Apfelwickler

Apfelwickler

Cydia pomonella (L.), Familie: Wickler

Beschreibung des Apfelschädlings

Der Apfelwickler ist ein etwa ein Zentimeter langer, unauffällig grauer Falter. An den Enden der Flügel befindet sich ein bronzefarbiger Fleck. Er ist von Mai bis August in den Obstanlagen anzutreffen. Die Wicklerraupe entwickelt sich in den Äpfeln und wird bis zu zwei Zentimeter lang. Die jungen Raupen sind rosa-weißlich, die älteren rosa gefärbt mit dunklen Warzen und braunem Kopf und Nackenschild.

Wurmige Äpfel lassen sich leicht vom Baum lösen, oder sie werden notreif und fallen vorzeitig ab. Meist findet sich im seitlichen Fruchtbereich eine Einbohrstelle, um die herum sich oft ein rötlicher Hof entwickelt. Schwieriger zu erkennen sind Einbohrungen durch die Kelchgrube. Das Fruchtfleisch ist zum großen Teil ausgefressen. Auch die Kerne sind angefressen. Pro Apfelfrucht findet sich meist nur eine Raupe.

Ähnliche Schädlinge

Falter und Raupe ähneln stark den etwas kleineren Pflaumenwicklern und Pfirsichtriebwicklern. Für den Falter ist der bronzene Flügelfleck ein Unterscheidngsmerkmal von den anderen rein grau-braunen Arten. Die Raupe unterscheidet sich durch ihre dunklen Warzen an den Haarbasen. An Äpfeln treten Pfirsichwickler als späte Schädlinge auf, die nur am Fruchtfleisch fressen, während der Apfelwickler auch das Kerngehäuse ausfrisst. An Steinobst können alle drei Arten auftreten.

Der Kleine Fruchtwickler tritt insbesondere in Süddeutschland auf. Er verursacht ähnlche Fruchtschäden, der Fraßgang ist aber frei von Kotkrümeln. Die Einbohrstelle weist eine charakteristische kleine Spirale auf. Die Regulierung mittels Verwirrmethode mit Pheromonen ist möglich.

Die Ampferblattwespe nutzt Äpfel zur Anlage von Höhlen für ihre Verpuppung. Im Gegensatz zu den Einbohrungen des Apfelwicklers enthalten die der Apmferblattwespe keine Kotkrümel sondern ein kleines Gespinst. Ihre Larve ist grün mit sieben Beinpaaren (im Gegensatz zu den fünf des Apfelwicklers). Sie verursacht keine wirtschaftlich relevanten Schäden.

Schadwirkung im ökologischen Kernobstbau

Der Apfelwickler schädigt besonders Äpfel, seltener (insbesondere in wärmeren Klimaten) auch Birnen, Quitten, Aprikosen, Pfirsich, Pflaumen, Kirschen, Weißdorn, Esskastanien und Walnuss.

Es können erhebliche Ernteausfälle entstehen, zudem verursacht das notwendige Aussortieren befallener Früchte während der Ernte einen erhöhten Arbeitsaufwand. Spät befallene Früchte können teilweise noch für die Verarbeitung genutzt werden. Die Massenvermehrung in einem günstigen Jahr kann zu einem sprunghaften Anstieg des Befalls in den nachfolgenden Generationen führen, der im ökologischen Anbau nur über einen Zeitraum von mehreren Jahren wieder auf ein wirtschaftlich erträgliches Maß reduziert werden kann.

Biologie

Der Apfelwickler überwintert als Larve in einem Kokon und ist unempfindlich gegenüber selbst starken Frösten. Bevorzugte Überwinterungsorte sind Rindenritzen und der Stammbereich unterhalb der Veredelungsstelle sowie Luftwurzeln, hängen gebliebene Fruchtmumien sowie besonders rissige Weichholzpfähle und Bambusstäbe. Die häufig angegebene Überwinterung im Boden konnte in aufwändigen Untersuchungen nicht bestätigt werden.

In kühleren Regionen bildet der Falter eine Generation pro Jahr. Die überwinterte Larve verpuppt sich im Frühjahr für drei bis vier Wochen (April-Juni), von Mai bis August schlüpfen die Falter. In warmen Nächten erfolgt die Paarung (mindestens 13 Grad in der Dämmerung), ein bis zwei Tage später die Eiablage, anfangs auf Blätter, später auf die Früchte selbst. Ein bis drei Wochen nach der Eiablage schlüpfen die Raupen. Sie verlassen die Früchte kurz vor der Ernte oder nach dem Fruchtfall und suchen Überwinterungsplätze auf.

In wärmeren Regionen oder Jahren entwickelt sich zumindest teilweise auch eine stärker schädigende zweite Generation. Hier beginnt der Falterflug der ersten Generation schon Ende April, erste Larven schlüpfen ab Mai und verpuppen sich noch im Hochsommer. Dadurch tritt ab Juli eine zweite Faltergeneration auf, die sich dank der höheren Temperaturen schnell fortpflanzt und erneuten Larvenbefall ab Ende Juli erzeugt. Diese zweite Generation schädigt schon reifende Früchte und verursacht damit besonders hohe Schäden.

