Rinder auf dem Hof schlachten – wie läuft das ab?

Rinder auf dem Hof schlachten – wie läuft das ab?

Nach wie vor wird beim Thema Tierwohl vor allem auf die Haltung geschaut. Die Schlachtung wird gerne ausgeblendet. Werden Tiere in vertrauter Umgebung geschlachtet, kann das den Stress erheblich reduzieren – oder sogar völlig vermeiden. Wie läuft das bei Rindern ab? Ein Blick in die Praxis zeigt, wie Bio-Betriebe ihren Tieren Stress und Leid ersparen.

Was bedeutet teilmobile Schlachtung?

Nach einer Rechtsänderung im Jahr 2021 ist es für Höfe einfacher geworden, Tiere direkt vor Ort schlachten zu lassen. Die Voraussetzungen dafür sind unter anderem, dass eine mobile und durch das Veterinäramt zugelassene Schlachteinheit verwendet wird und dass eine Tierärztin oder ein Tierarzt anwesend ist. Wie läuft eine solche Schlachtung ab?

Ein Schlachtprozess besteht aus mehreren Schritten. Er beginnt mit der Betäubung des Tieres und endet mit der Grobzerlegung. Werden Tiere auf dem Hof geschlachtet, werden meist nur die ersten Teilschritte vor Ort vorgenommen: Die Betäubung und Tötung des Tieres. Die weiteren Teilschritte erfolgen in einem Schlachthof. Deshalb spricht man auch von teilmobiler Schlachtung.

Ruhe und gewohnte Umgebung zur Stressvermeidung

Bei der Schlachtung auf dem Hof arbeiten Landwirtin oder Landwirt und die Verantwortlichen vom Veterinäramt und vom regionalen Schlachthof Hand in Hand. Das Tier wird zunächst in einen Fangstand geführt beziehungsweise gelockt. Dort wird der Kopf in einem Fangrahmen fixiert und das Tier mit Futter abgelenkt. Dann wird das Rind mit einem Bolzenschussgerät betäubt. Bis hierhin läuft alles ohne Hektik ab: die vertraute Umgebung und Stimme der bekannten Betreuungsperson und optimaler Weise die vertrauten Tiere in Sichtweite beruhigen das Tier.

Danach muss alles blitzschnell gehen. Die sachkundige Person setzt einen Brust- oder Halsstich und das Blut fließt in eine Auffangwanne. Die Entblutung muss innerhalb von 60 Sekunden nach dem Bolzenschuss erfolgen. Erst jetzt gilt das Tier als tot. Der Tierarzt oder die Tierärztin dokumentiert den Entblutungszeitraum.

Schritte der teilmobilen Schlachtung

Was bedeutet Weideschuss?

Eine besondere Form der Schlachtung im Herkunftsbetrieb ist die Methode des Weideschusses. Rinder, die ganzjährig auf der Weide leben, dürfen ohne Fixierung durch einen Gewehrschuss auf einem abgegrenzten Bereich der Weide betäubt beziehungsweise getötet werden. Wenn die Tiere dabei von den ihnen vertrauten Tieren umgeben sind, ist es so möglich, die Schlachtung ohne jeglichen Stress für die Tiere durchzuführen. Um den Weideschuss durchzuführen, sind zusätzliche Auflagen des Waffenrechts zu erfüllen oder die Betriebe arbeiten mit einer Jägerin oder einem Jäger zusammen.

Bio-Landwirt Günther Rauch ist großer Verfechter der Tötung durch Weideschuss. Als Gesellschafter der Weideschuss.Bio GmbH hat er sich die würdevolle und ethisch korrekte Schlachtung seiner Tiere auf die Fahne geschrieben. Die Tötung erfolgt per Weideschuss, das Fleisch wird durch den Bio-Spitzenkoch Alfred Fahr zu hochwertigen, küchenfertigen Gerichten verarbeitet. "Unsere Gerichte sprechen nicht nur alle Sinne an, sondern sind dank regionaler Rohstoffe und Wertschätzungsketten das Ergebnis einer fairen Zusammenarbeit aller Beteiligten. Das steigert die Wertschätzung der Region und unserer Fleischprodukte und zahlt sich aus", so Mitgesellschafter Franz Berchtold.


