Oekolandbau.de: Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten, dass Bio-Lebensmittel keine Schadstoffe enthalten. Sehen Sie das auch so?
Beck: Es gibt keinen Zweifel daran, dass wir möglichst wenige oder gar keine Chemikalien in die Natur entlassen sollten, die potentiell schädlich sind. Pestizide oder andere Chemikalien, die wir nicht anwenden, machen uns später keine Probleme. In einer Welt, in der Chemikalien exzessiv in die Umwelt entlassen werden und zum Bestandteil des heutigen Lebensstils gehören, können wir nicht garantieren, dass Lebensmittel stets frei von jeglicher Kontamination sind. Wer das als oberstes Prinzip einfordert, kommt in Konflikt mit anderen Qualitätszielen.
Oekolandbau.de: Können Sie dazu ein Beispiel nennen?
Beck: Wir haben in den letzten Jahrzehnten viele problematische Chemikalien überall in der Umwelt verteilt. Das können auch Bio-Betriebe nicht rückgängig machen. Wenn die Freilandhaltungen von Huhn, Schwein und Rind jetzt regelmäßig wegen Kontaminationsrisiken unter Druck geraten: Wie wollen wir dann das Versprechen erfüllen, tiergerechte Haltungssysteme zu etablieren?
Oekolandbau.de: Welchen Ausweg sehen Sie aus diesem Dilemma?
Beck: Wir haben dazu keine fertigen Rezepte; die gibt es bei diesen komplexen Fragen nicht. Was wir brauchen, ist eine breite gesellschaftliche Debatte darüber, was wir unter einer zukunftsfähigen Lebensmittelproduktion verstehen. Was ist uns wichtig? Welche Art von Produktionssystemen wollen wir eher fördern, welche eher begrenzen? Bei welchen Rahmenbedingungen hat ein naturalistisches Verständnis von Lebensmittelherstellung überhaupt noch eine Chance? Oder wollen wir die Angstökonomie zu Ende denken? Dann landen wir bei einer synthetischen Erzeugung unserer Lebensmittel, die vollkommen vom Menschen kontrolliert wird. Wir glauben nicht, dass sich Verbraucherinnen und Verbraucher das wünschen.
Oekolandbau.de: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Beck.