Lockdown-Regelungen, Einfuhrbedingungen und Auflagen erschweren den internationalen Handel. Auch in den Produktionsländern selbst konnten und können viele Arbeiten auf Grund der Regulierungen nur beschränkt stattfinden. Zur Ernte auf Teeplantagen kommen teilweise 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammen, berichtet Jan Dellwisch. Zwar findet die Arbeit auf den weitläufigen Feldern in unterschiedlichen Sektionen statt, dennoch wurde stellenweise erst einmal ein Lockdown verhängt, wie zum Beispiel in der bekannten Teeregion Darjeeling. Auch wenn die Lockerungen schnell folgten, macht sich eine Woche Arbeitsstopp sofort bemerkbar: So wuchsen die Teeblätter weiter und die Tee-Knospen öffneten sich bereits, sodass die Produktqualität stark beeinflusst wurde. Zudem stieg der Unkrautdruck. "Eine Woche Lockdown hat folglich gravierende Auswirkungen in der Lebensmittelproduktion." fügt Jan Dellwisch hinzu.
Erwartet uns mehr Betrugsware? Fehlende Bio-Kontrollen bieten Schlupfloch
Durch die fehlenden Bio-Kontrollen vor Ort ist mit der Pandemie auch das Betrugsrisiko gestiegen. Auch wenn die Bio-Kontrollstellen in Europa und weltweit versuchten, so viel wie möglich als Distanzkontrollen durchzuführen, können diese doch einen Besuch vor Ort nicht ersetzen. Dadurch werden Schlupflöcher geboten, die im Zweifelsfall ausgenutzt werden können. "Gegen Ende 2020 gab es Angebote auf dem Markt, die deutlich näher am konventionellen Preis und offensichtlich unter den Produktionskosten für Öko-Anbau lagen. Wir halten an unseren Partnerunternehmen in den Ursprüngen fest und beziehen nur aus uns bekanntem und transparentem Anbau", berichtet Jan Dellwisch.
Schwierigkeiten bei der Produktionsplanung
Probleme in der Planung beschreibt Wilfried Schaffer, zuständig für den Bio-Einkauf und -Verkauf des Unternehmens Meyer Gemüsebearbeitung GmbH, als "ein Stück weit so, wie in die Glaskugel zu schauen". Die Pandemie ließ sich nicht vorhersagen und auch während der Pandemie konnten keine Pläne geschmiedet werden. Viele Kontrakte, die mit Schulen und Kitas vereinbart waren, wurden storniert, so Schaffer. Ein Großteil der Ware konnte jedoch aufgrund der gestiegenen Nachfrage im Lebensmitteleinzelhandel dort abgesetzt werden.
Die Lagerkapazitäten zu erhöhen, um gegen solche Krisen gewappnet zu sein, ist jedoch nicht das Resultat, das Wilfried Schaffer aus der Pandemie zieht. Dies würde lediglich einen möglichen Warenüberschuss bedeuten. Die Kalkulation des Wareneinkaufs basiert auf Kundenanfragen, Prognosen für die Zukunft und den Trends des letzten Jahres. "Besonders die langjährigen Lieferbeziehungen und festen Kontrakte gaben in der Pandemie Sicherheit im Rohstoffeinkauf" betonte Wilfried Schaffer.
Auch Jan Dellwisch berichtet, dass die Lagerung von Waren Risiken mit sich bringen. Unternehmen befinden sich im Spagat zwischen den stets wachsenden Kundenanforderungen an die ökologischen Rohwaren einerseits und der Sicherstellung der Warenverfügbarkeit andererseits.
Wie geht es weiter nach der Pandemie?
Während der Pandemie zeigt sich vor allem die einseitige Logistik als Schwachstelle. Daher wäre es für die Zukunft ratsam, mehr Diversität in die Logistik zu bringen, so Dellwisch. Sowohl zeitlich versetzt, als auch unterschiedliche Reedereien als Transportunternehmen anzuheuern, könnte die Liefersicherheit erhöhen. Auch den Güterzug als Transportmittel verstärkt einzubeziehen, wäre eine Möglichkeit. Weiterhin sei es ratsam, Puffer einzukalkulieren – sowohl bei der Lieferzeit als auch bei den Lieferkosten.
Alexander Beck sieht die Chance für mehr Bio in der Außer-Haus-Verpflegung. Der Neustart, vor dem die gastronomischen Betriebe nun stehen, könnte eine Umstellung auf andere Konzepte ermöglichen.
Wilfried Schaffer hofft, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher das gesteigerte Vertrauen in Bio-Lebensmittel aus der Pandemiezeit mitnehmen. Er persönlich hat sein Vertrauen in langjährige Lieferbeziehungen und feste Kontrakte gefestigt und sieht hier mehr Sicherheit.