Gemengeanbau

Gemengeanbau – ökologisch wie ökonomisch sinnvoll

Der gleichzeitige Anbau verschiedener Kulturen auf demselben Feld – auch Mischfrucht- oder Gemengeanbau genannt – bringt zahlreiche Vorteile mit sich: Er verbessert die Standfestigkeit und Ernte von Kulturpflanzen – insbesondere von Körnerleguminosen – und unterdrückt wirkungsvoll Unkraut dank der besseren Bodenbedeckung. Nährstoffe, Wasser und Licht werden effizienter genutzt, Schädlinge und Krankheiten treten seltener auf und die Biodiversität auf dem Acker wird erhöht. Das Risiko für Ernteausfälle, zum Beispiel infolge extremer Witterung oder Schädlingsbefalls, wird durch den Gemengeanbau deutlich reduziert.

Und dabei wird nicht einmal der Ertrag gemindert. Im Gegenteil: Zahlreiche Untersuchungen bestätigen, dass sich der durchschnittliche Ertrag durch den Gemengeanbau sogar um fünf bis 15 Prozent erhöht – vor allem dann, wenn ungünstige Standortbedingungen vorherrschen.

Gemengeanbau kann zur Lösung globaler Probleme beitragen

Bestätigt werden diese Erkenntnisse durch eine aktuelle Metastudie aus den Niederlanden, die erstmalig im großen Umfang weltweit Studien zu diesem Thema analysiert hat. In der Studie wurden nicht nur extensive Landwirtschaftssysteme, wie man sie vor allem im Ökolandbau findet, untersucht, sondern auch intensive mit hohem Nährstoffinput. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass der Gemengeanbau – anders als häufig erwartet – auch im intensiven (konventionellen) Pflanzenbau zu höheren Erträgen pro Fläche führt.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fanden heraus, dass Gemenge pro Hektar durchschnittlich rund 1,5 Tonnen mehr Ertrag liefern als wenn man die gleichen Pflanzen in Reinkultur anbaut. Außerdem kann die eingesetzte Düngermenge durch den Anbau von Gemengen um bis zu 36 Prozent gesenkt werden. Das liegt daran, dass in Gemengen überwiegend Leguminosen als Mischungspartner zum Einsatz kommen. Leguminosen binden, wenn sie im Gemenge mit Nicht-Leguminosen angebaut werden, nachweislich mehr Stickstoff als in Reinkultur.

Die Betreiberinnen und Betreiber der Studie sehen daher im Gemengeanbau eine effiziente und nachhaltige Möglichkeit, den steigenden Nahrungsmittelbedarf einer wachsenden Weltbevölkerung zu decken. Gleichzeitig können damit die negativen Umweltauswirkungen der landwirtschaftlichen Praxis verringert werden.

Welche ökologischen Effekte hat der Gemengeanbau?

Laut dem Bundesamt für Naturschutz hat der Gemengeanbau zahlreiche positive ökologische Effekte. So führt der Anbau von Gemengen zu strukturreicheren Ackerbeständen. Damit werden einerseits zusätzliche Rückzugsmöglichkeiten und Nahrungsquelle für Insekten geschaffen und gleichzeitig das Nahrungsangebot für andere Tierarten erweitert. Wegen des deutlich geringeren Unkrautdrucks in Gemengen, kann auf mechanische oder chemische Maßnahmen zur Unkrautregulierung weitestgehend verzichtet werden. Das wirkt sich förderlich auf Bodenbrüter wie Kiebitz, Feldlerche und Fasan sowie junge Feldhasen aus.

Trotz der guten Unkrautunterdrückung führt der Gemengeanbau jedoch nicht zu einer Veränderung der Wildkrautzusammensetzung. Somit werden auch seltene und schützenswerte Wildkrautarten nicht verdrängt. Nützlinge werden durch die strukturreichen Bestände und das zusätzliche Nahrungsangebot gefördert und können damit verstärkt zu einer natürlichen Regulation von Schädlingen beitragen. Im Gemengeanbau von Leguminosen und Nicht-Leguminosen besteht außerdem eine deutlich geringere Nitratauswaschungsgefahr als in Leguminosen-Reinbeständen.

Gemenge aus Leguminosen und Nicht-Leguminosen dominieren

In Europa sind Gemenge bislang selten zu finden. Wenn überhaupt, sind es Öko-Landwirtinnen und -Landwirte, die diese Form des Anbaus zur Körner- oder Grünfutterernte auf ihren Äckern nutzen. Weitgehend bewährt haben sich hier Gemenge aus Leguminosen und Nicht-Leguminosen – allen voran das bekannte Kleegras, das im Ökolandbau fest etabliert ist.

Häufigste Kombination: Leguminosen mit Getreide

Bei den Druschfrüchten sind Gemenge aus Erbsen und Getreide am häufigsten zu finden. Als sehr ertragsstabil hat sich hier die Gerste bewährt. Alternativ funktionieren aber auch Triticale und Futterweizen. Die Getreidepflanzen dienen in Mischungen mit Erbsen in erster Linie als Stützfrucht. Sie verbessern die Standfestigkeit der Leguminose und reduzieren die Spätverunkrautung. Zudem dient das Getreide als Risikoabsicherung, für den Fall, dass die Erbsenernte aus Krankheits- oder Witterungsgründen ausfällt.

