Aktion Kulturland sichert den kleinbäuerlichen Öko-Landbau

Hofnachfolge gesucht: Aktion Kulturland sichert den kleinbäuerlichen Öko-Landbau

Was passiert, wenn die Kinder den familieneigenen Hof nicht übernehmen wollen? Wie erhält man dann einen über Jahrzehnte gewachsenen Bio-Betrieb? Und wie schützt man in Zeiten, in denen mit Land spekuliert wird, die eigenen Flächen, sodass sie weiter dem ökologischen Landbau zur Verfügung stehen? Die Zustiftung an eine gemeinnützige Stiftung wie Aktion Kulturland hält hierfür einen unkonventionellen Weg bereit.

Eigentum verpflichtet und soll dem Wohle der Allgemeinheit zugutekommen. Dieser Artikel des Grundgesetzes hat für die Landwirtschaft eine besondere Bedeutung, schließlich dienen Agrarflächen und die auf landwirtschaftlichen Betrieben hergestellten Lebensmittel unser aller Ernährung. In diesem Sinne sollte die Pflege dieser Flächen als gemeinnützige Aufgabe verstanden werden, findet Bio-Landwirt Hans-Hartwig Lützow vom Untermühlbachhof im Schwarzwald. Die Besitzerinnen und Besitzer tragen daher aus seiner Sicht Verantwortung für das von ihnen bewirtschaftete Land.

2009 haben Lützow und seine damalige Partnerin den Hof der gemeinnützigen Stiftung Aktion Kulturland zugestiftet. Die Stiftung unterstützt eine kleinbäuerliche, naturschützende und gemeinwohlorientierte Landwirtschaft, indem sie mithilfe von Naturschutz-Fördermitteln Land aus der konventionellen Bewirtschaftung und dem Privatbesitz sozusagen freikauft. Höfe kauft die Stiftung nicht; sie wird durch die Zustiftung von Lützow jedoch zur Eigentümerin des Untermühlbachhofs und seiner Flächen.

Unter einer Zustiftung versteht man eine Zuwendung in den Vermögensstock einer bereits bestehenden Stiftung. Eine Zustiftung ist nicht mit einer Spende zu verwechseln, denn bei einer Zustiftung werden Vermögenswerte dem Stiftungsvermögen dauerhaft zugeführt und müssen nicht zeitnah für einen bestimmten Zweck verwendet werden.

Lützow gibt mit der Übertragung des Untermühlbachhofs sein Eigentum auf und unterbricht somit auch die Hofnachfolge nach Erbrecht. Für viele Landwirtinnen und Landwirte wäre das undenkbar, schließlich geht es neben der Familientradition auch um sehr viel Geld. Lützow hingegen wollte seinen Bio-Hof unverkäuflich machen und somit die ökologische Bewirtschaftung auf lange Sicht sichern. Er wurde nach der Zustiftung zum Pächter des Untermühlbachhofs. Wie sieht die Zusammenarbeit mit der Stiftung Aktion Kulturland nun aus? Welche Vor- und Nachteile bringt eine solche Entscheidung mit sich, insbesondere hinsichtlich der Hofnachfolge?

Die Stiftung Aktion Kulturland

Gegründet wurde die Stiftung 1988 in Norddeutschland nach jahrelangen Gesprächen zwischen Akteurinnen und Akteuren aus der Umweltbewegung und von ortsansässigen Öko-Höfen (wie dem heutigen Stiftungshof Bremholm) sowie mit der Treuhandstelle der GLS Bank. Zu den heutigen Stiftungszielen zählen:

  • Grund und Boden sowie Öko-Höfe in eine gemeinnützige und gemeinschaftliche Trägerform zu bringen,
  • Flächen aus der konventionellen Bewirtschaftung in eine naturschützende Pflege zu überführen und
  • Wald, Wiesen und Moore aus der ertragswirtschaftlichen Nutzung herauszuholen und Raum zu schaffen für Biodiversität und Regeneration.

