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Zukunftskommission Landwirtschaft: "Dialogprozesse lohnen sich"

In der Zukunftskommission haben vier Professorinnen und zwei Professoren aus den Agrar- und Umweltwissenschaften mitgewirkt. Sie ziehen ein insgesamt positives Fazit. Die Zukunftskommission war aus Sicht der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein gelungenes Experiment und belegt den Wert solcher Dialogprozesse mit umfassender Stakeholderbeteiligung.

Agrarbiotop, Foto: Dominic Menzler

Am 29. Juni hat die von der Bundesregierung eingesetzte Zukunftskommission (ZKL) ihre Empfehlungen zur Landwirtschaft einstimmig verabschiedet. Der Bericht wird der Bundeskanzlerin am 6. Juli übergeben. In der Zukunftskommission haben vier Professorinnen und zwei Professoren aus den Agrar- und Umweltwissenschaften mitgewirkt.

Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ziehen ein insgesamt positives Fazit. "Es waren sehr zeitaufwändige Dialogprozesse, aber es ist gelungen, mit Hilfe wissenschaftlicher Ergebnisse eine fundierte und dialogförderliche Basis für die vorher teilweise sehr verhärteten Verhandlungen zwischen den verschiedenen Organisationen der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette und den Verbänden des Verbraucher-, des Natur-, Tier- und Umweltschutzes zu entwickeln. Alle haben mit und voneinander gelernt.", so Prof.in Hiltrud Nieberg vom Thünen-Institut. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der ZKL haben viele der Gesprächsrunden moderiert und versucht, den Stand der wissenschaftlichen Forschung einzubringen. Prof.in Ute Knierim von der Universität Kassel fasst die Kernaussage zusammen: "Der Abschlussbericht macht deutlich, dass die Landwirtschaft sich der großen Transformation zu mehr Umwelt- und Tierschutz stellt und sie mitgestalten will. Allerdings kann sie diese nicht allein aus eigener Kraft stemmen; es handelt sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe mit Verbindungen in viele Lebensbereiche."

"Es war bei der Einrichtung der Zukunftskommission vor einem Jahr völlig offen, ob sich die beteiligten Verbände auf das Ziel eines schnellen und umfassenden Transformationsprozesses des gesamten Landwirtschafts- und Ernährungssystems verständigen können", konstatiert der Frankfurter Naturschutzprofessor Manfred Niekisch, "Doch nun kommt es darauf an, dass die nötigen Schritte und Instrumente seitens der beteiligten Interessengruppen und durch die Politik auch entwickelt und umgesetzt werden."

Damit das umfassende Programm umgesetzt werden kann, werden die Bürgerinnen und Bürger als Steuerzahlende und Verbraucherinnen und Verbraucher in den kommenden Jahren schätzungsweise rund 5 bis 8 Milliarden. Euro pro Jahr mehr aufbringen müssen, wobei sich der Betrag bei der geplanten Umwandlung der EU-Direktzahlungen in die Honorierung öffentlicher Leistungen schrittweise verringern wird. Die Hälfte dieses Mittelbedarfs wird für ein verbessertes Tierwohl, die andere Hälfte für einen verbesserten Schutz von Biodiversität, Natur und Klima benötigt. Das sind anfänglich bis zu 100 Euro im Jahr für jede Bürgerin bzw. jeden Bürger. "Den meisten Menschen sind Tierwohl und eine intakte Natur diese Summe auch wert," so Prof. Achim Spiller von der Universität Göttingen. Einkommensschwache Haushalte werden allerdings, zum Beispiel durch eine Erhöhung von Hartz IV-Sätzen oder direkte Transfers, dafür kompensiert werden müssen. "Dies wird sich volkswirtschaftlich mittel- bis langfristig sogar rechnen, da viele Umwelt- und Gesundheitsbelastungen, die heute anfallen, durch die konsequente Transformation des Landwirtschafts- und Ernährungssystems vermieden werden können." "Langfristig rechnet sich mehr Vorsorge", so Prof.in Ramona Teuber von der Universität Gießen.

Nach harten Verhandlungen hat schließlich auch die landwirtschaftliche Verhandlungsseite mitgetragen, dass die klassischen EU-Subventionen für die Landwirtschaft, die pro Hektar ausgezahlten sogenannten Direktzahlungen, keine Zukunft mehr haben und innerhalb der nächsten beiden Perioden der EU-Agrarpolitik vollständig umgebaut werden müssen. An die Stelle der Direktzahlungen sollen betriebswirtschaftlich attraktive Zahlungen für Umwelt- und Tierschutzleistungen der Landwirtschaft treten. Diese Empfehlung der ZKL ist aus Sicht der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wegweisend, weil sie den Landwirtinnen und Landwirten neue Geschäftsmodelle ermöglicht und sie wirtschaftlich absichern kann.

Die Zukunftskommission war aus Sicht der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein gelungenes Experiment und belegt den Wert solcher Dialogprozesse mit umfassender Stakeholderbeteiligung. "Für die Verständigung auf einen gemeinsamen Weg zur Umsetzung von mehr Nachhaltigkeit können solche Dialogprozesse auf allen politischen Ebenen, vom Bundestag bis zu lokalen Konflikten zum Beispiel Stallbauten oder Veränderungen des Landschaftsbildes durch Gewächshäuser oder Hagelnetze, einen wichtigen Beitrag leisten", so Prof.in Vera Bitsch von der Technischen Universität München.

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