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BioRegio Karlsruhe bringt Gastronomie mit Anbietern von Bio-Produkten zusammen

Neben einer beeindruckenden Vielfalt an Akteurinnen und Akteuren aus der Region bekamen die Besucherinnen und Besucher der BioRegio Karlsruhe viel geboten: inspirierende Vorträge und Ideen, wie eine regional verankerte Bio-Wertschöpfung in Karlsruhe gelingen kann. Initiiert und durchgeführt wurde die Veranstaltung im Rahmen des BÖL-Projektes KA.WERT.

Stände auf der RegioBio Karlsruhe

Stände auf der BioRegio in Karlsruhe. Bild: Jörg Schwienke

"Unser Netzwerk steht für eine gute und gesunde Ernährungskultur – so wie das Tollhaus für eine lebendige Kultur in Karlsruhe steht." Mit diesen Worten begrüßte Sandra Schmidt die gut 100 Besucherinnen und Besucher der BioRegio-Initialveranstaltung Karlsruhe Anfang November. Zu der Veranstaltung hatte die Koordinatorin von KA.WERT ins Karlsruher Kulturzentrum Tollhaus eingeladen. KA.WERT ist eines von insgesamt 46 RIWERT-Projekten, die durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft über das Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖL) gefördert werden und Wertschöpfung in der Region generieren wollen, die allen Stufen der Lebensmittelkette zugutekommt: den Landwirtinnen und Landwirten, der Verarbeitung, dem Handel und der Gastronomie vor Ort.

"Unser Ziel ist es, mehr regionale Bio-Lebensmittel nach Karlsruhe und auf unsere Teller zu bringen", so Sandra Schmidt. Seit dem Projektstart von KA.WERT 2021 hat die studierte Agrarbiologin bereits sehr viel erreicht und etliche Aktivitäten und Kooperationen angestoßen: In dem KA.WERT Netzwerk haben sich allein 22 Bio-Landwirtinnen und -Landwirte, 12 Bio-Verarbeitungsbetriebe und 9 Handelsunternehmen zusammengeschlossen. Insgesamt hat die Karlsruher Wertschöpfungskettenmanagerin fünf Exkursionen zu Bio-Betrieben in Baden-Württemberg und in der Schweiz und vier Arbeitskreise zur Vernetzung und Erhöhung der fachlichen Kompetenz organisiert.

Mit der Initialveranstaltung BioRegio soll nun besonders der Bereich der Außer-Haus-Verpflegung (AHV) adressiert werden. Im Tollhaus gab es deshalb neben mehreren Fachvorträgen auch Beiträge von insgesamt 27 Bio-Landwirtinnen und -Landwirten, Bio-Weingütern und Bio-Verarbeitern, die sich den Akteurinnen und Akteuren der AHV präsentierten. "Neben Freilandgemüse und Obst aus ökologischem Anbau bietet unsere Region Feinkost, Fleisch, Mehl aus geretteten Kürbissen, Wein, Säfte von Streuobstwiesen, Tempeh, Wildkräuter und vieles mehr", schwärmte die engagierte KA.WERT-Projektkoordinatorin.

Bewusstseinswandel entscheidend

Neben dem Förderprojekt setzen sich weitere Initiativen für eine nachhaltige und regionale Bio-Küche in Karlsruhe ein. Die Wertschätzung für Lebensmittel zu erhöhen und Lebensmittelreste drastisch zu verringern, dafür engagiert sich zum Beispiel die Karlsruher Initiative FoodCircle. Dasgemeinwohlorientierte Unternehmen, das sich als Nahversorgungszentrum mit regionalen und saisonalen Bio-Produkten für Karlsruhe versteht, will die regionale bäuerliche Landwirtschaft mit dem Lebensmittelhandwerk und der Stadt-Bevölkerung zusammenbringen.

"Wir können vieles organisieren und auf die Beine stellen, aber dafür brauchen wir zunächst einen Bewusstseinswandel", betonte Hossein Fayazpour vom FoodCircle. Um dies zu erreichen, engagiert sich FoodCircle unter anderem an Schulen. In einem Schulprojekt, so Hossein Fayazpour,sei es gelungen, die Abfallmenge an Lebensmittelresten von 30 auf vier Kilo pro Tag zu reduzieren. Maßgeblich dazu beigetragen habe ein externer Koch, der im intensiven Dialog mit den Schülerinnen und Schülern deren Bewusstsein für den Wert von Lebensmitteln erhöht hat.

Positiv hervorzuheben ist auch das Engagement des Karlsruher Naturkostfachhandels. "Unser Anspruch ist es, unser Sortiment so regional wie eben möglich zu gestalten. Uns geht es nicht um Gewinnmaximierung, sondern darum, ein Wertschöpfungsforum zu schaffen, von dem alle profitieren“, sagte Tina Schäfer vom Vorstand des Karlsruher Biomarktes Füllhorn, der seit 3,5 Jahren als Genossenschaft organisiert ist. "Im Gegensatz zu normalen Bio-Supermarktketten nehmen wir uns Zeit für Experimente, Hauptsache es ist regional", so Tina Schäfer. Als eines ihrer "neuen Babies" arbeite sie daran, frischen Bio-Ingwer aus der Region bei Füllhorn anbieten zu können.