Paula Stille, geschäftsführende Vorständin der Stiftung Aktion Kulturland, beschreibt die Gründungsidee als den Versuch, Landwirtschaft und Naturschutz zu kombinieren. In den 1980er-Jahren sei dies keine Selbstverständlichkeit gewesen, da die beiden Interessen oftmals als einander entgegengesetzt wahrgenommen wurden. Zu Beginn war Aktion Kulturland nicht an der Verpachtung von Höfen interessiert, sondern konzentrierte sich auf das Freikaufen von Boden. Wie Stille betont, war Boden schon damals Spekulationsobjekt und unterlag Preissteigerungen, die mit einer naturschützenden Bewirtschaftung nicht finanziert werden konnten.

Finanziert wird die Stiftung durch die Zustiftungen von Höfen und Flächen sowie zu einem kleinen Teil aus Spenden. Für die Naturschutz-Bestrebungen werden Fördermittel der EU und der Bundesländer akquiriert, die jedoch streng an ihren Zweck gebunden sind. Wie Stille erklärt, ergeben sich daraus nur geringe Finanzierungsmöglichkeiten und kaum freie Gelder. Deshalb könne sich die Stiftung den Erwerb von Höfen schlicht nicht leisten. Seit einigen Jahren beteiligt sich Aktion Kulturland allerdings an einem Bürgerwindpark und kann mit den Einnahmen aus der Windenergie nun zumindest die Verwaltungskosten decken.

Kulturlandhöfe: Ökologische, soziale und kulturelle Leistungen für die Allgemeinheit

Im Bereich Natur- und Moorschutz arbeitet Aktion Kulturland nicht ausschließlich mit Bio-Landwirtinnen und -Landwirten zusammen. Auch konventionelle Betriebe können Flächen von der Stiftung pachten, um dort beispielsweise an der Wiedervernässung der schleswig-holsteinischen Moore mitzuarbeiten. Stille sieht darin den Versuch, die Gegnerschaft zwischen der ökologischen und der konventionellen Landwirtschaft ein wenig aufzuheben und konventionelle Landwirtinnen und Landwirte zu mehr Naturschutz zu motivieren.

Die stiftungseigenen Höfe werden hingegen ausschließlich ökologisch bewirtschaftet. Sie folgen dem Konzept des Kulturlandhofs: eines Bauernhofs, der auf Grundlage der Landwirtschaft seiner Region umfassende ökologische, soziale und kulturelle Dienstleitungen erbringt, die der Allgemeinheit zugutekommen. Der Grundgedanke des Kulturlandhofs stammt aus der Anthroposophie, auf den neun Bio-Höfen der Aktion Kulturland wird die Gemeinnützigkeit jedoch ganz individuell ausgestaltet.

Zu den Tätigkeitsfeldern eines Kulturlandhofs gehört neben dem Öko-Landbau und sozialer Arbeit, beispielsweise mit Kindern oder Menschen mit Einschränkungen, auch die Landschaftspflege und der Natur- und Artenschutz. Wie Paula Stille unterstreicht, schreibt die Stiftung den Bio-Landwirtinnen und -Landwirten keine Maßnahmen vor, sondern lässt sie eigene, an Standort und Expertise angepasste Konzepte entwickeln. Auf dem Untermühlbachhof wird beispielsweise ein Biotop gepflegt, in dem vom Aussterben bedrohte Insektenarten leben.

Die Hofgemeinschaft Löstrup-Bremholm

Die Gründe, weshalb sich Bäuerinnen und Bauern entscheiden, ihren Hof an die Stiftung zu überschreiben, sind laut Stille sehr unterschiedlich. Im Fall der Hofgemeinschaft Löstrup-Bremholm, ebenfalls Teil des Netzwerks der Demonstrationsbetriebe Ökologischer Landbau, kam eine Reihe von Beweggründen zusammen. Wie Bernhard von Becker, einer der heutigen Pächterinnen und Pächter sowie Betriebsleiter der Hofgemeinschaft, berichtet, waren die Familien Nissen und Hansen, denen die Höfe vor der Zustiftung gehörten, bereits an den Gründungstreffen der Stiftung Aktion Kulturland beteiligt.

