Feuersteiner INTENSIVKURS 2022/23 – Modul 3
91320 Ebermannstadt
Reiten ist in Deutschland zum Breitensport geworden. Laut der Deutschen Reiterlichen Vereinigung gibt es hierzulande rund 4 Millionen Menschen, die sich ganz besonders für den Pferdesport interessieren. Entsprechend hoch ist die Zahl der Tiere: Rund 1,3 Millionen Pferde und Ponys leben in Deutschland.
Viele Landwirtinnen und Landwirte haben diese Entwicklung früh erkannt und ihren Betrieb auf die Pferdehaltung umgestellt – darunter auch zahlreiche Öko-Betriebe. Laut Statistischem Bundesamt wurden im Jahr 2016 auf 4.024 Bio-Betrieben insgesamt 33.699 Pferde und Ponys nach ökologischen Bedingungen gehalten – das sind 7,6 Prozent aller Pferde und Ponys in Deutschland. Die wichtigsten Einnahmequellen dieser Öko-Betriebe sind einer Studie der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde zufolge die Pensionspferdehaltung, das heißt das Einstellen von Pferden Dritter, sowie die Reitpferdehaltung, bei der Programm mit eigenen Pferden angeboten wird.
Den ersten Anstoß geben häufig Anfragen von Pferdehalterinnen oder Pferdehaltern, die ihre Pferde gerne gegen Bezahlung auf dem Betrieb unterstellen möchten. Das ist der Moment, in dem Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter erstmals ernsthaft über die Pferdehaltung als Betriebszweig nachdenken. Viele Höfe verfügen bereits über ausreichend Weideflächen, Stallungen und betriebseigenes Futter, oder sind bestenfalls schon an ein Reitwegenetz angeschlossen. Sind solche Voraussetzungen gegeben, kann der Einstieg in die Pferdehaltung eine gewinnbringende Einkommensalternative darstellen.
Unklarheit besteht häufig darüber, wie die Pensionspferdehaltung auf dem Öko-Betrieb rechtlich geregelt ist. Denn Pferde, die nicht der Erzeugung von Lebensmittel dienen, fallen auch nicht in den Anwendungsbereich der EU-Öko-Verordnung und sind daher prinzipiell von der Öko-Zertifizierung ausgenommen. Dies ist jedoch dann anders, wenn ein Betrieb Fördergeld für ein Programm des ökologischen Landbaus bezieht, das eine Gesamtbetriebsumstellung voraussetzt – so zum Beispiel in Bayern (KULAP), Hessen (HALM) oder Rheinland-Pfalz (PAULa) der Fall. Solche Betriebe und auch alle diejenigen, die an einen ökologischen Anbauverband angeschlossen sind, müssen Pensions- und Freizeitpferde entsprechend der EU-Öko-Verordnung beziehungsweise gemäß der geltenden Richtlinien der Öko-Verbände halten. Betriebe, die über eine Pensionspferdehaltung nachdenken, sollten sich daher frühzeitig bei ihrer Beraterin oder ihrem Berater über die geltenden Rahmenbedingungen informieren.
Das Grundfutter und alle regelmäßig verabreichten Kraftfutter- oder Mineralfuttermittel wie Getreide, Pellets oder Pferdemüsli müssen zu 100 Prozent Öko-Qualität aufweisen. Mindestens 60 Prozent des eingesetzten Raufutters muss zudem im Betrieb selbst oder in Kooperation mit anderen Betrieben in der Region erzeugt worden sein. Die Regel "100 Prozent ökologisch" gilt übrigens auch für die sogenannten Leckerlis – auch wenn die Öko-Kontrolleurinnen und -kontrolleure hier nicht so genau hinschauen. Das heißt, Zusatzfutter wie Äpfel, Brötchen, Karotten oder spezielle Handelsprodukte, die von den Tierbesitzerinnen und -besitzern gelegentlich mitgebracht werden, müssen ökologischer Herkunft sein. Prinzipiell müsste also jeder Betrieb die Pensionspferde-Einsteller anweisen, nur noch ökologische Zusatzfuttermittel zu kaufen und sich die Zertifikate der Hersteller und Händler darüber aushändigen lassen. Da dies ist der Praxis kaum umsetzbar ist, empfehlen Öko-Beraterinnen und -berater, über die Einstellverträge zu regeln, dass auch das Zusatzfutter zentral über den Betrieb gekauft wird.
Die Stallungen müssen den Pferden genügend Bewegungsfreiheit bieten. Hier eignet sich am besten ein Laufstallsystem mit Gruppenhaltung. Die Haltung in Einzelboxen ist auch möglich, wenn diese den Tieren Sozialkontakt ermöglichen. Reichlich Tageslicht, natürliche Belüftung, ungehinderter Zugang zu Fressplatz und Tränke, sowie ein trockener, eingestreuter Liegeplatz sind weitere Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen. Die Ständerhaltung, bei der die Pferde angebunden werden, ist nicht erlaubt.
