Die Fleischreifung ist ein muskelzelleninterner Vorgang. Proteasen (eiweißspaltende Enzyme), die bereits vor dem Schlachten im Muskel aktiv oder gehemmt vorhanden sind, werden nach dem Schlachten freigesetzt und durch den pH-Wert-Abfall aktiviert. Der bevorzugte Angriffspunkt sind die Z-Linien und die I-Bande der Myofibrillen. Dadurch wird die starre Anordnung nach dem Eintritt des Rigor Mortis gelockert und das Fleisch wird zarter.
Weiterhin spielen Kathepsine eine Rolle, die die Kettenlänge der Eiweißketten verkürzen und diese bei bestimmten Aminosäuren in der Aminosäurekette spalten. Die Fleischreifung findet vor allem intrazellulär statt, das extrazelluläre Bindegewebe wird erst angegriffen, wenn nach mehreren Tagen die Zellmembran beschädigt wird. Bei den üblichen Lagerungstemperaturen zwischen -1 und +7 Grad Celsius sollten beim Kalb mindestens sieben Tage und beim Rind mindestens 14 Tage für die Fleischreifung eingehalten werden. Im weiteren Sinne versteht man unter Fleischreifung auch den Abbau von Nukleotiden (ATP und Folgeverbindungen) und Fettsäuren, die das Fleischaroma verändern.
Die Fleischreifung geht auch ohne die Einwirkung von Mikroorganismen - abhängig von der Lagerungstemperatur und Tierart - in die Autolyse, das heißt in die Proteolyse von Proteinen über, die dadurch in die Auflösung geordneter Strukturen von Proteinen und somit zum Verderb führt. Zwischen der optimalen Fleischreifung und dem eindeutigen Verderb, kommt es zu einer Zwischenstufe, bei der das Fleisch seine typische Struktur verliert und eine leberartige Konsistenz aufweist und auch das Fleischaroma erhält eine leichte Lebernote.
Diese biochemischen Veränderungen sind von der Tierart und Lagerungstemperatur abhängig und werden von der Verpackung bzw. der Art der Verpackung indirekt beeinflusst.
Vor allem durch den hohen Gehalt an Eiweiß und Wasser ist Fleisch ein idealer Nährboden für Mikroorganismen (Bakterien, Hefen und Schimmelpilze). Die Hauptverderbniserreger von gekühltem Fleisch sind Bakterien der Gattungen Pseudomonaden und Enterobacteriaceen.
Hauptverderbniserreger in gekühltem Fleisch Bakterienart | Sauerstoff- Bedarf | pH-Wert für Wachstum | Verderbnis- Potential |
Pseudomonaden | strikt aerob | --- | hoch |
Enterobacteriaceae | fakultativ anaerob | kein anaerobes Wachstum bei pH < 5,8 | hoch |
Laktobazillen | aerotolerant anaerob | --- | niedrig |
Brochothrix thermosphacta | fakultativ anaerob | kein anaerobes Wachstum bei pH < 5,8 | (hoch) |
Shewanella putrefaciens | fakultativ anaerob | kein Wachstum bei pH < 6 | sehr hoch |