Dirk Klinkmann vom Thünen-Institut für Ökologischen Landbau ist Experte für ökologische Aquakulturen. Zusammen mit Cornelia Kreiß und Ulfert Focken, ebenfalls vom Thünen-Institut, hat er Anfang 2024 eine Studie veröffentlicht, in der die Entwicklungsmöglichkeiten aber auch Schwierigkeiten der ökologischen Aquakultur vorgestellt werden.
Oekolandbau.de: Herr Klinkmann, die Zahl der Öko-Fischzuchtbetrieben hat in den letzten 20 Jahren um über 75 Prozent abgenommen? Was sind aus Ihrer Sicht die Gründe für diese Entwicklung?
Dirk Klinkmann: Für den Rückgang gibt es viele Gründe. Ein bedeutender war, dass Bio-Betriebe ab 2017 keine konventionellen Jungtiere mehr zukaufen durften. Allein infolge dieser Änderung haben 75 Öko-Betriebe wieder rückumgestellt. Ein weiterer Grund für den starken Rückgang sind Prädatoren wie Otter, Kormoran oder Reiher, die insbesondere bei Jungfischen für Verluste von über 50 Prozent sorgen können. Das kann gerade für Öko-Betriebe existenzbedrohend sein, denn bei einem Öko-Fisch ist der monetäre Verlust höher, als wenn ein mit günstigerem konventionellem Futter gefütterter Fisch gefressen wird. Ein weiteres Problem der deutschen Öko-Aquakultur ist, dass sie in vielen Regionen gar nicht vertreten und den Verbraucherinnen und Verbrauchern somit unbekannt ist. Nahezu alle Aquakulturbetriebe vermarkten hierzulande direkt und das Vertrauen der Kundschaft in "ihren" regionalen Fischerzeuger ist meist da – auch wenn er die Tiere konventionell hält und füttert. Warum sollten die Betriebe also auf Bio umstellen?
Oekolandbau.de: Wie ließe sich aus Ihrer Sicht diese Entwicklung aufhalten bzw. umkehren?
Klinkmann: Hier gibt es aus unserer Sicht verschiedene Ansätze, die wir auch in der SWOT-Analyse beschreiben: Allem voran müsste in Deutschland der Schutz vor Prädatoren gefördert werden, also zum Beispiel Zäune und Netze gegen Otter, Kormoran und Reiher. Vor allem die Zäune zum Schutz vor dem Otter sind sehr teuer. Wenn stattdessen ein Ausgleich für die Verluste durch Prädatoren gezahlt wird, so sollte dieser insbesondere auch den Verlust von Öko-Fisch, mit den entsprechend höheren Kosten, berücksichtigen. Weiterhin müsste die Öko-Aquakultur in die Infokampagne "Öko-Landbau" des BMEL oder andere Kampagnen einbezogen werden, um die Leistungen der Branche – insbesondere die Erhaltung der biologischen Vielfalt – für Verbraucherinnen und Verbraucher bekannter zu machen. Und schließlich wäre es wünschenswert, wenn eine bundesweite Bio-Prämie eingeführt würde, die nicht nur die Umstellung, sondern auch die Beibehaltung der ökologischen Aquakultur fördert.
Oekolandbau.de: Was empfehlen Sie Fischzuchten, die über eine Umstellung nachdenken?
Klinkmann: Zuallererst die Vermarkung der Fische sichern. Das wird in vielen Fällen die Direktvermarktung sein.
Oekolandbau.de: Ist ein Neu- bzw. Quereinstieg in die Branche eine Option?
Klinkmann: Ja, jedoch nur mit einer von vornherein gegebenen Vermarktung. Der Neueinstieg von Branchenfremden wird in aller Regel nur bei Übernahme eines bestehenden konventionell oder biologisch wirtschaftenden Betriebs möglich sein, da neue Teichanlagen in Deutschland kaum genehmigungsfähig sind.
Oekolandbau.de: Wie wird Öko-Fischzucht bislang gefördert?
Klinkmann: Es gibt viele verschiedene und, oftmals leider dem Föderalismus geschuldet, zersplitterte Förderansätze, die jedoch in den meisten Fällen nicht exklusiv für Bio-Fischproduzenten konzipiert sind. Das gilt insbesondere für die Programme zur naturnahen Teichbewirtschaftung, die zumeist mit Produktionseinschränkungen verbunden sind. Lediglich in Sachsen und Bayern gibt es bislang eine Förderung der Bio-Teichwirtschaft.
Oekolandbau.de: Wie steht es mit Algen als Aquakulturprodukt? Stellt dieser Produktionszweig eine aussichtsreiche Option für bestehende Aquakulturbetriebe oder Neueinsteiger dar?
Klinkmann: Es lässt sich aktuell schwer einschätzen ob und wie es in Zukunft möglich sein könnte, Makroalgen in Deutschland profitabel zu erzeugen. Wie das Beispiel Lachs zeigt, dominieren in vielen Bereichen der Aquakultur Importe den deutschen Markt. Die Gefahr der Verdrängung durch die Konkurrenz von günstiger Importware besteht auch bei der Markteinführung von Makroalgen. Pilotprojekte wären hier ein hilfreicher erster Schritt, da hier der Staat das finanzielle Risiko trägt.