien. Das wird zu sinkenden Preise führen – auch in Deutschland. Das steht konträr zu den aktuell gestiegenen Kosten entlang der gesamten Wertschöpfungskette wie Produktionsmittel, Verpackung und Transport.

Fünf Fragen an Jörn Rolker, Geschäftsführer der Rolker Ökofrucht GmbH

Keine Saison gleicht der anderen. War die Bio-Apfelsaison 2020/21 von einem großen Angebot geprägt, fiel die Erntemenge in der aktuellen Saison 2021/22 kleiner aus. Auch das Tagesgeschäft ist ruhiger und die Nachfrage entwickelt sich nicht so wie erhofft. Gleichzeitig werden mehr Bio-Äpfel aus anderen Anbauregionen außerhalb Deutschlands angeboten. Fünf Fragen zum Bio-Apfelmarkt haben wir Jörn Rolker, Geschäftsführer Rolker Ökofrucht GmbH, gestellt.

Oekolandbau.de: Die Bio-Apfelernte 2020 war groß und es gab bis weit in den Sommer hinein eine gute Versorgung mit deutschen Äpfeln. Wie sieht es in der aktuellen Saison 2021/22 aus?

Jörn Rolker: Die Ernte 2020 war nicht nur mengenmäßig die bis dato größte Bio-Apfelernte in Deutschland, sondern auch die Lagerstabilität war sehr gut. Tatsächlich waren wir in der Lage, einzelne Programme bis an die neue Ernte 2021 mit deutschen Bio-Äpfeln zu bedienen. Die Ernte 2021 ist um knapp ein Drittel geringer ausgefallen als die vorherige. Auch die Qualitäten und die Lagerstabilität erreichen nicht das Vorernteniveau. Als Konsequenz hieraus werden wir – und auch die andere deutsche Vermarkter – nicht in der Lage sein, einen Lückenschluss mit deutschen Bio-Äpfeln bis zur Ernte 2022 zu erreichen.

Oekolandbau.de: Deutschland ist ein starker Markt für Bio-Äpfel, Regionalität ein wichtiges Kaufargument für die Kundschaft. Aber auch im europäischen Umfeld wachsen viele Bio-Äpfel. Vor welcher Herausforderung stehen die Händlerinnen und Händler in Deutschland?

Jörn Rolker: Die deutschen Bio-Apfelvermarkterinnen und -vermarkter und somit auch die Erzeugerinnen und Erzeuger müssen sicherstellen, dass ein zukünftiges Marktwachstum in Deutschland auch mit regionaler Ware im Sinne von in Deutschland produzierter Ware bedient werden kann. Eine dauerhaft starke Stellung der heimischen Herkunft im Markt kann nur gelingen, wenn die deutsche Produktion Lieferkontinuität, im besten Fall ganzjährig, darstellen kann.

Oekolandbau.de: Immer mehr Produzentinnen und Produzenten sind nach Verbandsrichtlinien zertifiziert und der Handel geht Kooperationen mit Bioland, Demeter und Naturland ein – hat Standard-Bio überhaupt noch eine Chance?

Jörn Rolker: Allgemein wächst das Bewusstsein in der Gesellschaft und damit auch bei der Kundschaft für Themen wie Ökologie, Nachhaltigkeit und wertebasiertem Konsum. Genau hier setzen die Anbauverbände seit langem an, gleichwohl wird auch Standard-Bio-Ware weiterhin ihren Platz im Markt haben. Einerseits aufgrund internationaler Beschaffungsstrukturen, die eine kontinuierliche Versorgung mit Verbandsware derzeit nicht darstellen können, andererseits um ein Preiseinstiegssegment im Bio-Bereich zu ermöglichen.

Oekolandbau.de: Wie sind die Trends bei der Verpackung?

Jörn Rolker: Die Abkehr von Plastikverpackungen ist auf dem deutschen Bio-Apfelmarkt bereits überwiegend vollzogen. Technisch sind mittlerweile sicherlich alle deutschen Vermarktungsunternehmen in der Lage, Papp-Foodtainer herzustellen. Wünschenswert ist von unserer Seite aus, die Frage des zu verwendenden Verpackungsmaterials weniger emotional, und mehr an Fakten orientiert zu diskutieren. Zu nennen wären hier zum Beispiel der Energieeinsatz bei der Herstellung, die Herkunft des Materials sowie die Recyclingfähigkeit beziehungsweise die Verwendung im nachgelagerten Entsorgungsprozess.

Oekolandbau.de: Angesichts der steigenden Produktion in Europa – allein Frankreich ist vom Importland zum Nettoexporteur geworden – wird die Konkurrenz größer. Auch auf dem deutschen Markt? Oder verlieren Importe weiter an Bedeutung?

Jörn Rolker: Sicherlich nimmt der Wettbewerb in Europa und auch auf dem deutschen Markt erst einmal zu. Sofern es den deutschen Bio-Apfelproduzentinnen und -produzenten sowie den Vermarktungsunternehmen jedoch weiterhin gelingt die Wertigkeit der heimischen Produktion zu kommunizieren und ein verlässlicher Partner für die Handelsunternehmen zu sein, werden wir unsere Stellung im Markt auch behaupten können. Nachdem die Corona-Epidemie uns die Verletzlichkeit globaler Lieferketten aufgezeigt hat, empfinde ich es im Übrigen geradezu als widersinnig, auch in Anbetracht der aktuellen Lage in Europa, eine heimische Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion als Standortnachteil anzusehen.


Letzte Aktualisierung 21.04.2022

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