Was ist Acrylamid?
Acrylamid ist ein unerwünschter Stoff, der bei typischen Bräunungs- oder Röstprozessen entsteht. Besonders betroffen sind Lebensmittel, die natürlicherweise die Aminosäure Asparagin oder reduzierende Zucker enthalten, wie beispielsweise Kartoffelprodukte, Kaffee, Feine Backwaren, Cerealien oder Getreidebeikost für Säuglinge. Acrylamid bildet sich, wenn in der Produktverarbeitung mit Temperaturen über 120 Grad Celsius gearbeitet wird. Außerdem haben die Erhitzungsdauer, aber auch die Lagerbedingungen Einfluss auf die Acrylamidentstehung.
Es gilt der Vorsorgeaspekt
Ein Nachweis zu Acrylamid wurde 2002 zum ersten Mal von schwedischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern veröffentlicht. Forscherinnen und Forscher haben in den folgenden Jahren in mehreren Tierversuchen mit Nagetieren ein erbgutschädigendes und krebserregendes Potenzial bei Acrylamid in hohen Konzentrationen nachgewiesen. Humanstudien liegen jedoch bisher nicht vor, weshalb noch nicht eindeutig gesagt werden kann, ob eine nahrungsbedingte Aufnahme von Acrylamid an der Krebsentstehung im menschlichen Körper mitwirkt. Das verzehrte Acrylamid wird aber im Magen-Darm-Trakt aufgenommen, in alle Organe verteilt und stark verstoffwechselt, weshalb die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in einer Risikobewertung aus 2015 zu dem Schluss kommt, dass Acrylamid potentiell krebserzeugend für Menschen sein kann und daher die aufgenommenen Acrylamidgehalte so gering wie möglich gehalten werden sollten. Die EFSA legt bei ihrer Bewertung also einen starken Vorsorgeaspekt zugrunde.
Die Acrylamid-Verordnung
Auf Grundlage der EFSA Bewertung wurde am 20.11.2017 die Verordnung (EU) 2017/2158 zur Festlegung von Minimierungsmaßnahmen und Richtwerten für die Senkung des Acrylamidgehalts in Lebensmitteln beschlossen. Die Kommission kommt angesichts der Schlussfolgerungen der EFSA in Bezug auf die potentiell karzinogene Wirkung von Acrylamid zu der Entscheidung, dass verbindliche Maßnahmen zur Senkung des Acrylamidgehaltes für Lebensmittelhersteller gelten sollten.
Diese verbindlichen Maßnahmen sind in der Verordnung wie folgt gestaltet:
- Verpflichtende Anwendung von konkreten Minimierungsmaßnahmen
- Einrichtung von Richtwerten, welche als Signalwerte dienen sollen die Produktionsprozesse bei Überschreitung der Werte genauer zu untersuchen
Bei den Minimierungsmaßnahmen spielen insbesondere Erhitzungsdauer und -temperatur eine große Rolle, sowie der mögliche Einsatz von Zusatzstoffen, die den Acrylamidgehalt verringern können. Die Richtwerte stützen sich auf Erfahrungswerte und Erkenntnisse über das Auftreten von Acrylamid bei bedeutenden Lebensmittelkategorien und werden regelmäßig überprüft. Die Werte werden auf dem niedrigsten Niveau festgelegt.
Was bedeutet das für Bio-Verarbeiterinnen und Bio-Verarbeiter?
Bio-Lebensmittel bestehen aus hochwertigen, vollwertigen und nährstoffreichen Zutaten, die nach traditionellen Rezepturen und Verfahren zubereitet werden. Typisch sind beispielsweise Vollkornmehle und Honig bei Feinbackwaren und Keksen. Diese führen aber natürlicherweise zu höheren Acrylamidwerten. Eine Standardisierung und Einstellung auf immer gleich bleibende Acrylamidwerte lässt sich dabei kaum realisieren, schon allein, weil das Sortenspektrum im Ökolandbau von zugelassenem Öko-Saat- und Pflanzgut abhängig und damit gegenüber konventioneller Sortenauswahl deutlich eingeschränkt ist. Zudem ist die Auswahl an Zusatzstoffen auf ein Mindestmaß (Anhang VIII der VO (EG) 889/2008 ) begrenzt.