Digitaler Marktplatz in Südbaden: Eine Zwischenbilanz

Digitaler Marktplatz in Südbaden: Eine Zwischenbilanz

Ein digitaler Marktplatz kann dabei helfen, Angebot und Nachfrage einer Region zu vernetzen. In Südbaden läuft ein Pilotprojekt seit Februar 2023. Zeit für ein Zwischenfazit: Welche Erfahrungen wurden gemacht? Was sind die Stolpersteine und die Erfolgsfaktoren? Was sind die Herausforderungen für die Zukunft?

Im Februar 2023 starteten die Bio-Musterregion Freiburg und der Badische Landwirtschaftliche Hauptverband (BLHV) die Pilotphase für einen digitalen Marktplatz in der Region. Die Online-Plattform der Initiative nearbuy soll einerseits den AHV-Küchen dabei helfen, bioregionale und regionale Produkte zu beschaffen; gleichzeitig soll sie Betrieben aus Landwirtschaft, Verarbeitung und Handel die Vermarktung ihrer Produkte erleichtern. Beide Seiten können den digitalen Marktplatz nutzen, um ihr jeweiliges Angebot beziehungsweise ihre Nachfrage mit wenigen Klicks bekannt zu machen.

Aber nicht nur das: Wenn das digitale Tool eine Übereinstimmung (englisch: Matching) feststellt, werden beide Seiten informiert: „Hier ist ein aktuelles Angebot für Ihre Anfrage XY“ oder „Hier sucht eine Küche diese Menge von jenem Produkt“. So können Produktionsbetriebe beispielsweise kurzfristige Überschüsse schnell kommunizieren. Das spart beiden Seiten Zeit für aufwendige Recherchen. Tasmin Taskale, Referentin für Vermarktung beim BLHV zieht deshalb eine positive Zwischenbilanz: „Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass die Verbindung aus Vernetzungsveranstaltungen und digitaler Plattform einen Beitrag leisten kann, um mehr regionale Produkte auf den Tisch von Kantinen zu bringen“.

    Was wurde bisher erreicht?

    Seit Anfang 2023 haben sich bis heute über 100 Betriebe auf der Online-Plattform registriert.

    In der Plattform registrierte Betriebe

    März 2024

    Erzeugende und verarbeitende Betriebe

    65

    Große und kleine Küchen in Kita, Schule, Unternehmen und Gastronomie

    30

    Bündelnde und liefernde Betriebe

    8

    Summe

    103

      Die registrierten Betriebe haben inzwischen hunderte Produktangebote sowie Produktgesuche auf die Plattform gestellt. Allerdings sind die erreichten Handelsbeziehungen nicht quantitativ messbar. Doch Rückmeldungen von registrierten Betrieben belegen, dass neue Kontakte entstehen. „Tatsächlich stellen wir fest, dass über die Plattform neue Geschäftsbeziehungen geknüpft werden“, berichtet Andrea Kühner, die Regionalmanagerin der Bio-Musterregion Freiburg.

      „Wir haben von der Plattform einen konkreten Nutzen, weil wir darüber erfahren, welche Betriebe in der Region was anbieten“, versichert Willi Zimmermann. Der Küchenleiter ist beim Freiburger Catering-Unternehmen Zahner Feinkost für den Einkauf zuständig. Frank Jentsch, Leiter des Lebensmitteleinkaufs bei den Gastronomiebetrieben des Uniklinikums Freiburg, bestätigt ebenfalls: „Wir haben über die Plattform neue Lieferantinnen und Lieferanten wie auch Produkte gefunden“. Und Valentin Oswald, Geschäftsführer der Regionalwert Frischekiste in Freiburg, sagt: „Über die Plattform finde ich vor allem Kontakte zu neuen Bio-Produzentinnen und Produzenten oder Lieferantinnen sowie Lieferanten. Das ist mein Hauptmotiv“. Allerdings räumt er auch ein, dass vieles durch die persönlichen Treffen im Rahmen des Pilotprojekts entstanden ist.

