Detailansicht

Nachrichten

Bio-Recht: Spielraum für Verbesserungen nutzen

Die EU-Öko-Verordnung ist das strengste Regelwerk für den umweltgerechten Anbau und die Verarbeitung von Lebensmitteln. Sie setzt klare Regeln von der Öko-Pflanzenzüchtung über die artgerechte Tierhaltung, die schonende Lebensmittelherstellung bis hin zu den Themen des Imports und der engmaschigen Öko-Kontrolle. Bei einer Veranstaltung des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) während der Biofach, der Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel, diskutierten Fachleute Herausforderungen bei der Umsetzung des noch neuen Rechts.

Logo des BÖLW

Claudia Ebach aus dem Referat Ökologische Lebensmittelwirtschaft im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) erläuterte die Herausforderungen beim Umbau der Bio-Importregeln: Mit einer Reihe von Staaten müssten bis 2027 Bio-Handelsabkommen geschlossen werden. Die EU-Kommission arbeite an der Anerkennung "konformer Kontrollstellen", damit diese auch ab 2025 weiterhin in Drittstaaten nach der EU-Öko-Verordnung zertifizieren können und die Warenströme ab 2025 weiterlaufen könnten. Die BMEL-Vertreterin wies auch auf die Arbeit der EU-Kommission hin ab 2026 eine Positivliste für Reinigungs- und Desinfektionsmittel vorzulegen. Ebach sprach sich aus Gründen der Praktikabilität für eine Negativliste aus, deren Umsetzung aus rechtlichen Gründen allerdings fraglich sei. 

Bei der Untersuchung des Verdachts auf einen Verstoß verursacht durch Kontaminationen müsse die Ursache der Verunreinigung festgestellt werden. Dafür gebe die EU-Kommission Auslegungshinweise und es werde ein Handbuch für den Umgang mit Kontaminationen erstellt. Für Vorschläge zur Entbürokratisierung zeigte Ebach sich offen. 

Christian Novak von der Landesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung in Bayern zog aus der Perspektive einer Bio-Kontrollbehörde ein positives Fazit zur Anwendung des neuen Bio-Rechts. Unklare Punkte beim Bio-Recht seien weitgehend geklärt, die Regeln blieben jedoch komplex. Seine Behörde bemühe sich aktuell um eine einfache Klärung der Aufgabenteilung zwischen Behörden und Bio-Kontrollstellen. Herausfordernd seien aufgrund der Personalknappheit neue Aufgaben wie die Importkontrollen, für die die Länderbehörden mit dem neuen Bio-Recht zuständig wurden. Mit Blick auf Importe sprach sich Novak für mehr unternehmerische Verantwortung und Sorgfalt aus, um unnötige Fehler zu vermeiden und eigene Prüfungen oder Maßnahmen nachvollziehbar zu dokumentieren. Im Umgang mit Kontaminationsfällen bemühe sich die Behörde um angemessene Bewertung. 

Christine Gonzalez, Abteilung Qualitätssicherung und Zertifizierung bei der Martin Bauer GmbH, schilderte die Herausforderungen für ein Unternehmen, das eine Vielzahl an Rohstoffen aus vielen Ländern verarbeitet. So könne ein falsches Datum auf einer Kontrollbescheinigung dazu führen, dass importierte Bio-Waren vernichtet, konventionell verkauft oder ins Ursprungsland zurückgeschickt werden müssten, auch wenn der Bio-Status an sich nicht in Frage stehe. Auch sei es ein großes Risiko für Unternehmen in der EU, wenn ihre Lieferanten in Drittländern erst kurz vor der Umstellung des Importregeln Anfang 2025 erführen, ob ihre Kontrollstelle weiterhin zugelassen sei. Besondere Schwierigkeiten gebe es immer wieder beim Auftreten von Kontaminationen in Bio-Produkten. Drittlandkontrollstellen erkennen teilweise ohne rechtlich Grundlage den Bio-Status der Produkte ab oder Behörden bewerteten Befunde z.T. ungerechtfertigt als möglichen Verstoß gegen das Bio-Recht. Es finden unsinnige Doppeluntersuchungen von Chargen statt, auch wenn diese bereits gründlich geprüft wurden. Beides verursache immensen Aufwand und Kosten für Unternehmen und animiere Lieferanten zum Aussteigen aus Bio. Gonzalez rief deshalb zu einem rechtssicheren und verhältnismäßigen Vorgehen bei Kontaminationsfällen auf, das die möglichen Auswirkungen für die Unternehmen berücksichtigt.

Georg Eckert, Kontrollstellenleiter ABCert und Präsident der europäischen Bio-Kontrollstellenvereinigung EOCC, kritisierte die wachsende Zahl detailreicher Auslegungen des Öko-Rechts, die den bürokratischen Aufwand für Unternehmen und Kontrollstellen erhöhten. So sei das Formular zur Anmeldung zum Kontrollverfahren so kompliziert, dass die Unternehmen es nicht korrekt ausfüllen könnten. Die fehlende Digitalisierung erschwere alle Prozesse. Da Kontrollstellen keinen Zugang zu Datenbanken wie InVeKoS haben, müssten Betriebsdaten unnötigerweise jährlich erneut erhoben werden. Der neue nationale Katalog, der Maßnahmen bei Abweichungen von Vorgaben des Bio-Rechts und eine Einordnung der Verstöße vorgibt, führe zu neuer Unsicherheit und werde nicht einheitlich und rechtssicher umgesetzt. Eckert kritisierte ebenfalls unbegründete Aberkennungen bei Kontaminationsfällen, wiederholte Meldungen und Untersuchungen bereits bewerteter Fälle sowie die pauschale Behandlung von Kontaminationen als Verdachtsfälle. Er plädierte für eine angemessenere Verwaltungs-, Kontroll- und Umsetzungspraxis, durch die unnötige Warensperrungen und Unsicherheiten bei Bio vermieden werden könnten.

Um das 30 % Bio-Ziel zu erreichen, müssen die Spielräume für eine angemessene Umsetzung des Bio-Recht genutzt werden. Unsinnige Bürokratie muss abgebaut werden, denn die Betriebe unterwerfen sich freiwillig dem Bio-Recht, resümierte der geschäftsführende Vorstand des BÖLW, Peter Röhrig zum Abschluss der Veranstaltung.

Quelle: Pressemitteilung Bundesverband Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW)

Das BZL twittert

BÖLW – Branchenreport 2021

Zahlen und Fakten zur Bio-Branche in Deutschland.

Zur BÖLW-Webseite

Nach oben
Nach oben