Mehrwerte von Bio in der Außer-Haus-Verpflegung kommunizieren

Mehrwerte von Bio in der Außer-Haus-Verpflegung kommunizieren

Der ökologische Anbau bietet viele Antworte auf globale Krisen. Aber wie können Küchen der Gemeinschaftsverpflegung diese Mehrwerte kompakt und verständlich auf den Punkt bringen?

Wenn Großküchen sich auf den Weg einer nachhaltigen Verpflegung machen und beginnen, Bio-Lebensmittel einzusetzen, steht natürlich die Frage nach dem richtigen Kommunikationskonzept im Raum: Wie begeistere ich das eigene Küchenteam für Bio? Welche Mehrwerte von Bio kommuniziere ich gegenüber den Tischgästen? Sie wollen ja vor allem ein gutes Essen bekommen – und keine Info-Veranstaltung. Das ist in aller Regel eine Gratwanderung für die Verantwortlichen in der Gemeinschaftsverpflegung.

Die Küchen möchten zeigen, dass sie sich für eine nachhaltige Ernährung engagieren, und die Vorteile von Bio benennen. Gleichzeitig sollen die Tischgäste aber nicht bevormundet werden. Wer hier Stolpersteine vermeiden möchte, richtet keine Appelle an andere, sondern fängt an, von sich selbst zu sprechen: "Wir verwenden Bio-Produkte, weil wir damit …"

Glaubwürdig, emotional und mit guten Argumenten

Für eine gelungene Kommunikation ist es hilfreich, sich an einem altbewährten Dreiklang zu orientieren:

  • Authentisch kommunizieren,
  • Emotionen wecken und
  • mit guten Argumenten überzeugen.

Denn am Anfang der Kommunikation steht immer die entscheidende Frage: Wie authentisch und glaubwürdig ist die Person oder Organisation, die etwas sagt? "Den Ehrbaren nämlich glaubt man eher und schneller, bei allen Gegenständen schlechthin, besonders aber bei solchen, die sich nicht genau entscheiden lassen", schrieb Aristoteles bereits im 4. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung in seiner "Rhetorik". Das ist heute so aktuell wie in der Antike. Denn es macht einen Unterschied, wer etwas sagt. Ein Bio-Landwirt, eine Bäckerin aus der Region oder ein gemeinnütziger Verein werden häufig als authentischer wahrgenommen als Informationen aus der Pressestelle eines Unternehmens oder Aussagen der Politik.

Praxistipp

Wenn Küchen bestimmte Lebensmittel von Bio-Lieferanten aus der Region einkaufen, können sie diese mit in die Kommunikation einbinden: "Unsere Kartoffeln stammen vom Bio-Betrieb XY in Kornhausen". Oder mit einem Foto und einem Zitat konkret auf eine regionale Landwirtin oder einen Gemüsegärtner hinweisen. Auch regionale Vereine können bei Aktionstagen in den Küchen mitmachen und zur Glaubwürdigkeit beitragen.

Emotionen

Emotionen spielen für die kognitive Verarbeitung von Informationen eine wichtige Rolle. Was in uns Gefühle und Bilder im Kopf auslöst, wirkt stärker und bleibt besser im Gedächtnis. Machen Sie einen Selbstversuch. Welches Bild sehen Sie, wenn Sie die folgenden Sätze lesen: Der ökologische Landbau erbringt Leistungen für Umwelt- und Ressourcenschutz. Oder wenn Sie lesen: Auf Öko-Höfen leben viel mehr Regenwürmer und bohren dort ihre Gänge in den Boden.

Verwendet Ihre Küche eine lange vergessene Hülsenfrucht, die regionale Bio-Höfe jetzt wieder anbauen – dann beschreiben Sie das konkret! Und wieso braucht es die Nachfrage in der AHV, damit diese Betriebe auch wirtschaftlich bestehen können? Schaffen Sie so Bezüge zu den Höfen in Ihrer Region. Emotionen sind entscheidend, wenn wir Menschen erreichen wollen. In diesem Kontext dürfen und sollten auch Wertvorstellungen angesprochen werden, die Ihr Handeln leiten. "Tierwohl liegt uns am Herzen. Deshalb kaufen wir unsere Fleischprodukte von…".

Last but not least gehören ins Paket der gelungenen Kommunikation immer auch gute und nachvollziehbare Sach-Argumente.

Starke Argumente anschaulich machen

Vor allem, wenn wir Menschen erreichen wollen, die den Öko-Landbau eher kritisch sehen ("können wir uns Öko-Landbau leisten?“ oder "für uns gibt es doch Wichtigeres") kann es sinnvoll sein, den biologischen Landbau nicht als hoch gestecktes Ziel an den Beginn der Kommunikation zu stellen. Sondern als Mittel, um Gemeinwohl-Ziele zu erreichen, für die es eine breite Akzeptanz gibt. Das altbekannte Motto "Tue Gutes und rede darüber" sollte auf jeden Fall so qualifiziert werden. Denn "Bio" allein ist nicht automatisch in den Augen aller Menschen "etwas Gutes". Der richtige Einstiegin die Kommunikation hängt deshalb stark von den Zielgruppen ab, die angesprochen werden sollen.

Schutz des Trinkwassers

Hier könnte die Argumentation beispielsweise so aussehen: Wir alle brauchen sauberes Wasser zum Trinken. Der Öko-Landbau dient nachweislich dem Trinkwasserschutz. Wenn die Flächen eines Wassereinzugsgebiets auf Öko-Landbau umgestellt werden, kann das die Nitrat-Belastung der Gewässer erheblich reduzieren. Kompakt hieße das: "Wir verwenden in unserer Küche das Lebensmittel XY von Bio-Hof AB und tragen damit zum Trinkwasserschutz in der Region bei".