Film ab: Weideschlachtung – Eine Schlachtmethode für mehr Schutz und weniger Stress für die Tiere (Mai 2015)


Statt Lebendtransport zum Schlachthof: das tote Tier wird transportiert

Nach der Entblutung muss das tote Tier innerhalb von zwei Stunden in einem stationären Schlachthof sein, wenn der Schlachtanhänger nicht gekühlt ist. Der Transport erfolgt in der mobilen Schlachteinheit. Im Schlachthof angekommen, wird das tote Tier ausgeweidet, enthäutet und zerlegt.

Teilmobil ist immer regional

Bei der teilmobilen Schlachtung im Herkunftsbetrieb durch die Landwirtin oder den Landwirtin oder einem Dienstleistungsunternehmen ist es erlaubt, mehrere Tiere an einem Tag zu schlachten, zum Beispiel drei Rinder oder sechs Schweine. "Das größte Problem ist, eine Schlachterei in der Nähe zu finden", erklärt Flavio Traxl, Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft Bio-Rind & Fleisch EZG GmbH und Gründer von EndeGut!. Dieser Zusammenschluss von Bäuerinnen und Bauern aus Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Hessen hat sich gemeinsam eine mobile Schlachteinheit angeschafft.

Der gelernte Landwirt und Agrarbetriebswirt Traxl hat ein Seminar (Sachkundenachweis) für Rinderschlachtungen absolviert, um selbst die Tötung vornehmen zu dürfen. Schließlich will das Handwerk Schlachten gelernt und gekonnt sein. "Eine Schlachtung dauert ungefähr eine Viertelstunde, wenn ich also drei Rinder auf einmal schlachte, ist schon eine Dreiviertelstunde weg, dann kann ich nur noch eine Stunde zum Schlachthof fahren", so Traxl. Umgekehrt stärkt gerade dieser kurze Zeitraum die regionale Wertschöpfung.

Tierwohl bis zum Schluss

Die EZG Bio Rind & Fleisch praktiziert die teilmobile Schlachtung seit einem Jahr. "Ideell ist das für jeden rinderhaltenden Betrieb optimal", so Traxl, "aber wirtschaftlich lohnt es sich vor allem bei Fleischrindern." So habe ein Limousin-Bulle ein Warmschlachtgewicht von 450 Kilogramm, eine Holstein-Frisesian-Färse (junges Milchrind) nur 270 Kilogramm. Bei beiden entstünden jedoch die gleichen Schlachtkosten.

Generell hat diese tierschonende Schlachtung ihren Preis: Das Kilo Fleisch kostet etwa 1,20 bis 2,50 Euro mehr als Fleisch vom Schlachthof. Daher machen bisher nur direktvermarktende Betriebe mit. Die können ihren Kundinnen und Kunden den Mehrwert fürs Tierwohl persönlich erklären. Der Lebensmitteleinzelhandel kann das nicht. Zumal es kein eigenes Label für Fleisch aus Hofschlachtung gibt.

Mehr über Schlachtung reden

Überhaupt lässt sich das Thema Schlachtung nur schwer vermitteln. Viele Menschen möchten zwar wissen, wie das Tier gelebt hat, aber nicht, wie es gestorben ist. Was zwischen dem Tier auf der Weide und dem Steak auf dem Teller geschieht, wird komplett ausgeblendet. Flavio Traxl wünscht sich, dass wir wieder mehr über die Schlachtung sprechen. "Das Ende des Tieres muss auch gut sein. Nur so bekommen wir maximales Tierwohl und beste Fleischqualität." Seine Vision ist, dass irgendwann alle Bio-Tiere stressfrei sterben.

Mit dem Projekt EndeGut! möchte Flavio Traxl einen Beitrag zu Transparenz und mehr Bewusstsein für eine stressfreie Schlachtung schaffen. In einem Film zeigt er, wie die stressfreie Schlachtung eines Rindes auf dem Hof abläuft:

Zun Video: So läuft eine Hofschlachtung ab.


Letzte Aktualisierung 27.09.2024

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