Regulierungsstrategien: Kombinierte Vorbeugung und Bekämpfung

Der Apfelwickler muss im ökologischen Obstbau langfristig mit einer kombinierten Strategie aus Befallsüberwachung, Vorbeugung, Verwirrtechnik und Anwendung von Pflanzenschutzmitteln reguliert werden, um Massenvermehrungen zu vermeiden.

Befallsüberwachung

  • Pheromonfallen ab Ende April in äußeren Kronenbereich der Bäume hängen. Aus dem Falterflug lässt sich der Beginn des Larvenschlupfes und somit der notwendige Behandlungszeitpunkt ableiten.
  • Bei bedecktem Wetter können die Rosettenblätter der Fruchtbüschel und später die Fruchtschalen auf die weißen Eier hin kontrolliert werden.
  • Die Anzahl der Früchte mit Einbohrungen hilft zur Abschätzung des Befallsdrucks im Folgejahr oder der Folgegeneration und der Aufwandmenge von Pflanzenschutzmaßnahmen. Es wird empfohlen, ab Falterflug regelmäßig 1000 Früchte je Anlage zu kontrollieren.
  • Zur Prognose von Behandlungsterminen kann auch das fruitweb-Prognosemodell genutzt werden. Die Genauigkeit der Aussagen ist stark von der Nähe zu einer Wetterstation abhängig und sollte durch eigene Befallsüberwachung ergänzt werden.
  • Das Auftreten verschiedener Entwicklungsstadien wird auch durch die Modelle POMSUM (für mehrere Apfelschädlinge) und CYDIASUM (für Apfelwickler) auf der Basis von Temperaturverläufen berechnet (zur Übersicht der Vorhersagemodelle).

Vorbeugende Maßnahmen

  • Überwinterungsplätze für die Larven minimieren, bei starkem Befall bedeutend. Rissige Weichholzpfähle austauschen, keine Bambusstäbe verwenden, in der Krone verbliebene Fruchtmumien entfernen. Gerodetes Altholz nicht in der Nähe der Anlagen lagern.
  • Überwinternde Larven abfangen: Werden Bambusstäbe in der Anlage verteilt und im Winter mit den darin eingesponnenen Larven entfernt, kann der Befall um zwei Drittel reduziert werden. Weniger wirksam und etwas aufwändiger sind um den Stamm gebundene Wellpappringe.
  • Vögel und nützliche Insekten fördern. Verschiedene Insekten wie Ohrwürmer, Wanzen und natürlich vorkommende Schlupfwespen (zum Beispiel Elodia tragica, Trichogramma enecator, Ascogasterquadridentatus) sind bedeutende Gegenspieler des Apfelwicklers, ebenso wie Vögel.

Biotechnische und Biologische Bekämpfung

Die Verwirrtechnik mit Pheromonenwird als Basisstrategie im Öko-Apfelbau angewendet, um die Vermehrung des Apfelwicklers zu bremsen.

  • wirksam bei Vorjahresbefall an bis zu einem Prozent der Früchte (andernfalls Kombination mit direkten Bekämpfungsmaßnahme)
  • Mindestfläche zwei Hektar zusammenhängende Obstanlagen
  • Die Dispenser im Schatten ca. 50 cm unter dem Gipfel anbringen.
  • Je nach Dispenser-Art und Befallsdruck müssen 500 bis 1000 Dispenser pro Hektar ausgebracht werden.

Schlupfwespen werden in der kommerziellen Produktion nur zur Herdbehandlung eingesetzt, da dies sehr kostenintensiv ist:

  • Trichogramma-Kärtchen werden in jedem achten Baum aufgehangen.
  • Dadurch wird der Larvenschlupf um die Hälfte reduziert, aber die Wirkung hält nur eine Woche lang an.
  • Anwendung in zeitlicher Übereinstimmung mit der Eiablage der Schädlinge:
    Anfang Juni zur Bekämpfung der ersten Wicklergeneration,
    Ende Juli bis Mitte August zur Bekämpfung der zweiten Wicklergeneration.

Einsatz entomopathogener Nematoden:

  • Steinernema feltiae werden gegen überwinternde Larven eingesetzt. Da die Apfelwickler sehr Anlagentreu sind, kann dies den Befallsdruck für das Folgejahr um die Hälfte verringern.
  • Spritzung nach der Ernte ab 8 °C und mindestens 12 Stunden Nässe auf feuchte Stämme, optimal ist Nieselregen. Um unerwartet trockenem Wetter vorzubeugen, abends behandeln, so wird die Nachtfeuchte ausgenutzt.
  • Aufwandmenge: 750 Mio Nematoden je Hektar und Meter Behandlungshöhe.
  • Die Behandlungshöhe muss den Bereich mit vorhandenen Winterverstecken abdecken (Pfähle, Stäbe, Luftwurzeln, Fruchtmumien, furchige Baumrinde), oft bis Ende Stamm oder oberer Draht. Sind diese nicht vorhanden, reicht ein Meter Behandlungshöhe, besonders gut den Bereich unterhalb der Veredlungsstelle benetzen.

