Keine Saison gleicht der anderen. War die Bio-Apfelsaison 2020/21 von einem großen Angebot geprägt, fiel die Erntemenge in der aktuellen Saison 2021/22 kleiner aus. Auch das Tagesgeschäft ist ruhiger und die Nachfrage entwickelt sich nicht so wie erhofft. Gleichzeitig werden mehr Bio-Äpfel aus anderen Anbauregionen außerhalb Deutschlands angeboten. Fünf Fragen zum Bio-Apfelmarkt haben wir Jörn Rolker, Geschäftsführer Rolker Ökofrucht GmbH, gestellt.
Oekolandbau.de: Die Bio-Apfelernte 2020 war groß und es gab bis weit in den Sommer hinein eine gute Versorgung mit deutschen Äpfeln. Wie sieht es in der aktuellen Saison 2021/22 aus?
Jörn Rolker: Die Ernte 2020 war nicht nur mengenmäßig die bis dato größte Bio-Apfelernte in Deutschland, sondern auch die Lagerstabilität war sehr gut. Tatsächlich waren wir in der Lage, einzelne Programme bis an die neue Ernte 2021 mit deutschen Bio-Äpfeln zu bedienen. Die Ernte 2021 ist um knapp ein Drittel geringer ausgefallen als die vorherige. Auch die Qualitäten und die Lagerstabilität erreichen nicht das Vorernteniveau. Als Konsequenz hieraus werden wir – und auch die andere deutsche Vermarkter – nicht in der Lage sein, einen Lückenschluss mit deutschen Bio-Äpfeln bis zur Ernte 2022 zu erreichen.
Oekolandbau.de: Deutschland ist ein starker Markt für Bio-Äpfel, Regionalität ein wichtiges Kaufargument für die Kundschaft. Aber auch im europäischen Umfeld wachsen viele Bio-Äpfel. Vor welcher Herausforderung stehen die Händlerinnen und Händler in Deutschland?
Jörn Rolker: Die deutschen Bio-Apfelvermarkterinnen und -vermarkter und somit auch die Erzeugerinnen und Erzeuger müssen sicherstellen, dass ein zukünftiges Marktwachstum in Deutschland auch mit regionaler Ware im Sinne von in Deutschland produzierter Ware bedient werden kann. Eine dauerhaft starke Stellung der heimischen Herkunft im Markt kann nur gelingen, wenn die deutsche Produktion Lieferkontinuität, im besten Fall ganzjährig, darstellen kann.
Oekolandbau.de: Immer mehr Produzentinnen und Produzenten sind nach Verbandsrichtlinien zertifiziert und der Handel geht Kooperationen mit Bioland, Demeter und Naturland ein – hat Standard-Bio überhaupt noch eine Chance?
Jörn Rolker: Allgemein wächst das Bewusstsein in der Gesellschaft und damit auch bei der Kundschaft für Themen wie Ökologie, Nachhaltigkeit und wertebasiertem Konsum. Genau hier setzen die Anbauverbände seit langem an, gleichwohl wird auch Standard-Bio-Ware weiterhin ihren Platz im Markt haben. Einerseits aufgrund internationaler Beschaffungsstrukturen, die eine kontinuierliche Versorgung mit Verbandsware derzeit nicht darstellen können, andererseits um ein Preiseinstiegssegment im Bio-Bereich zu ermöglichen.
Oekolandbau.de: Wie sind die Trends bei der Verpackung?
Jörn Rolker: Die Abkehr von Plastikverpackungen ist auf dem deutschen Bio-Apfelmarkt bereits überwiegend vollzogen. Technisch sind mittlerweile sicherlich alle deutschen Vermarktungsunternehmen in der Lage, Papp-Foodtainer herzustellen. Wünschenswert ist von unserer Seite aus, die Frage des zu verwendenden Verpackungsmaterials weniger emotional, und mehr an Fakten orientiert zu diskutieren. Zu nennen wären hier zum Beispiel der Energieeinsatz bei der Herstellung, die Herkunft des Materials sowie die Recyclingfähigkeit beziehungsweise die Verwendung im nachgelagerten Entsorgungsprozess.
Oekolandbau.de: Angesichts der steigenden Produktion in Europa – allein Frankreich ist vom Importland zum Nettoexporteur geworden – wird die Konkurrenz größer. Auch auf dem deutschen Markt? Oder verlieren Importe weiter an Bedeutung?
Jörn Rolker: Sicherlich nimmt der Wettbewerb in Europa und auch auf dem deutschen Markt erst einmal zu. Sofern es den deutschen Bio-Apfelproduzentinnen und -produzenten sowie den Vermarktungsunternehmen jedoch weiterhin gelingt die Wertigkeit der heimischen Produktion zu kommunizieren und ein verlässlicher Partner für die Handelsunternehmen zu sein, werden wir unsere Stellung im Markt auch behaupten können. Nachdem die Corona-Epidemie uns die Verletzlichkeit globaler Lieferketten aufgezeigt hat, empfinde ich es im Übrigen geradezu als widersinnig, auch in Anbetracht der aktuellen Lage in Europa, eine heimische Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion als Standortnachteil anzusehen.