Die Fläche, die den Pferden in Stall und Auslauf mindestens zur Verfügung gestellt werden muss, ist durch die EU-Öko-Verordnung geregelt und richtet sich nach dem Gewicht der Tiere, wie die folgende Tabelle zeigt:
Lebendgewicht | Stallfläche | Auslauffläche |
---|---|---|
bis 100 Kilogramm | 1,5 m2 pro Tier | 1,1 m2 pro Tier |
bis 200 Kilogramm | 2,5 m2 pro Tier | 1,9 m2 pro Tier |
bis 300 Kilogramm | 4,0 m2 pro Tier | 3,0 m2 pro Tier |
über 350 Kilogramm | 5,0 m2 pro Tier mindestens 1 m2 je 100 Kilogramm Lebendgewicht | 3,7 m2 pro Tier 0,75 m2 je 100 Kilogramm Lebendgewicht |
Die Vorgaben gelten auch für Betriebe, die einem der ökologischen Anbauverbände angeschlossen sind. Diese Regelungen, die im Übrigen auch für Rinder gelten, sind jedoch als Mindestanforderungen zu sehen. Für eine wirklich tiergerechte Pferdehaltung empfehlen Expertinnen und Experten, sich bei der Bemessung der Stallungen an den "Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten", des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) zu orientieren. Diese gehen weit über die genannten Richtlinien hinaus. Der Mindeststallflächenbedarf berechnet sich darin nach der Formel: Doppelte Widerristhöhe zum Quadrat. Für ein Pferd mit einer Widerristhöhe von 1,7 Meter, wird demnach eine Mindeststallfläche von 11,5 Quadratmetern benötigt.
Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten (BMEL)
Das Stroh zur Einstreu soll, soweit verfügbar, aus dem eigenen Betrieb oder aus anderen Öko-Betrieben stammen. Ist solches nicht verfügbar, kann auch konventionelles Einstreustroh verwendet werden. Allerdings sollte dieses möglichst auf Flächen mit geringer Bewirtschaftungsintensität gewonnen werden.
Neben ausreichend Stallfläche muss den Pferden den Sommer über regelmäßig Weidegang gewährt werden. Ist Weidegang nicht möglich, muss für einen ständigen Zugang zu einem ausreichend großen Auslauf gesorgt werden.
Für die Weide gilt: Es dürfen nur ökologisch bewirtschafte Flächen genutzt werden. Für die Nachsaat der Flächen bieten Saatgutunternehmen inzwischen speziell für die Pferdeweide geeignete Saatgutmischen in Öko-Qualität an. Die Verfügbarkeit dieses Öko-Saatguts kann in der Internetdatenbank organicXseeds.de abgefragt werden.
organicXseeds.de: Grasmischungen für die Aus- oder Nachsaat
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Wie für andere Bereiche der ökologischen Tierhaltung, gilt auch für die Pensionspferdehaltung: Der Tierbesatz ist so zu begrenzen, dass ein 170 Kilogramm Stickstoff entsprechender Dungeintrag je Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche und Jahr nicht überschritten wird. Umgerechnet sind das zwei Pferde, älter als sechs Monate, je Hektar.
Auch für den Erhalt der Tiergesundheit gelten dieselben Anforderungen wie in anderen Bereichen der ökologischen Tierhaltung: Alternative Heilmethoden wie Homöopathie sollen den Vorrang haben. In Akutfällen darf aber auch – auf Verantwortung des Tierarztes – herkömmliche Schulmedizin angewendet werden.
In einigen Details unterscheiden sich die Regelungen der Bundesländer zur Öko-Pferdehaltung etwas voneinander – so zum Beispiel bei der Frage "Hobbyhaltung oder nicht?". Was ist also, wenn ein Familienbetrieb auf seinem Öko-Hof ein Pferd zu reinen Hobbyzwecken hält. Muss dieses Pferd nach den geltenden Öko-Richtlinien gefüttert und gehalten werden? Die Antwort: In einigen Bundesländern müssen alle Pferde im Betrieb gemäß der Öko-Richtlinien gehalten werden, auch solche, die als "Familienpferd" zu Hobbyzwecken gehalten werden. In anderen Bundesländern sind ein bis zwei Pferde, wenn sie nicht zum Betriebseinkommen beitragen, von der Öko-Kontrolle ausgenommen. Welche Regelungen hier im Einzelnen gelten, kann über die Beratungsstellen der Länder in Erfahrung gebracht werden.
Letzte Aktualisierung 10.09.2020