Der Weg zu einer erfolgreichen Pressearbeit für Bio-Verarbeiter
Die Medienlandschaft hat sich in den letzten Jahren rapide geändert – vielleicht so stark wie noch nie zuvor. Die klassische Funktion des Journalismus als "Gatekeeper", also Torhüter der Nachrichten, entfällt durch die sozialen Medien. Es ist nicht mehr allein der Journalismus, der darüber entscheidet, was an die Öffentlichkeit dringt und was nicht. Nichtsdestotrotz haben redaktionelle Formate, besonders im lokalen Bereich, eine besondere Funktion. Redakteurinnen und Redakteure wählen aus der Vielzahl an Inhalten aus und bewerten diese für die interessierte Leserschaft, recherchieren und schreiben qualitativ hochwertige Hintergrundberichte. Deswegen ist es nach wie vor sinnvoll, als Bio-Verarbeitungsunternehmen in die Schlagzeilen zu gelangen und eine fundierte Pressearbeit anzustreben.
Wann wird eine Nachricht interessant?
Wann Journalistinnen und Journalisten eine Meldung über ein Bio-Unternehmen veröffentlichen, hängt zum einen von zeitlichen Ressourcen der Redaktion ab, zum anderen ganz wesentlich von sogenannten Nachrichtenfaktoren. Ein Nachrichtenfaktor oder auch der Nachrichtenwert entscheidet darüber, ob ein Thema tatsächlich für die Berichterstattung relevant ist.
Schreiben Redakteurinnen und Redakteure beispielsweise in ihrer Zeitung oder im Netz von der "Hochzeit von Harry und Meghan", dann tun sie das, weil der englische Prinz und seine Frau einen enormen Bekanntheitsgrad in der Bevölkerung innehaben. Dadurch ist gesichert, dass ein Artikel über sie gelesen wird, dass er hohe Klickzahlen oder Einschaltquoten erreicht. Wenn in Südfrankreich ein kleiner Bio-Hof in Flammen gerät, dann ist diese Meldung hierzulande vollkommen uninteressant. Ist es jedoch ein Bio-Hof in ihrer Nähe, dann kommt er mit Sicherheit in die lokalen Schlagzeilen, weil die sogenannte "Betroffenheit und Nähe" der Leserschaft zum Ereignis gegeben ist. Nähe und Prominenz sind also Nachrichtenfaktoren, die darüber entscheiden, ob eine Meldung zur Nachricht und damit veröffentlicht wird. Es gibt aber noch weitere Faktoren: In der Kommunikationsforschung werden verschiedene Dimensionen beschrieben, in denen alle Nachrichtenfaktoren eine Rolle spielen.
1. Dimension: Zeit
Sie bezieht sich auf die Dauer des Geschehens (Kurz- versus Langzeitereignisse) sowie auf die Thematisierung: Handelt es sich um ein langfristig eingeführtes oder ein noch nicht etabliertes Thema?
2. Dimension: Nähe
Sie lässt sich unterteilen in räumliche (geographische), politische und kulturelle Nähe und ermittelt abhängig von dieser Grundlage die Relevanz, also die Bedeutung des Ereignisses und den Grad der Betroffenheit.
3. Dimension: Status
Faktoren sind hier die regionale und nationale Zentralität sowie Prominenz und persönlicher Einfluss der am Ereignis beteiligten Menschen.
4. Dimension: Dynamik
Als entscheidende Faktoren lassen sich hierbei der Grad der Überraschung, aber auch die Struktur des Ereignisses benennen.
5. Dimension: Valenz.
Die Wertigkeit entspricht in dieser Dimension oft dem Wesen einer "bad news" und basiert daher auf Faktoren wie Konflikt, Kriminalität, Schaden und Misserfolgen; zugehörig sind aber im Gegensatz dazu auch Erfolg und Fortschritt.
Die Wesensart der Medien ist es, über Dinge zu berichten, die den Leserinnen und Lesern etwas Neues, etwas Skandalöses oder etwas für sie Relevantes bieten. Deswegen berichten Journalistinnen und Journalisten auch immer über Ereignisse, nicht über Zustände.
Was bedeutet das für Bio-Hersteller?
Dinge, die für einen Bio-Hersteller eine enorme Relevanz besitzen und ihn im Arbeitsalltag umtreiben, müssen noch lange nicht journalistisch relevant sein. Generell spielen Zustandsbeschreibungen in den Medien nur eine untergeordnete bis gar keine Rolle. Ein kleines und mittelständisches Bio-Unternehmen kann sich trotzdem profilieren: Über die Nachrichtenfaktoren Nähe, Status oder Dynamik. Das umfasst Ereignisse, die für die Region, in der ein Unternehmen angesiedelt ist, eine tatsächliche Bedeutung haben. Daraus ergeben sich folgende Möglichkeiten:
- Haben Sie ein spannendes Umwelt- oder Biodiversitätsprojekt ins Leben gerufen? Laden Sie lokale Redakteurinnen und Redakteure ein und stellen ihnen das Projekt vor. Oder bieten Sie an, eine Reportage zum Thema zu machen, bei der diese selbst Hand anlegen können.
- Leisten Sie etwas Besonderes für Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder die Bevölkerung in der Region? Veranstalten Sie beispielsweise ein tolles Event oder haben Sie eine Bio-Mitarbeiterküche eingerichtet? Sagen Sie es den dortigen Medien.
- Haben Sie einen Termin mit (lokaler) Prominenz, Politikerinnen und Politikern etc. vor Ort? Rufen Sie nach dem inoffiziellen Teil eine Pressekonferenz ein und geben Redakteurinnen und Redakteuren die Möglichkeit, Prominente und Unternehmen kennenzulernen.
- Wollen Sie zeigen, wie ein Bio-Unternehmen arbeitet? Veranstalten Sie eine Pressetour. Laden Sie zu ihren Lieferanten und anschließend zu sich in die Produktion ein. Bieten Sie die Möglichkeit für Hintergrundgespräche an.
- Haben Sie Hintergrundinformationen, interessante Persönlichkeiten im Unternehmen oder andere spannende Geschichten? Teilen Sie es mit. Journalistinnen und Journalisten suchen immer die Geschichte hinter der Geschichte. Das heißt, dass beispielsweise nicht die Tatsache entscheidend ist, dass ein Hersteller auf Bio umgestiegen ist, sondern dass er dafür sehr lange nach neuen Lieferanten suchen musste, die seine Vorstellungen von Rohwarenqualität erfüllen. Dafür hat er hart gekämpft. DAS ist eine Geschichte!
- Gibt es interessante Neuerungen im bei den Produkten, Innovationen in der Verarbeitung oder im Vertrieb, die über ihre Region hinweg von wirklicher Bedeutung sind? Wenden Sie sich an die Publikumsmedien, also an größere Tageszeitungen, Internetportale oder Fernsehsender.