Im Gewürzhandel hat sich in den zurückliegenden zwanzig Jahren viel verändert. Früher wurde die Ware in den Herkunftsländern grob gereinigt und anschließend verschifft. Die Weiterverarbeitung erfolgte in den Industrieanlagen der Abnahmeländer. Mittlerweile ist es im Bio-Bereich gang und gäbe, dass die Ware nicht mehr als Rohstoff das Herkunftsland verlässt, sondern vor Ort bereits gesiebt und gereinigt wird. Hierzu haben sich freie Erzeugerinnen und Erzeuger teils in Verbänden zusammengeschlossen, um kooperativ Gerätschaften anzuschaffen und Laboruntersuchungen gemeinsam zu schultern.
Diese Kooperationen sind auch oft Ansprechpartner für den Vertragsanbau, bei dem Produzentinnen und Produzenten mit einem Verarbeitungsunternehmen einen festen Liefer- und Abnahmevertrag schließen, oft inklusive eines Garantiepreises. Vorteil für den Vertragsanbau ist die Abnahmegarantie der Rohstoffe zu einem festen Preis und die oft besseren Qualitäten des Rohstoffs durch die gegenseitige Vermittlung von Know-How. Von den kürzeren Handelswegen profitieren preislich sowohl Produzentinnen und Produzenten als auch die Verarbeitungsunternehmen, da Handelsstufen beispielsweise über Agentinnen und Agenten oder Maklerinnen und Makler entfallen.
Neben dem Vertragsanbau spielt aber der freie Markt mit zertifizierten Lieferantinnen und Lieferanten und Maklerbüros die größere Rolle. Auch im Vertragsanbau ist man auf diesen Markt angewiesen. Produktionsmengen über die Verträge hinaus sowie Ernteausfälle werden über den Handel an den freien Märkten wieder ausgeglichen. "Die Warenbeschaffung ist nach wie vor die zentrale Herausforderung", sagt Kai Dräger, Geschäftsführer von Spicebar, "auf die viele Faktoren Einfluss nehmen, vor allem bei Ernteausfällen aber auch die immer wieder kehrende Rückstandsproblematik zum Beispiel durch Verunreinigung der Ernte durch konventionelle Landwirtschaft mit entsprechender Beanstandung in der Kontrolle, so dass eine Vermarktung im Bio-Bereich nicht mehr möglich ist und Ware fehlt. Ähnliches gilt für andere Reklamationen. Dazu kommen sich ändernde gesetzliche Vorgaben. Dafür ist der Markt überschaubar." Während sich im konventionellen Bereich der Handel stark konzentriert hat und der Markt in den Händen weniger liegt, gibt es im Bio-Bereich noch immer eine Vielzahl kleinerer Erzeugungsbetriebe und Handelsunternehmen. Daraus ergeben sich Vorteile. Obwohl die Zahl der Bio-Bäuerinnen und -Bauern für tropische Gewürze nach wie vor gering ist und die Nachfrage steigt, "ist die Warenbeschaffung auch ohne feste Anbauverträge grundsätzlich kein Problem", sagt auch Thomas Walter, Prokurist bei Bode Naturkost. "Ausnahme sind Ernteausfälle durch Witterungseinflüsse. Bislang (Stand Mitte Juni 2020) stellt auch die Corona-Krise keine unüberwindbare Herausforderung dar. Sowohl in den Ursprungsländern für Gewürze als auch in den Bestimmungsländern konnten mittelfristig Ernte, Transport und Verarbeitung aufrechtgehalten werden."
Die Nachfrage nach Bio-Gewürzen steigt. Voraussetzung für den Handel ist eine Zertifizierung nach den Richtlinien der EU-Öko-Verordnung durch eine anerkannte Kontrollstelle. Gemäß der Verordnung dürfen Gewürze nicht mit ionisierenden Strahlen behandelt oder begast werden. Die Gewürze werden regelmäßig von unabhängigen Stellen unter anderem auf Rückstände und mikrobielle Belastungen überprüft. Zudem verzichten die Hersteller von Bio-Gewürzen auf den Einsatz von Trennmitteln wie zum Beispiel Siliciumdioxid (E 551), andere Silikate oder Magnesiumcarbonat (E 504), auf Geschmacksverstärker und Aromen. Alle Zutaten sind stets vollständig deklariert.
Klassiker oder Exot?
Die Nachfrage nach Gewürzen ist je nach Land sehr unterschiedlich. In der deutschen Küche werden eher wenig Gewürze verarbeitet. "Der Schwerpunkt liegt hier bei den Küchenkräutern", sagt Viola Vierk, Inhaberin des Spicy’s Gewürzmuseum in der Hamburger Speicherstadt. Verwendung findet vor allem Sellerie, Dill, Kerbel, Petersilie, Schnittlauch und Liebstock. Aufgrund des geringen Gehalts an ätherischen Ölen kommen diese Kräuter vor allem frisch zum Einsatz. Bei den getrockneten Gewürzen spielt Pfeffer in Deutschland die größte Rolle, es folgen Nelken, Muskat sowie Vanille und Zimt. Dazu werden aktuell Ingwer und Kurkuma zunehmend populärer.
In der mediterranen Küche dagegen regieren Majoran, Oregano, Rosmarin und Thymian. Diese Kräuter sind aufgrund des höheren Gehalts an ätherischen Ölen auch getrocknet sehr würzend. In Syrien wiederum finden Kreuzkümmel, Kurkuma und Kardamom viel Verwendung. Indien ist bekannt für Garam Masala und andere Curry-Mischungen mit schwarzem Kardamom, Zimt, Nelken, schwarzem Pfeffer und Kreuzkümmel, verfeinert mit Fenchel, Chili, Koriandersamen oder Safran. Die Bandbreite der weltweit eingesetzten Gewürze ist enorm. Der Klassiker der deutschen Küche Petersilie ist in anderen Ländern ein Exot. Dagegen gelten Kreuzkümmel und Kardamom hierzulande als exotisch.