Ein Kompass für die neue Aufgabe des Bundeslandwirtschaftsministers ist der Koalitionsvertrag. Dieser enthält kein festes Bio-Ausbauziel wie etwa in Bayern oder bisher im Bund gültig. Jedoch soll in Bio-Forschung, Bio-Bildung und mehr Bio in der Gemeinschaftsverpflegung investiert werden. Reicht der Koalitionsvertrag als Kompass aus, um den Anteil der ökologischen Anbaufläche in Deutschland so zu steigern, dass wir die zunehmende Nachfrage bedienen können?
Dazu die Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern e.V. (LVÖ):
Die Verbraucherinnen und Verbraucher wollen mehr Bio. Die aktuellen Marktzahlen: die Nachfrage ist in vielen Bereichen stärker als das heimische Angebot. "Positiv am Koalitionsvertrag zu bewerten ist, dass er mehr Mittel für Ökolandbau-Forschung und -Bildung, die Einführung von Bio-Standards in der Gemeinschaftsverpflegung sowie den Abbau von Hindernissen bei den Düngeauflagen vorsieht. Dies sind die richtigen Hebel für mehr Bio-Landwirtschaft in Deutschland. Wir fordern deshalb vom neuen Landwirtschaftsminister diese Maßnahmen kraftvoll und zügig umzusetzen", sagt Thomas Lang erster Vorsitzender der LVÖ Bayern e. V.
"Was ich jedoch im Koalitionsvertrag vermisse, ist eine klare Absage an die neuen Gentechniken. Bio steht für garantiert gentechnikfreie Lebensmittel, und wird von den Kundinnen und Kunden auch genau dafür geschätzt. Schließlich steht eine Mehrheit der Bevölkerung der Gentechnik kritisch gegenüber. Beim Thema Gentechnik wünschen wir uns von Alois Rainer in Berlin eine deutliche Rückenstärkung für den Verbraucherschutz und für den Schutz der gentechnikfreien Land- und Lebensmittelwirtschaft", sagt Thomas Lang.
Auch Bioland äußerte sich zur Bekanntmachung der neuen Personalie:
Bioland-Präsident Jan Plagge: "Wir gratulieren Alois Rainer herzlich zur Designation als neuer Bundesagrarminister. Als Metzgermeister und erfahrener Politiker kennt er die Agrar- und Ernährungsbranche gut. Seine Erfahrungen und Kenntnisse sollte er unbedingt dazu nutzen, den Umbau des Sektors hin zu mehr Nachhaltigkeit entschieden voranzutreiben. Denn Klimawandel, Gewässerbelastung und Artensterben bedrohen auch die Landwirtschaft in ihrer Existenz und erfordern schnelles und wirkungsvolles Handeln. Dem Ökolandbau mit seinen vielfältigen Ökosystemleistungen kommt bei der Transformation des Sektors eine Schlüsselrolle zu, daher sollte der neue Agrarminister in seiner Amtszeit den Bio-Ausbau deutlich beschleunigen. Die Erfahrungen aus seiner bayerischen Heimat kann er dabei gewinnbringend nutzen: Anders als im Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot gibt es dort ein Bio-Flächenziel.
Mit der Bio-Strategie 2030 ist unter dem Vorgänger im Amt eine gute Grundlage geschaffen worden, an die es nun anzuknüpfen gilt. Gleichzeitig ist es wichtig, Hindernisse bei Erhalt und Ausbau des Ökolandbaus zu reduzieren, wie es auch im Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot versprochen wird. Mit Blick auf die Gemeinsame Agrarpolitik der EU sollte Alois Rainer sich dafür einsetzen, dass die Honorierung von Ökosystemleistungen in der nächsten GAP-Förderperiode eine herausragende Rolle spielt. Und beim Thema Deregulierung Neuer Gentechnik kann er auf seine Erfahrungen aus der bayerischen Heimat zurückgreifen – denn dort war man bislang immer besonders stolz, ohne Gentechnik ausgekommen zu sein. Als neuer Agrarminister sollte er sich auf EU-Ebene dafür stark machen, dass gentechnikfreies Wirtschaften weiterhin möglich bleibt."
Gerald Wehde, Geschäftsleiter Agrarpolitik und Kommunikation bei Bioland kommentiert: "Auch wenn es erfreulich ist, dass der Ökolandbau mit recht ausführlichen Aussagen Wertschätzung findet – ein konkretes Ausbauziel, an dem gearbeitet werden soll, fehlt leider. Gut auch, dass die Tierhaltungskennzeichnung nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird und damit wohl bestehen bleibt. Inwiefern sie ausgebaut wird, was für mehr Tierwohl, Klima- und Umweltschutz dringend nötig wäre, wird aber nicht konkret benannt. Hier wünschen wir uns vom neuen Agrarminister eine Ausweitung auf andere Tiergruppen und den Außer-Haus Bereich sowie eine klare Aussage zur Finanzierung.
Mit dem Ressort Umwelt, das vom Koalitionspartnern SPD geführt wird, braucht es eine übergreifende, konstruktive Zusammenarbeit für mehr Nachhaltigkeit. Der Schutz unserer Gewässer, der Arten und des Klimas sind große Herausforderungen, die ein solches gemeinsames Vorgehen nötig machen. Die EU-Agrarpolitik und deren nationale Umsetzung braucht stärkere Anreize für nachhaltige Landwirtschaftssysteme wie den Ökolandbau. Aber auch im Ordnungsrecht, wie bei den Regelungen zum Pestizid- und Düngereinsatz, liegen wichtige Aufgaben. Gespannt sind wir auf die Initiativen zum weiteren Abbau der Bürokratie und wie mit der Digitalisierung die Vermeidung von Doppelerhebungen gelingt."
Tina Andres, Vorstandsvorsitzende des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW), zum künftigen Kabinett:
"Der künftige Minister Rainer ist als gelernter Metzgermeister ein Mann vom Fach. Die Verarbeitung von Lebensmitteln im ländlichen Raum sorgt allein im Bio-Bereich für 170.000 Arbeitsplätze. Insgesamt ist die Wertschöpfungskette Bio mit ihren 380.000 Beschäftigten zwar auf Wachstumskurs nach einem Umsatzplus 2024 von rund 6 Prozent, doch es gibt noch viel Luft nach oben.
Als Bayer kennt Alois Rainer die Bio-Ausbauziele von mindestens 30 Prozent, die Bayern und Baden-Württemberg anstreben. Jetzt kann er im Bund dafür sorgen, dass diese in ganz Deutschland erreicht werden. Bayern ist mit seiner Politik in vieler Hinsicht Vorbild für eine Land- und Lebensmittelwirtschaft, die für Mensch, Tier und Natur gesund ist.
Der Umbau hin zu einem nachhaltigen und sicheren Ernährungssystem ist eine Aufgabe für das gesamte Kabinett. In besonderer Verantwortung stehen auch die designierte Wirtschafsministerin Katherina Reiche (CDU), die neue Forschungsministerin Dorothee Bär (CSU), die designierte Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) und der oder die künftige Umweltministerin von der SPD. Wir wünschen ihnen Mut, Kraft und Glück!
Bio ist der Innovationspfad, um unser Ernährungssystem fit für die Zukunft zu machen. Dass dieser Weg auch wirtschaftlich erfolgreich ist, zeigen Tag für Tag mehr als 55.0000 Bio-Unternehmerinnen und -Unternehmer aus Landwirtschaft, Handel und Verarbeitung."
Quelle: Pressemitteilungen LVÖ, Bioland, BÖLW