      Erfolgsfaktor: persönliche und digitale Vernetzung

      Solche analogen Treffen in der Region zu organisieren, war tatsächlich ein entscheidender Faktor für den Erfolg. „Immer wieder haben wir Netzwerktreffen mit einem thematischen Fokus angeboten“, so Andrea Kühner. Genau diese Möglichkeiten zur persönlichen Begegnung sind stets gut angekommen – sowohl bei den bereits registrierten Betrieben wie auch bei Interessenten, die sich einfach nur mal informieren wollten. „Die Plattform kann und soll persönliche Beziehungen nicht ersetzen“, betont die Regionalmanagerin. „Am sinnvollsten ist eine Kombination aus beidem. So kann auch durch die digitale Kontaktaufnahme eine persönliche Beziehung wachsen“.

      Herausforderung: Logistik und Bündelung

      „Trotzdem gibt es noch viel zu tun: Insbesondere die Logistik und Bündelung stellt die Betriebe vor große Herausforderungen“, räumt Tasmin Taskale ein. Die digitale B2B-Plattform will deshalb nicht nur vertikal – also entlang der Wertschöpfungskettevernetzen, sondern sie soll auch horizontal die Kontaktaufnahme und die Zusammenarbeit unter Betrieben fördern. Der Austausch unter den Betrieben soll dabei vor allem der Bündelung des Angebots und der Logistik dienen. So bietet die Plattform schon jetzt die Möglichkeit anzugeben, ob man selbst Produkte anderer Betriebe für die Auslieferung an Küchen bündeln kann. Für die nächste Zeit ist geplant, einen Marktplatz für Logistik einzurichten. Dort können die Betriebe dann Kapazitäten und Gesuche für den Transport, Lagermöglichkeiten und Bündelungskapazitäten eingegeben. „Von dieser Transparenz auf Logistik-Ebene versprechen wir uns einen großen Mehrwert für die Betriebe“, so Susanne Geßner von nearbuy.

      Wie geht es weiter – ein Ausblick

      Die einjährige Testphase bis Februar 2024 wurde ermöglicht durch die finanzielle Unterstützung der Stadt Freiburg. Im Augenblick kann die Plattform noch mit den vorhandenen Ressourcen betrieben werden. Mittelfristig muss der digitale Marktplatz jedoch auf eine wirtschaftlich nachhaltige Grundlage gestellt werden. Geplant ist deshalb eine niederschwellige Nutzungsgebühr für die Betriebe. Sobald die Details geklärt sind, werden die teilnehmenden Betriebe informiert und die Konditionen auf der Website veröffentlicht.

      Und zu allerletzt stellt sich bei so einem Pilotprojekt natürlich die Frage: Würde es nicht Sinn ergeben, so eine Plattform über die bisherigen Verwaltungsgrenzen hinaus auszuweiten, um besser Synergien nutzen zu können? Beispielsweise um vorhandene Kapazitäten bei vorverarbeitenden Betrieben besser auszulasten. So haben die Erfahrungen in Freiburg bereits gezeigt, dass die Lieferbeziehungen nicht an administrativen Grenzen halt machen. Auch Betriebe aus Nachbarlandkreisen der Bio-Musterregion Freiburg haben sichbei der Plattform registriert, was durchaus erwünscht ist. Aber damit stellt sich natürlich die Frage: Wer könnte für eine systematische Ausweitung die notwendigen Impulse geben und in den interessierten Regionen jeweils eine Vernetzungsfunktion übernehmen?

      Weitere Herausforderungen:

      • Die Logistik und Bündelung von Angebot und Nachfrage bleibt eine Herausforderung, weil für die Lieferanten die Wege zur Auslieferung einzelner Produkte oft nicht rentabel sind.
      • Bisher basiert das Netzwerk immer noch stark auf einer intensiven persönlichen Begleitung. Damit in der Plattform genügend Dynamik und Umsätze entstehen, braucht es noch mehr Eigeninitiative aufseiten der Betriebe („aktives Suchen und Anbieten“).
      • Für die Zukunft wäre es interessant, wenn die Betriebe über eine App aktuelle Gebote und Gesuche niederschwellig in der Plattform einpflegen könnten.

      Ist Ihr Online-Marktplatz zum Aufbau regionaler Wertschöpfungsketten bei diesen Weblinks nicht dabei? Gerne schicken Sie uns eine E-Mail an info@oekolandbau.de!

      Letzte Aktualisierung 23.04.2024

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