Mit Hilfe von Aktion Kulturland wurde zunächst die Hofgemeinschaft Löstrup aus dem privaten Eigentum der Familie Nissen in den Besitz einer hofspezifischen gemeinnützigen Gesellschaft überführt, welche sich 2004 in die Stiftung Aktion Kulturland aufgelöst hat. Der Hof Bremholm wurde 1993 von der Familie Hansen in die Gemeinnützigkeit übergeben und gehört seit 2019 zur Hofgemeinschaft Löstrup-Bremholm. Von Becker, der seine Ausbildung auf dem Hof der Familie Nissen absolviert hat, nennt in beiden Fällen das Problem der Hofnachfolge als entscheidende Motivation, den Hof an Aktion Kulturland zu übergeben.

Keiner der drei Söhne der Familie Hansen wollte den Hof Bremholm übernehmen, das Ehepaar war jedoch als Altersabsicherung auf das Altenteil angewiesen. Im Zustiftungsvertrag wurde den Hansens das Wohnrecht im Altenteil zugesichert.

Jürgen Heinrich Nissen vom Hof Löstrup stellte nach einigen Jahren als Demeter-Landwirt fest, dass einen Bauernhof zu führen gar nicht seinem Lebenstraum entsprach. Ihm lag die ökologische Landwirtschaft allerdings so sehr am Herzen, dass er sich für deren Fortsetzung und gegen den lukrativen Verkauf des Hofs entschied. Aktion Kulturland baute Nissen als Ausgleich für die Zustiftung ein Haus, in dem er fortan leben konnte. Zudem übernahm die Stiftung die Schulden des Hofs. Aktion Kulturland nahm dafür ein Darlehen auf, das die Pächterinnen und Pächter – unter anderem von Becker und seine Partnerin – über ihre Pacht abbezahlten.

Wie unterscheidet sich das Pachtverhältnis?

Von Becker erklärt, dass nach Tilgung des Darlehens nun über 80 Prozent der Pacht zurück auf die Hofstelle fließen. Da der Stiftung Aktion Kulturland die Gebäude und das Land gehören, kann die Hofgemeinschaft Löstrup-Bremholm zum Beispiel in Bezug auf Bauvorhaben nicht frei entscheiden. Wird ein neuer Kuhstall benötigt, muss dies mit der Stiftung abgesprochen werden. Diese kann im schlimmsten Fall ablehnen, weil die Baumaßnahme beispielsweise ihren Richtlinien zur Flächenversiegelung widerspricht.

Stimmt die Stiftung zu und nimmt zur Umsetzung einen Kredit auf, wird dieser über eine Erhöhung der Pacht von der Hofgemeinschaft abbezahlt. Laut Paula Stille müssen die Investitionen, welche die Stiftung tätigt, gut überlegt und langfristig geplant sein. In einigen Fällen hätte diese Zurückhaltung auch schon zu Frustration bei den Pächterinnen und Pächtern geführt.

Auch Hans-Hartwig Lützow war mit diesem Problem konfrontiert, als die Güllegrube auf dem Untermühlbachhof kaputtging. "Da habe ich gemerkt: Du hast als Pächter keine Sicherheit zu bieten", schildert er. Die Stiftung nahm nach seiner Anfrage einen Kredit auf. Wie Lützow hervorhebt, ist in diesen Momenten eine vertrauensvolle und enge Zusammenarbeit nötig. Bis auf die neue Güllegrube sind auf dem Untermühlbachhof jedoch alle Investitionen (zum Beispiel der Bau eines Ferienhauses und einer Solaranlage) ohne finanzielle Beteiligung der Stiftung passiert. Das ist Lützow wichtig: "Wenn hier etwas kaputtgeht, wird es von den Leuten, die hier leben, repariert und bezahlt. Wir handeln eigentumsgleich."