Ackerbohnen gedeihen dagegen am besten mit Hafer, vertragen sich aber auch mit Triticale sehr gut. Linsen sollten aufgrund der geringen Konkurrenzfähigkeit gegenüber Unkraut auf jeden Fall im Gemenge angebaut werden. Sie können mit Weizen, Hafer oder Gerste kombiniert werden. Auch Lupinen lassen sich gut im Gemenge mit Getreide anbauen.

Gemenge mit Kreuzblütlern

Seltener zu finden sind Gemenge mit Kreuzblütlern. Ein beliebter Mischungspartner ist hier der Leindotter, der durch seine bodennah ausgebildete Blattrosette das Keimen vieler Samenunkräuter verhindert. Im Gemengeanbau eignet er sich daher um konkurrenzschwache Arten wie Erbse, Linse, Soja oder Sommergerste vor Verunkrautung zu schützen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vermuten, dass neben der guten Bodenbedeckung auch entwicklungshemmende Stoffe, die von der Pflanzenwurzel ausgeschieden werden, dafür verantwortlich sind, dass der Leindotter ein so guter Mischungspartner ist. Leindotteröl kann als menschliches Nahrungsmittel oder für industrielle Zwecke genutzt werden. Der Körnerertrag ist jedoch bescheiden. Ein weiterer Kreuzblütler der hierzulande in Gemengen mit Leguminosen angebaut wird, ist Senf.

Weiterführende Infos zum Gemengeanbau mit Leindotter:

Leindotter: Anbau in Mischkulturen, FiBL-Infos unter bioaktuell.ch

Mais und Bohnen – Uralte Mischkultur wiederentdeckt

Eine weitere Form des Gemengeanbaus, die derzeit – vor allem im konventionellen Anbau – im größeren Maßstab in die Praxis eingeführt oder erprobt wird, ist das Mais-Bohnen-Gemenge. Diese Form des Mischanbaus wurde schon von den Maya und Azteken vor einigen Tausend Jahren praktiziert.

Die beiden Pflanzenarten Mais und Bohne ergänzen sich ideal – aus folgendem Grund: Der Mais profitiert als stickstoffbedürftige Pflanze von der Fähigkeit der Ackerbohne, Luftstickstoff fixieren zu können. Die Stangenbohne hingegen findet in der standfesten Maispflanze den nötigen Halt, um emporzuranken. Aber nicht nur auf dem Acker, sondern auch in der Wiederkäuerration harmonieren diese beiden Arten: Die Stangenbohne mit ihrem hohen Eiweißgehalt führt dazu, dass der sonst übliche Energieüberhang in der Maissilage abgeschwächt wird und weniger eiweißreiches Kraftfutter ergänzt werden muss.

Anfängliche Bedenken, dass das in den Bohnen enthaltene Phasein schädlich für die Kühe ist, konnten entkräftet werden: Zum einen gibt es inzwischen phaseinarme Bohnensorten. Zum anderen haben Untersuchungen gezeigt, dass Phasein durch den Fermentierungsprozess während des Silierens und im Pansen gut abgebaut wird. In Fütterungsversuchen konnten jedenfalls keine Beeinträchtigung der Tiergesundheit oder der Leistung nachgewiesen werden.

Weiterführende Infos zum Gemengeanbau Mais und Bohnen:

Mais-Bohnen-Mischkultur in der Biovariante, FiBL

Herausforderungen des Gemengeanbaus: Was kann die Züchtung leisten?

Beim Gemengeanbau werden beide Mischungspartner zeitgleich geerntet und müssen daher auch zur gleichen Zeit reif sein. Die Synchronisation der Abreife der Mischungspartner ist somit eine besondere Herausforderung des Gemengeanbaus, die sich jedoch züchterisch gut lösen lässt. Von züchterischer Seite können auch weitere Wechselbeziehungen zwischen den Mischungspartnern optimiert werden.

Bislang spielt der Gemengeanbau bei den großen Züchtern allerdings noch keine große Rolle. Bislang leisten auf diesem Gebiet vor allem Bio-Züchter Pionierarbeit, indem sie Zuchtlinien auch unter Aspekten des Gemengeanbau selektieren. Darüber hinaus werden gerade im Rahmen des Projekts ReMIX neue Züchtungskonzepte für den Gemengeanbau entwickelt.

Absatz der Ernte noch problematisch

Wird das Gemenge als hofeigenes Futter siliert oder als Kraftfuttermischung verwendet, gibt es in der Regel keine Probleme. Problematisch wird es erst dann, wenn das Gemenge an Futtermühlen oder andere Abnehmer verkauft werden soll. Dann ist eine Sortierung der Ernte erforderlich. Denn Futtermühlen sind von der Logistik her meist auf die Mischung von Einzelkomponenten ausgelegt. Gemengepartien mit unterschiedlicher und unklarer Zusammensetzung werden, wenn überhaupt, nur sehr ungern angenommen.

In der Schweiz ist das anders. Hier etabliert sich seit einigen Jahren ein Netz aus Sortierstellen, die Mischungen annehmen, trennen und zwischenlagern, um sie dann als Einzelkomponenten an Futtermühlen weiterzuverkaufen. Das hat dazu beigetragen, dass sich der Gemengeanbau in der Schweiz seit 2009 mehr als verzehnfacht hat.


Letzte Aktualisierung 20.07.2020

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