Sojabohnen erfolgreich anbauen und vermarkten
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Bis 2030 sollen in Deutschland 30 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche biologisch bewirtschaftet werden. Welchen Nachfrage-Impuls kann die Außer-Haus-Verpflegung (AHV) dafür leisten? Das dreijährige Forschungsprojekt ÖkoTrans hat dazu Berechnungen für Mengen und Potenziale in Baden-Württemberg durchgeführt.
Um die angestrebten Ausbauziele des Ökolandbaus zu erreichen, muss auch die Nachfrage nach heimischen Bio-Produkten wachsen. Um dies zu erreichen, setzen viele Akteurinnen und Akteure auf den verstärkten Einsatz von biologischen Lebensmitteln in öffentlichen Kantinen. So ist es auch ein wichtiges Ziel der neuen Bio-Strategie 2030 des Bundes, dass über die Außer-Haus-Verpflegung eine zusätzliche Nachfrage nach heimischen Bio-Produkten generiert wird.
Aber wie groß ist denn überhaupt der Nachfrageimpuls, den die AHV theoretisch bei einer Bio-Umstellung oder Steigerung des Bio-Anteils leisten kann? Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Hochschulen Reutlingen und Rottenburg am Neckar haben im Rahmen des Forschungsprojekts ÖkoTrans dazu eine Potenzialanalyse für die öffentliche Außer-Haus-Verpflegung in Baden-Württemberg durchgeführt.
Im ersten Schritt dieser Überschlagsrechnung wurde die Anzahl der Essen in öffentlichen Einrichtungen im Südwesten ermittelt.
Einrichtung | Essen im Jahr |
---|---|
Kitas | 31.806.452 |
Ganztagesschulen (Primär- und Sekundärstufe) | 46.157.787 |
Hochschulen | 11.527.425 |
Öffentliche Betriebe | 28.212.720 |
JVA (3 Essen am Tag) | 6.471.192 |
Krankenhäuser (3 Essen am Tag) | 40.606.020 |
Reha (3 Essen am Tag) | 4.263.168 |
Pflegeheime (3 Essen am Tag) | 9.018.075 |
Summe | 178.062.838 |
Quelle: zitiert nach Forschungsprojekt ÖkoTrans 2023
Für vier Produktgruppen wurde dann errechnet, welche verzehrfähigen Mengen in diesen Einrichtungen pro Jahr benötigt werden: Für Getreide, Kartoffeln, Gemüse und Hülsenfrüchte. Zugrunde gelegt wurden dabei die Speiseplan-Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Auf der Basis durchschnittlicher Erträge und Verluste bei Ernte sowie bei der Sortierung und Verarbeitung hat das Forschungsteam die theoretisch notwendige zusätzliche Öko-Anbaufläche errechnet, um diese Nachfrage-Steigerung dann aus heimischen Quellen zu bedienen. Und zwar für zwei Szenarien: Wenn die Küchen die genannten Lebensmittel zu 30 Prozent auf Bio umstellen und wenn sie diese Lebensmittel zu 100 Prozent in Bio-Qualität einsetzen.
Prozentuale Steigerung **) der aktuellen Fläche bei einem Wareneinsatz von: | |||
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Ökologische Anbaufläche BW *) | 30 Prozent Bio-Produkte | 100 Prozent Bio-Produkte | |
Getreide | 35.526 Hektar | 3 Prozent | 9 Prozent |
Kartoffeln | 737 Hektar | 14 Prozent | 47 Prozent |
Gemüse | 2.020 Hektar | 18 Prozent | 61 Prozent |
Hülsenfrüchte | 5.440 Hektar | 10 Prozent | 33 Prozent |
Quellen: *) Statistisches Landesamt Baden-Württembergund Landesanstalt für Landwirtschaft, Entwicklung und Ländlicher Raum Schwäbisch Gmünd (2020), **) Berechnungen ÖkoTrans (pers. Mitteilung 2023)
Lesebeispiel: Bei einem Bio-Anteil von 30 Prozent in öffentlichen Küchen müsste die Öko-Ackerfläche für Kartoffeln im Südwesten um 14 Prozent steigen. Wenn alle Küchen nur noch Bio-Kartoffeln einsetzen, muss die bereits vorhandene Öko-Fläche für Kartoffeln um 47 Prozent wachsen, um diesen Bedarf rechnerisch zu befriedigen.
Was bedeuten nun diese Berechnungen? Welche Schlussfolgerungen kann man daraus ableiten? Zunächst einmal sei betont: Das sind Überschlagsrechnungen, die eine theoretisch mögliche Steigerung der Öko-Ackerflächen umreißen sollen. Voraussetzung ist natürlich, dass die AHV-Küchen die Bio-Produkte auch regional einkaufen, wenn sie umstellen. Dafür braucht es auch die entsprechenden Strukturen in der Region. Zudem sind die Absatzsicherheit und Preise entscheidende Schlüsselfaktoren, die den Bezug regionaler Bio-Produkte beeinflussen.
Wenn diese Voraussetzungen schrittweise erfüllt werden, kann die öffentliche AHV auch quantitativ einen gewissen Nachfrage-Impuls für heimische Bio-Produkte schaffen. Die Größenordnungen zeigen die Zahlen in der Tabelle für vier Produktgruppen. "Wenn die Küchen darüber hinaus tierische Lebensmittel in Bio-Qualität einsetzen, die von Betrieben mit Grünland erzeugt werden, ergeben sich noch stärkere Steigerungseffekte", so Tim Hakenberg von der Hochschule Rottenburg. Allerdings darf die mögliche quantitative Wirkung aus der AHV auch nicht überschätzt werden. Bei einem realistisch anzunehmenden Bio-Anteil von 30 Prozent in der öffentlichen AHV ergeben sich zwar gewisse Impulse für den heimischen Markt, wenn gleichzeitig regionale Wertschöpfungsketten aufgebaut werden. "Jedoch nicht in dem Ausmaß, um Produktionsmengen abzunehmen, die anfallen, wenn 30 Prozent der Fläche biologisch bewirtschaftet werden", so Tim Hakenberg. Die Bio-Umstellung in der AHV kann rein quantitativ nur ein Baustein einer umfassenden und kohärenten Strategie sein. Qualitativ kann die AHV jedoch entscheidende Impulse für die Transformation entlang der gesamten Wertschöpfungskette leisten. Vor allem strukturelle Effekte auf die Vorverarbeitung, Logistik und Bündelung regionaler Bio-Produkte können über die Impulse aus der AHV erreicht werden. Darauf hatten auch die Autorinnen und Autoren der Studie EVA BIOBW 2030 hingewiesen und das zeigen ebenfalls viele Beispiele in der Praxis.
Letzte Aktualisierung 21.10.2024