Die Kulturlandhöfe im Netzwerk der Demonstrationsbetriebe


Heimat ohne Eigentum

Auch in der Hofgemeinschaft Löstrup-Bremholm ist Heimatgefühl nicht an Eigentum gebunden. "Wir fühlen uns hier so, als ob das unser Hof ist. Aber unsere Kinder müssen nicht Bäuerinnen und Bauern werden, das ist ja in der heutigen Zeit ohnehin nicht mehr selbstverständlich", erzählt von Becker. Allerdings ist eine Hofnachfolge durch die Kinder nicht ausgeschlossen. Diese können ebenso Teil der Betriebsgemeinschaft werden wie Menschen außerhalb der Familie. Ein weiterer Vorteil des Pachtverhältnisses mit der Stiftung ist, dass der Pachtvertrag über einen Zeitraum von 30 Jahren geschlossen wird und die neuen Mitglieder der Betriebsgemeinschaft als gleichwertige Pächterinnen und Pächter in diesen einsteigen.

Niemand ist jedoch verpflichtet, für immer auf dem Hof zu bleiben. "Wenn einer geht, dann nimmt er seinen Koffer und sein Privatauto und fertig. So gibt es auch eine gewisse Flexibilität, die man in einer Hofgemeinschaft haben muss", erklärt von Becker. Auch Lützow betont diesen Vorteil des Pachtverhältnisses. Die Wälder GbR, zu welcher der Untermühlbachhof gehört, verteilte vor der Zustiftung das Eigentum des Hofs mehrfach auf die wechselnden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neu. Es ergab sich jedoch keine stabile Hofgemeinschaft und nur der Notar wurde reich. Durch die Übergabe in die Gemeinnützigkeit habe sich dieses Problem erübrigt. Pächterin des Hofs ist die Wälder GbR mit ihren sieben Betriebsleiterinnen und -leitern.

Wie kann eine außerfamiliäre Hofübergabe gelingen?

Die Zustiftung, zu der auch Lützows Kinder zustimmen mussten, ermöglichte es der Hofgemeinschaft, eine junge Familie aufzunehmen, welche die ökologische Bewirtschaftung des Hofs nach Lützows Rentenantritt fortführt. Die Familie hat die Sicherheit, dass sie ihre Lebensarbeitszeit auf dem Hof verbringen kann und der Hof nicht irgendwann von Lützows Erbinnen und Erben verkauft wird. Gleichzeitig ist Lützows Alterssitz gesichert, da seine Frau und er bereits in das Altenteil auf dem Hof gezogen sind. "Eine Hofübergabe muss aber nicht hart und abrupt vonstattengehen, sondern kann eben auch etwas Fließendes sein. Ich stehe den Nachfolgerinnen und Nachfolgern immer beratend zur Seite", berichtet Lützow.

Paula Stille hebt allerdings hervor, dass eine fließende Übergabe auch in der Gemeinnützigkeit nicht immer so gut klappt und die Stiftung deshalb bereits Hofschenkungen abgelehnt hat. Manche Hofbesitzenden hätten zu konkrete Wünsche für die Zukunft ihres Hofes, die nicht realisierbar seien, weil man schlicht niemanden finde, der oder die das als Nachfolgende erfüllen könne. "Das sind Probleme, die es so in der normalen Erbfolge auch gibt, wenn dann die sogenannten 'Alten' den Jungen vorschreiben wollen, wie der Hof zu führen ist", fügt Stille hinzu.

Auch auf dem Untermühlbachhof hat das Zusammenleben und -arbeiten erst beim vierten Anlauf geklappt. "Das lag wahrscheinlich dran, dass wir den einzelnen Familien nicht genug Privatsphäre zugebilligt haben. Ich war vielleicht auch noch nicht schwach genug und habe noch zu sehr Tempo in eine Richtung vorgegeben. Ich musste lernen, die Klappe zu halten und nicht nur ein bisschen loszulassen", gesteht Lützow sich ein. Wie eine Altenteillösung auf einem gemeinnützigen Hof gelingen kann, testet Aktion Kulturland gerade in der Zusammenarbeit mit einem eigens dafür gegründeten Verein, der einen alten Kuhstall auf dem Hof Stürsholz in ein Altenwohnprojekt für Menschen, die sich auf den Höfen Löstrup-Bremholm und Stürsholz engagiert haben, umbaut.


Letzte Aktualisierung 06.09.2024

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