Bio-Schnittware für Karlsruher Großküchen

Dank KA.WERT haben sich der Bioland-Betrieb Petrik in Pfinztal und die Ludwig Schenk GmbH & Co. KG gefunden. Auf Bestellung bietet das seit 2019 bio-zertifizierte Karlsruher Obst- und Gemüsegroßhandelsunternehmen Kartoffeln, Gemüse und Salate geputzt, geschält und geschnitten an. Zustande gekommen ist die Kooperation zwischen dem Bio-Landwirt und dem Gemüsegroßhändler durch eine Anfrage der Kantine des badischen Energieversorgungsunternehmens EnBW. "Eingestiegen sind wir mit schnittfertigen Salatmischungen, inzwischen sind Karottenstifte und -würfel hinzugekommen", so Florian Petrik. Damit sich für ihn die Anfahrt und Lieferung lohnt, hofft er auf wachsende Bestellmengen.

Im Austausch mit den anwesenden Gastronomen wurde deutlich, wie aufwändig es häufig noch ist, regionale Bio-Ware zu beziehen. Besonders, so die Erfahrung von Frank Kemmerling vom Restaurant "fünf", wenn der Warenbedarf sehr kleinteilig ist. Sein Ziel ist es, das Speiseangebot mit Ökologie, Nachhaltigkeit und möglichst geringem Ressourcenverbrauch in Einklang zu bringen. Doch dabei stößt der Karlsruher Gastronom immer wieder an Grenzen. "Aufgrund unserer wöchentlich wechselnden Speisekarte benötigen wir meist viele verschiedene Dinge und die nur in kleinen Mengen." Das gelte besonders für die in den Wintermonaten angebotene Menüreihe mit ausschließlich regionalen Lebensmittel. "Für die kleinen Bestellmengen finden wir so gut wie keine Lieferanten und müssen deshalb selber viel fahren, um die Ware abzuholen", bedauert Frank Kemmerling.

Digitaler Marktplatz erleichtert Beschaffung

Abhilfe verspricht "nearbuy", eine B2B-Plattform für die Vermarktung und Beschaffung regionaler Bio-Produkte. Das nearbuy-Team hat auf Wunsch der Gastronomie diese Plattform aufgebaut. Im engen Austausch mit Profiküchen haben sich Logistik und Bündelung als eine der wesentlichen Hürden für den Einsatz bio-regionaler Zutaten herauskristallisiert. "Viele Anbieter und Abnehmer kommen nicht zusammen, weil sie schlichtweg nicht sichtbar sind und nicht voneinander wissen", sagte Doreen Havenstein von der nearbuy GmbH.

Genau hier setzt der digitale Marktplatz an: Er liefert einen Überblick über das aktuell verfügbare Angebot an bio-regionalen Produkten. Mit wenigen Klicks können die Nutzerinnen und Nutzer gezielt nach dem suchen, was sie aktuell brauchen. Neben Nutzerfreundlichkeit zählt für das nearbuy-Team aber auch die persönliche Komponente: "Für den Vertrauensaufbau prüfen wir jeden Anbieter, der sich erstmalig in dem System anmeldet und den wir noch nicht kennen", sicherte Doreen Havenstein zu.

In der Bio-Musterregion Freiburg haben gut 65 erzeugende und verarbeitende Betriebe, 30 große und kleine Küchen in KiTa, Schule, Unternehmen und Gastronomie und acht bündelnde und liefernde Betriebe in einer einjährigen Pilotphase nearbuy getestet. Nach dem erfolgreichen Start in Südbaden möchten die Initiatorinnen von nearbuy die Plattform nun auf Mittelbaden und Karlsruhe ausdehnen und hoffen auf eine rege Mitwirkung.

Neue Kooperationspartner gefunden

"Es ist schon beachtlich, was Sandra Schmidt mit der BioRegio Karlsruhe auf die Beine gestellt hat. Sie ist eine echte Netzwerkerin", betonte Damaris Ritz vom Bioland-Hof Ritz in Linkenheim-Hochstetten. Die Veranstaltung hat die Bio-Landwirtin genutzt, um bestehende Kontakte zu vertiefen, neue zu knüpfen und sich von Mitausstellern inspirieren zu lassen.

Als Beispiel nannte sie die Nature Nutrition GmbH, die aus geretteten Kürbissen glutenfreies Kürbismehl und Mehlmischungen herstellt. "Da wir dieses Jahr voraussichtlich einen Kürbisüberschuss haben werden, ist die Zusammenarbeit mit dem Mannheimer Kürbisverarbeiter für uns eine interessante Option", so Damaris Ritz. Als potenzieller Abnehmer hat sich auch die Karlsruher Kulturküche entpuppt: Im Gegensatz zu den meisten Gastrobetrieben richtet die Kulturküche ihren bio-regionalen Mittagstisch nach dem aus, was gerade verfügbar ist. Dies bietet gerade kleineren Betrieben wie dem Bioland-Hof Ritz die Chance, kleinere Mengen an überschüssiger Ware kurzfristig und ohne großen logistischen Aufwand zu vermarkten.

Quelle: Pressemittleilung des BÖL

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