Inzwischen sprechen sich auch Verbände der Wasserwirtschaft und Trinkwasserversorger für den Öko-Landbau aus. Diese Organisationen machen das nicht aus "ideologischen Gründen", sondern weil der Öko-Landbau Aufwand und Kosten bei der Trinkwassergewinnung spart. Dafür gibt es anschauliche Beispiele:

Öko-Landbau fördert die Biodiversität

Ohne dass uns die Natur eine Rechnung stellt, nutzen wir viele Leistungen von Ökosystemen. Weltweit sind beispielsweise etwa drei Viertel unserer Kulturpflanzen von der Bestäubung durch Tiere, vor allem Insekten, abhängig. "Für Deutschland nehmen wir einen Wert von 80 Prozent an", schätzt Prof. Dr. Josef Settele vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Halle an der Saale und Co-Chair im Weltbiodiversitätsrat IPBES.

Für den Erhalt der Biodiversität spielen viele Faktoren eine Rolle. Auch der Öko-Landbau kann hier einen Beitrag leisten. Auf Öko-Betrieben kommen im Vergleich zu konventionellen Flächen im Durchschnitt 30 Prozent mehr Arten und 50 Prozent mehr Individuen vor. Dadurch verbessert der Ökolandbau wichtige Ökosystemleistungen wie die natürliche Bestäubung oder die Schädlingsregulation.

Bodenfruchtbarkeit

In welchem Zustand wollen wir die landwirtschaftlich genutzten Böden unseren Nachfahren übergeben? Diese Frage bewegt viele Menschen, vor allem auch jene, die in der Landwirtschaft arbeiten. Wissenschaftliche Studien belegen dabei die deutlichen Vorteile des Öko-Landbaus für die Bodenfruchtbarkeit: In Bio-Böden leben im Mittel 78 Prozent mehr Regenwürmer und ihre Biomasse ist fast doppelt so hoch (+94 Prozent). Gleichzeitig deuten viele Regenwürmer auf einen fruchtbaren und biologisch aktiven Boden mit einer guten Bodenstruktur hin. Zudem sind die Oberböden im ökologischen Landbau deutlich weniger versauert. Das wirkt sich positiv auf das Pflanzenwachstum aus. Den Boden nachhaltig zu bewirtschaften und die Bodenfruchtbarkeit zu fördern, ist deshalb ein Kernelement des Öko-Landbaus.

Klima-Anpassung

Die Landwirtschaft ist in hohem Maße vom Klimawandel betroffen. Aber sie kann auch einen wichtigen Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel leisten. Ökologisch bewirtschaftete Ackerböden haben einen höheren Humusgehalt, eine höhere Aggregatstabilität und eine höhere Infiltrationsrate. Das bedeutet: Bei Niederschlag kann mehr Wasser in den Boden versickern. Das hat mehrere Vorteile: Die Pflanzen haben in Trockenzeiten mehr Feuchtigkeit im Boden und gleichzeitig fließt bei starkem Regen weniger Wasser an der Oberfläche ab. Der ökologische Landbau ist also ein Beitrag zum flächigen Hochwasserschutz. Er sollte deshalb in Strategien zur Klimaanpassung eine wichtigere Rolle spielen, als es derzeit (noch) der Fall ist. Das ist ein Argument, das in der breiten öffentlichen Diskussion bisher noch zu wenig bekannt ist und mehr Aufmerksamkeit verdient. Denn volkswirtschaftlich gerechnet kostet Schadensvermeidung weniger als Schadensbehebung.

Klimaschutz

Der Öko-Landbau verzichtet auf chemisch-synthetischen Stickstoff-Dünger, der mit hohem Energieaufwand produziert wird. Das spart Treibhausgasemissionen. Zudem fördern ökologische Bewirtschaftungspraktiken den Humusaufbau im Boden. Dadurch kann Kohlenstoff aus der Atmosphäre im Boden gebunden werden. Bei den Methan-Emissionen von Rindern schneidet der Öko-Landbau allerdings schlechter ab, wenn man die THG-Emissionen auf den Liter Milch oder das Kilogramm Fleisch bezieht. Diese rein sektorale Betrachtungsweise greift jedoch zu kurz für eine Gesamtbewertung. Wiederkäuer sind ein wichtiges Element im Öko-Landbau zur Nutzung des Grünlandes und für die Kreislaufwirtschaft. Die Agrarwende braucht deshalb immer auch eine Umstellung unserer Ernährungsstile. Heißt konkret: Weniger tierische Produkte und mehr pflanzliche Lebensmittel auf den Teller. Das entspricht im Übrigen auch den aktuellen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und der Planetary Health Diet.

Schweizer Messer unter den Landbau-Methoden

Fazit: Der ökologische Landbau erbringt zahlreiche gesellschaftliche Leistungen, von denen wir alle profitieren. Darauf können Küchen der Gemeinschaftsverpflegung kompakt und zielgruppengerecht hinweisen. Wissenschaftliche Studien belegen ganz klar die Vorteile des Ökolandbaus für den Umwelt- und Ressourcenschutz. Die Umstellung auf Bio bietet am Ende ein ganzes Bündel an Mehrwerten. Wie ein Schweizer Taschenmesser. Es besticht durch seine hochwertige Qualität und seine vielen Funktionen - ist aber nicht zum Schnäppchenpreis zu haben.


Letzte Aktualisierung 18.04.2024

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