Oekolandbau.de: Gibt es Unterschiede bei den im konventionellen Handel angebotenen Bio-Kartoffeln und den Knollen bei der Landwirtin und dem Landwirt nebenan? Was sind die Verkaufsargumente in der Direktvermarktung?
Tietke: In der Qualität gibt es erst einmal keine Unterschiede. Im Lebensmitteleinzelhandel wird der Beutel „auf den ersten Blick“ gekauft. Die Optik steht oft im Vordergrund, leider! Auch eine Bio-Kartoffel, die vielleicht eine Delle oder Verfärbung auf der Schale hat, schmeckt genauso gut und hat die gleichen Inhaltsstoffe. Im Hofladen oder auf dem Wochenmarkt können solche Unterschiedlichkeiten direkt erklärt werden. Es gibt zum Beispiel eine neue Sorte mit roten Rändern um die „Augen“, der Name daher Pocahontas. Die schmeckt super, im klassischen Beutel im LEH sieht sie aber aus, als hätte sie Masern… Die kauft dann keiner mehr.
Oekolandbau.de: Welche Sorten sind besonders gefragt im Handel?
Tietke: In der Vergangenheit haben viele Züchter auf eine glatte möglichst ebene Schale gesetzt, das ist häufig zu Lasten des Geschmacks gegangen. Zurzeit gibt es viele Sorten, die robust sind und damit den Packprozess für den Lebensmitteeinzelhandel gut überstehen und gut schmecken.
Oekolandbau.de: Seit einiger Zeit steht der Begriff „Regionalität“ ganz oben auf der Beliebtheitsskala. Was bedeutet das konkret für die Herkunft der Bio-Kartoffeln? Welche Initiativen gibt es mit Regionalität bei Bio-Kartoffeln?
Tietke: Mit der Regionalität ist das so eine Sache. Auf den ersten Blick und aus ökologischer Sicht ist die beste Kartoffel die, die direkt vom Hof verkauft wird ohne lange Lieferwege. Bei einem zweiten Blick auf die geografischen Unterschiede in Deutschland wir sehr schnell klar, dass es Flächenländer, wie Niedersachsen, Brandenburg oder Sachsen-Anhalt gibt und bevölkerungsstarke Bundesländer, wie Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Hessen. Die einen haben, wie gesagt, die großen Flächen, wo Ackerbau betrieben wird, die anderen haben die Menschen, die ernährt werden wollen. Schon vor über 100 Jahren versorgte Niedersachen Berlin und das Ruhrgebiet mit Lebensmitteln, speziell auch mit Kartoffeln. Würde die Regionalität zum Beispiel durch die Grenzen eines Bundeslandes definiert, dann würden die Kartoffeln von der Anbaufläche in Baden-Württemberg vielleicht bis Oktober reichen, die restlichen neun bis zehn Monate müssten ohnehin aus anderen Regionen Kartoffeln zugekauft werden. Oder es gibt dann nur Nudeln und Reis - das ist für mich keine Option. Vor diesem Hintergrund definieren wir vom BKE ganz klar Deutschland als Region.
Oekolandbau.de: Wie sehen Sie die Entwicklung in den nächsten Jahren beim Bio-Kartoffelanbau in Deutschland? Gibt es neue Trends?
Tietke: Eine gute Kartoffel ist eine Kartoffel mit vielen Inhaltstoffen. Natürlich gibt es immer wieder Versuche, das Rad neu zu erfinden, Low Carb ist so ein Stern am Himmel. Kein Problem - wer eine Bio-Kartoffel mit extra wenig Stärke mag! Hauptsache die Menschen kaufen und essen heimische Bio-Kartoffeln! Für mich ist die Kartoffel an sich schon „Super food“, mit mehr Vitamin C als die Orange, nur 78 Kalorien pro 100 Gramm und einem hochwertigen Eiweiß bietet sie die beste Grundlage jeder Ernährung.