Öko-Forschung

Forschen für die Praxis

Klimawandel und Wachstum – um fit für die Zukunft zu sein, braucht die Bio-Branche viel Forschung. Das Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖL) investiert hierfür jährlich 20 Millionen Euro. Viola Molkenthin vom BÖL erklärt uns, wohin die begrenzten Mittel fließen.

Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im Rahmen des BÖL

Jedes Jahr stehen dem Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖL) etwa 20 Millionen Euro zur Verfügung, um Forschungsprojekte zu finanzieren. Mit diesem Budget werden Projekte aus allen Bereichen der ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft gefördert, vom Acker-, Obst- und Gemüsebau über die Tierhaltung bis hin zur Verarbeitung und Vermarktung von Bio-Produkten.

Oekolandbau.de: Seit 2002 fördert das BÖL Forschungsprojekte. Welche Fragen haben den ökologischen Landbau vor zwanzig Jahren bewegt und welche heute?

Viola Molkenthin: Anfangs ging es darum, den Status quo zu erfassen. Also wo steht der ökologische Landbau überhaupt? Weiterhin standen einzelne detaillierte Fragen im Fokus der Forschenden. Zum Beispiel in der Tierhaltung ganz konkret: welche Düngungsmaßnahmen verbessern die Qualität von Futterpflanzen wie Rot- und Weißklee.

Oekolandbau.de: Und das ist heute nicht mehr interessant?

Molkenthin: Doch, aber wir stellen unsere Forschungsfragen heute viel breiter und interdisziplinärer. In diesem Beispiel würde die Frage lauten: Wie bekommen wir optimale Eiweißfuttermittel? Da würden wir die Züchtung, die Anbaumethoden und die Ernte der Futterpflanzen unter die Lupe nehmen. Außerdem schauen wir die Ernteprodukte an und machen vielleicht noch Fütterungsversuche in der Tierhaltung. Dazu bilden sich Netzwerke aus vielen Forschenden und Akteurinnen und Akteuren aus Verbänden und der Praxis. Auch sozioökomische Fragen kommen hinzu. Heute interessiert uns die ganze Wertschöpfungskette: vom Anbau der Pflanzen oder von der Tierhaltung über die Verarbeitung der Lebensmittel bis zum Handel und Verbraucherverhalten.

Oekolandbau.de: Welche Forschungsfragen beschäftigen uns in Zukunft?

Molkenthin: Die große Herausforderung der Zukunft heißt Resilienz, also Widerstandsfähigkeit. Wie können wir unsere Produktionssysteme stärken, damit sie stabil bleiben in Zeiten des Klimawandels. Das beginnt bei der Züchtung. Es geht aber auch um neue Anbausysteme wie beispielsweise den Mischanbau von Mais und Bohnen. Vielleicht verlangen Böden und Klima künftig überhaupt mehr Abwechslung im Anbau. Bei den Methoden kommt der Trend zur Digitalisierung dazu. Wie können uns Roboter auf dem Feld helfen, um genauer und ressourcenschonender zu arbeiten?

Ähnliche Fragen stellen sich in die Tierhaltung. Spannend ist auch, wie die von der Landwirtschaft erbrachten gesellschaftlichen Leistungen künftig honoriert werden können.

Oekolandbau.de: Wer bestimmt, welche Projekte gefördert werden?

Molkenthin: Ein Begleitausschuss mit Akteurinnen und Akteuren aus Forschung, Verbänden wie dem Bauernverband, dem Bund für ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) und dem Bundesverband Naturkost und Naturwaren (BNN) berät uns. Die drängendsten Fragen sind 2018 in der Zukunftsstrategie ökologischer Landbau (ZöL) beschrieben. Die haben viele Akteurinnen und Akteure der ökologischen Lebensmittelwirtschaft in einem partizipativen Prozess erarbeitet. Außerdem kommen auch Anregungen aus unserer Geschäftsstelle und natürlich Vorgaben von der Politik. Zum Beispiel wird die Reduktion der Torfnutzung derzeit intensiv erforscht, um die Moore zu schützen.

Oekolandbau.de: Können Landwirtinnen und Landwirte auch Ideen einbringen?

Molkenthin: Sie können uns direkt anschreiben oder uns auf Veranstaltungen zum Wissenstransfer Anregungen geben. Bei vielen Forschungsprojekten können sie auch mitmachen. Zum Beispiel beim Projekt Nutrinet. Dabei geht es um eine effizientere Pflanzenernährung. Hier arbeiten Forschende, Landwirtinnen und Landwirte in regionalen Praxisforschungsnetzwerken eng zusammen und profitieren voneinander. Die meisten Versuche finden nicht an den Forschungsinstitutionen, sondern direkt auf den Bio-Betrieben statt. Damit genug Zeit für den Aufbau von Netzwerken ist, haben wir dieses Projekt auf fünf statt der sonst üblichen drei Jahre ausgelegt.

Die Zusammenarbeit zwischen Forschung und Praxis ist bei uns selbst Gegenstand der Forschung. Wir wollen eigene Module zur Praxisforschung entwickeln und den Wissenstransfer verbessern.

Oekolandbau.de: Was heißt das praktisch?

Molkenthin: Wir möchten, dass die Menschen in Landwirtschaft, Verarbeitung und Handel die aktuellen Forschungsergebnisse schnell erfahren und umsetzen können. Dazu machen wir viele Veranstaltungen, aber auch Berichte in einer verständlichen Sprache. Jedes Forschungsprojekt muss seine Ergebnisse in einem zweiseitigen Merkblatt zusammenfassen. Auch der neue Forschungsbereich auf Oekolandbau.de soll helfen, die Ergebnisse publik zu machen.


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