Wie stark trifft die Energiekrise den Öko-Landbau?

Wie stark trifft die Energiekrise den Öko-Landbau?

Inflation und hohe Energiepreise sorgen für eine rückläufige Nachfrage bei Bio-Produkten. Doch wie groß sind die Einbußen bei Erzeugerbetrieben tatsächlich? Und wie reagiert die Betriebsleitung auf die schwierigen Rahmenbedingungen? Wir haben nachgefragt bei drei ausgezeichneten Bio-Spitzenbetrieben.  

Krisenfest durch Vielfalt

Demeterhof Breit e.V. in Wittlich (Eifel)

Betriebsleiter Paul Brandsma:

Wir spüren schon, dass unsere Kundinnen und Kunden weniger Geld im Portemonnaie haben. Im Sommer hatten wir im Vergleich zu den Vorjahren einen deutlichen Umsatzrückgang von 15 Prozent über alle Erzeugnisse hinweg, bei Eiern sogar von 20 Prozent. Andere Produkte wie Obst und Gemüse sind dagegen nur leicht eingebrochen. Inzwischen hat sich der Absatz aber wieder stabilisiert und wir liegen nur noch knapp unter dem Vorjahresniveau. Wichtig sind für uns die kommenden Wochen, denn die Vorweihnachtszeit ist immer besonders umsatzstark. Das gilt bei hofeigenen Produkten vor allem für den Fleischverkauf. Die höheren Kosten für die Energie schlagen bei uns nicht so stark durch. Zwar spüren auch wir die gestiegenen Dieselpreise, aber wir haben die Bodenbewirtschaftung schon vor Jahren so angepasst, dass wir deutlich weniger Traktorstunden haben. Die Hälfte unseres Stroms stammt aus hofeigenen Solaranlagen, die Wärme aus einer Hackschnitzelanlage. Den Hofladen heizen wir zum Teil mit der Abwärme aus der Kühlung.

Die Preise konnten wir stabil halten. Ich denke, Sonderangebote sind der falsche Ansatz bei höheren Kosten. Auf keinen Fall hilft es, nach außen über die Situation zu jammern. Stattdessen setzen wir, wie vorher auch, auf Kommunikation mit unserer Kundschaft. Über unseren gedruckten Hofrundbrief informieren wir ausführlich über unsere Erzeugung und versuchen eine Verbindung zwischen Kundinnen und Kunden und Landwirtschaft zu schaffen. Manchmal rufen wir auch direkt zum Kauf bestimmter Produkte auf, zum Beispiel wenn es gerade besonders viele Eier gibt oder wenn es darum geht, die Bedeutung der Tierhaltung im biodynamischen Betrieb zu erklären: Wenn man Milch und Käse kauft, gehört Fleisch mit dazu. Auch Betriebsführungen helfen uns bei der Kundenbindung.

Insgesamt bin ich für die Zukunft weiter optimistisch. Wir haben 70 bis 80 Prozent Stammkundschaft, bieten eine breite Produktpalette, sind regional gut aufgestellt und vernetzt. Das macht unseren Hof resilient. Gerade als Bio-Betrieb haben wir viele Möglichkeiten, auf schwierige Phasen wie die aktuelle Energiekrise zu reagieren.

Kosten und Prozesse auf dem Prüfstand

Biohof Bursch in Bornheim bei Köln

Betriebsleiter Heinz Bursch:

Wir spüren die Kaufzurückhaltung vor allem bei hochpreisigen Produkten wie Erdbeeren und Spargel, aber auch bei unserem kleinen Fleischangebot im Hofladen. Die Kundenzahl ist gleich geblieben, nur der Umsatz pro Einkauf ist gesunken. Noch deutlicher merkt man es am Großhandel, der weniger abnimmt und auch weniger zahlt. Insgesamt liegen wir mit unseren Umsätzen auf dem Niveau der Vor-Corona-Zeit, was ich für gesund halte. Das ist bei uns alles noch im grünen Bereich. Wir haben die hochpreisigen Artikel zurückgefahren. Aber vor allem arbeiten wir jetzt ganz intensiv an unseren Arbeitsabläufen und Strukturen. Wir prüfen, wo wir Kosten einsparen können. Die höheren Energiepreise schlagen bei uns nicht so stark durch aufs Produkt gesehen. Die Herausforderung sind eher die Lohnkosten. Wir versuchen deshalb, wo es geht zu rationalisieren und Handarbeit durch Technik zu ersetzen, um die Preise halten zu können. Wo das nicht geht, heben wir die Preise an oder nehmen arbeitsintensive Kulturen wie etwa Schlangengurken aus der Erzeugung. Bei der Analyse profitieren wir von unserem betriebseigenen Warenwirtschaftssystem, mit dem wir die Kosten für jede Kultur sehr genau erfassen können.

Unsere Marktstände laufen nach wie vor gut. Auch hier beobachten wir bei der Kundschaft einen Trend zu weniger Fleisch und mehr pflanzlichen Lebensmitteln. Das kommt uns natürlich entgegen, mit unserem Gemüseangebot und hausgemachten Produkten wie Suppen, Sauerkraut und eingelegten Gurken.

Wir setzen aber nicht auf Sonderangebote. Da würden wir langfristig verlieren. Stattdessen wollen wir vernünftige Preise mit Maß. Außerdem versuchen wir verstärkt, mit schmackhaften und interessanten Produkten zu überzeugen. Jetzt sind gute Ideen, Flexibilität und Unternehmerdenken gefragt. Auch wenn man durch negative Entwicklungen zu Veränderungen gezwungen wird, sollten sie nach außen immer positiv wirken.

Hofeigene Energiewende

Backensholzer Hof in Oster-Ohrstedt, Nordfriesland

Thilo Metzger-Petersen, Leiter der Käseerzeugung:

Im letzten Jahr konnten wir uns über einen Rekordumsatz freuen. In diesem Jahr gab es im Zuge der Energiekrise durch den Krieg einen starken Einbruch. Käseherstellung ist ein energieintensiver Prozess. Deshalb haben uns vor allem die hohen Energiekosten sehr getroffen. So waren wir gezwungen, im Bereich Energie einiges zu verändern. Statt den Strom aus der Biogasanlage ins Netz einzuspeisen, nutzen wir ihn jetzt selbst. Das ist für uns günstiger und sicherer. Eine sichere, autarke Energieversorgung ist für mich und meinen Bruder zur neuen Währung geworden. Das gilt auch für seinen Bereich, der Milcherzeugung. Mein Bruder hatte mit massiv gestiegenen Kraftfutterpreisen zu kämpfen. Deshalb haben wir in diesem Jahr verstärkt Eiweißpflanzen wie Ackerbohnen angebaut. Jetzt produzieren wir Milch und Käse teurer, sind aber bis auf Diesel und Reinigungsmittel unabhängig von außen.

Der Käseabsatz ist in allen Bereichen rückläufig. Klar, bei einem Premiumprodukt wie Bio-Käse wird als erstes gespart. Doch wir haben vor allem im Hofladen viele treue Stammkundinnen und -kunden, die weiterhin bei uns einkaufen. Beim Großhandel gab es häufiger den Wunsch nach Preissenkungen. Aber das ist bei den gestiegenen Kosten nicht möglich. Stattdessen mussten wir die Preise erhöhen. Bei unserer Hofkundschaft und beim Bio-Großhandel gab es dafür Verständnis. Im konventionellen Bereich war das schwieriger. Deshalb durchleuchten wir gerade intensiv die Arbeitsprozesse im Betrieb und prüfen, wo und wie wir Kosten einsparen können, etwa durch mehr Maschineneinsatz. Corona hat uns verwöhnt und etwas bequem gemacht. Jetzt sind wir hellwach und schauen sehr genau hin, was den Betrieb weiterbringt. Damit stellen wir die Weichen für die Zukunft.


Letzte Aktualisierung 02.01.2023

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