Von der hofnahen Schlachtung auf den Teller
Hofnahe Schlachtung mit Weideschuss, lokale Verarbeitung und Vermarktung der Produkte in Bio-Metzgereien und dem Lebensmitteleinzelhandel in der Region – das ist das Ziel des Projektes "Fair für Tier und Mensch". Dabei soll ein stabiles Netzwerk aus Erzeugungs-, Verarbeitungs- und Absatzbetrieben in Brandenburg aufgebaut werden.
Anna Dal Grande ist Wertschöpfungskettenmanagerin in dem Projekt "Von der hofnahen Schlachtung auf den Teller". Sie ist Referentin für regionale Vermarktung beim Landesverband Demeter im Osten e.V. Mit einem Bachelor-Abschluss im Fachbereich "Management in der Ökobranche" von der Hochschule Nürnberg und einem Master-Abschluss in "Ökolandbau und Ernährungssysteme" an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde hat sie sich ein fundiertes Verständnis für das Ernährungssystem sowie betriebswirtschaftliche Aspekte im Bereich des Öko-Landbaus angeeignet. Außerdem lässt sie Erfahrungen aus dem Großhandel und der Lebensmittelverarbeitung in das Projekt einfließen.
Oekolandbau.de: Um was geht es bei dem Projekt "Von der hofnahen Schlachtung auf den Teller – Fair für Tier und Mensch"
Anna Dal Grande: Unser Ziel ist es, eine Vielzahl kleiner regionaler Bio-Wertschöpfungsketten für Rindfleisch aus teilmobiler Schlachtung zu etablieren. In den letzten Jahren ist die Schlachtkapazität in Deutschland stark gesunken, und Schlachttiere müssen oft lange Transportwege zurücklegen. Sie bleiben in den meisten Fällen nicht in der Region. Die teilmobile Schlachtung, auch bekannt als Schlachtung im Herkunftsbetrieb, ermöglicht es, Rinder direkt am landwirtschaftlichen Betrieb zu betäuben und zu töten. Anschließend werden sie mit einer mobilen Einheit zum Schlachtbetrieb transportiert.
Das große Potenzial dieser Methode liegt in der Förderung des Tierwohls, da die Tiere nicht mehr lebend transportiert werden. Dies reduziert den Stress für die Tiere erheblich. Und da Stress sich negativ auf die Fleischqualität auswirken kann, verbessert es auch gleichzeitig die Fleischqualität. Darüber hinaus kann die teilmobile Schlachtung dazu beitragen, das Fleischerhandwerk zu stärken, indem kleine Fleischereien sich wieder vermehrt auf die Qualitätssicherung statt auf den Tötungsprozess konzentrieren können.
Oekolandbau.de: Welche Ziele sollen erreicht werden?
Anna Dal Grande: In Zusammenarbeit mit unseren Partnerinnen und Partnern streben wir danach, die teilmobile Schlachtung auf Betrieben zu etablieren, die regionalen Handwerksbetriebe zu stärken und faire Vermarktungsstrukturen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu schaffen. Darüber hinaus strebt das Projekt eine verbandübergreifende Zusammenarbeit an, um gemeinsam die Weiterentwicklung der Schlachtmethodik voranzutreiben.
Oekolandbau.de: Was ist Ihre Aufgabe in dem Projekt?
Anna Dal Grande: Als Projektkoordinatorin liegt es in meinem Aufgabenbereich, die Akteurinnen und Akteure entlang der Wertschöpfungskette zu verbinden, um eine koordinierte Zusammenarbeit zu gewährleisten. Mein Einsatz konzentriert sich darauf, Erzeugerbetriebe während des Antragsprozesses für die Schlachtung im Herkunftsbetrieb zu unterstützen, um die Einführung der teilmobilen Schlachtung zu erleichtern. Darüber hinaus widme ich mich der Identifizierung und Entwicklung geeigneter Absatzkanäle für die Produkte auf Vermarktungsebene, um eine effiziente Vermarktung zu sichern. In meiner Funktion als Bindeglied und Schnittstelle innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette fungiere ich als Vermittlerin zwischen den verschiedenen Akteurinnen und Akteuren. Dabei strebe ich nicht nur nach einer Wertschöpfung, sondern auch nach wertschätzenden Partnerschaften, die über das Projekt bestehen bleiben.
Oekolandbau.de: Welche Projektpartner sind mit im Boot? Was tragen diese Betriebe zum Projekt bei?
Anna Dal Grande: Die Projektpartner umfassen in Brandenburg den Landwirtschaftsbetrieb Michael Langanke, den Wulkower Hof, Gut Peetzig und den Beerfelder Hof sowie Gut Hirschaue als Schlachtbetrieb. Zusätzlich ist die GbR hofnahe Schlachtung Meißner Land aus Sachsen Teil des Projekts, die gemeinsam mit Nikola Burgeff, Clemens Risse und Lutz Gläser geführt wird. Damit konnten insgesamt fünf Demeter-Betriebe gewonnen werden sowie mittlerweile weitere wichtige freie Projektpartner und Partnerinnen. Die Betriebe sind entscheidend für die Realisierung des Projekts, da sie die notwendige Infrastruktur und Ressourcen bereitstellen, um die teilmobile Schlachtung zu etablieren. Durch ihre Beteiligung entfällt der Lebendtransport für die Tiere, was einen bedeutenden Beitrag zum Tierwohl darstellt.
Oekolandbau.de: Was sind die nächsten Schritte?
Anna Dal Grande:
- Es wird angestrebt, eine enge Zusammenarbeit mit den Behörden auf Landkreisebene zu etablieren. Ziel ist es, einheitliche Dokumente und Genehmigungen für die teilmobile Schlachtung sicherzustellen.
- Es werden nationale Netzwerktreffen organisiert, die sich verbandübergreifend mit Fragen zur Vereinheitlichung, Zertifizierung und Kommunikation beschäftigen, insbesondere im Hinblick auf die Einführung von Labels.
- Ein Beratungskonzept wird entwickelt, um Erzeugerbetriebe im Antragsverfahren und bei der Planung des Tötungsareals zu unterstützen.
- Es werden Dienstleistungsangebote für die Schlachtung bereitgestellt, insbesondere als Überbrückungslösung für Betriebe, die noch nicht über die erforderliche Qualifikation verfügen.
- Die Etablierung von Netzwerken aus Erzeugern und Verarbeitern in jedem Bundesland wird angestrebt, um die Vermarktungswege zu strukturieren und zu optimieren.
Letzte Aktualisierung 24.09.2024