In der Forschung wurden auch Pflanzenschutzmittel auf Basis von Beauveria bassiana und anderer Pilze sowie der Nematode Steinernema carpocapsae getestet, ohne aber hinreichende Wirksamkeit zu zeigen. Zudem wird untersucht, ob die Anwendung von Nematoden gegen die überwinternden Larven als kombiniertes Verfahren gegen weitere Schädlinge genutzt werden kann.

Direkte Bekämpfung mit zugelassenen Pflanzenschutzmitteln

  • Abpflücken befallener Äpfel, z.B. mit der Fruchtausdünnung, zur Reduzierung des Befalls durch die Folgegeneration.
  • Einsatz der Grundstoffe Fruktose oder Saccharose als Blattspritzung im Frühjahr gegen Fruchtbohrer im Apfelanbau.

Einsatz des Apfelwickler-Granulosevirus (CpGV):

  • War der Vorjahresbefall höher als ein Prozent, empfiehlt sich auch bei Anlagen mit Pheromonbehandlung eine Granulosevirus-Behandlung durchzuführen. Dadurch wird die Populationsdichte so niedrig gehalten, dass die Verwirrmethode greifen kann.
  • Da Fruchtschäden besonders durch die zweite Generation meist nicht verhindert werden können, sollte in Befallslagen durch vorbeugende und regelmäßige Anwendungen der Befall niedrig gehalten werden. Daher sollte das Virus über die gesamte Periode des möglichen Larvenschlupfes von Mitte Mai bis Mitte August stets erneuert werden. Zehn Anwendungen im Jahr sind zugelassen. Die Anwendung kurz vor der Ernte kann teilweise eingespart werden, da die spät schlüpfenden Larven zwar noch Früchte beschädigen, aber sich nicht mehr bis zur Überwinterungsfähigkeit entwickeln.
  • Um Überfahrten einzusparen, wird das Präparat den Fungizid- oder Kalziumspritzungen beigemischt. Granulosevirus-Präparate sind nicht mit Präparaten mischbar, die stark basisch reagieren wie Pottasche.
  • Die Aufwandmenge wird in Abhängigkeit vom Befallsdruck und dem Abstand bis zur nächsten Spritzung gewählt und sollte gegen die erste Generation (Mai bis Juli) höher liegen, um den Aufbau einer zweiten Generation einzuschränken.
  • Eine Anwendung kurz vor der Ernte kann eingespart werden, wenn befallene Früchte abgesammelt und entsorgt werden können und die Sorte nicht sehr spät reift.
  • Verschiedene Granulosevirus-Isolate sind verfügbar, da gegen einige Isolate schon Minderempfindlichkeiten bei Apfelwicklern festgestellt wurden. Mehr Infos

Pflanzenschutzmittel auf Basis von Azadirachtin (Niem) zeigten sich in Versuchen zwar als wirksam, dies konnte aber noch nicht ausreichend abgesichert werden. Sie sind im Apfelanbau zugelassen.

Pflanzenschutzmittel auf Basis von Bacillus thuringiensis zeigten ungenügende Wirksamkeit gegen Apfelwickler. Sie sind in Kern-, Stein- und Beerenobst gegen freifressende Schmetterlingsraupen zugelassen.


Weblinks

Erarbeitung einer Kombinationsstrategie mit verschiedenen biologischen Verfahren gegen Apfelwickler. Projekt-Abschlussbericht mit detaillierten Ergebnissen zur Anwendungstechnik entomopathogener Nematoden

Fördergemeinschaft Ökologischer Obstbau: Gesunderhaltung der Kulturpflanzen im Ökologischen Apfelanbau. Broschüre über in der Praxis angewandte Maßnahmen und den Stand der Forschung zur Regulierung verschiedener Apfelschaderreger.


Aus der Forschung - Für die Praxis

Im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) werden zahlreiche Forschungsprojekte durchgeführt.

Resistenz- und Virulenzmanagement-Strategien beim Apfelwicklergranulovirus (2017-2020)

Das Projekt "Entwicklung von Resistenz- und Virulenzmanagement-Strategien beim Apfelwicklergranulovirus im Ökologischen Obstbau" untersucht, ob unterschiedliche Granuloseviren-Isolate alternierend verwendet werden sollten um Resistenzbildung vorzubeugen. Zur Projektbeschreibung in der Datenbank Organic Eprints

Biologischer Pflanzenschutz als Ökosystemleistung im integrierten Kernobstanbau und EcoOrchard (2018)

Das Projekt führt Untersuchungen zum Vorkommen und den Leistungen natürlicher Gegenspieler des Apfelwicklers durch. Zur Projektbeschreibung in der Datenbank Organic Eprints

Diese Untersuchungen gehen Hand in Hand mit der Erprobung der Praxiseignung mehrjähriger, standortangepasster Blühstreifen in den Fahrgassen zur Nützlingsförderung im Projekt EcoOrchard. Zur Projektübersicht  in der Datenbank Organic Eprints

Letzte Aktualisierung 03.09.2018

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