"Garnelen aus Wildfang sind nicht immer gut, Garnelen aus Aquakultur nicht immer schlecht", meint Dr. Holger Kühnhold vom Leibniz Zentrum für marine Tropenforschung in Bremen. Der Meeresökologe vom Projekt Food for Future rät uns, ausschließlich zertifizierte Garnelen zu kaufen.
Oekolandbau.de: Können wir Garnelen aus Wildfang mit gutem Gewissen genießen?
Holger Kühnhold: Ja, Garnelen aus lokaler Fischerei, die ohne viel Beifang ins Netz kommen, sind ökologisch und geschmacklich die beste Wahl. Das heißt bei Wildfang eher zu den Nordseekrabben greifen als zu den tropischen Arten. Allerdings sind Garnelen aus Wildfang mittlerweile eine Seltenheit geworden. Gut 90 Prozent der bei uns verzehrten Tiere stammen bereits aus künstlich angelegten Aquakulturen in Indien, Südostasien und Südamerika.
Oekolandbau.de: Welche Garnelen aus Aquakultur empfehlen Sie?
Holger Kühnhold: Auch bei der Aquakultur gibt es lokale Optionen: deutsche Garnelenfarmen beliefern edle Restaurants mit fangfrischen Garnelen. Da sind die Transportwege kurz und die Produktion transparent. Die Preise von 45 bis 60 Euro pro Kilogramm machen die Garnele wieder zu dem, was sie eigentlich ist, ein Luxusprodukt. Auf keinen Fall sollten wir die günstigsten Angebote im Supermarkt wahrnehmen - egal ob aus Wildfang oder Aquakultur. Verbraucher sollten nur zertifizierte Garnelen kaufen. Am weitesten verbreitet sind das MSC- und ASC-Siegel. Die versuchen den Großteil des Marktes zu zertifizieren. Das führt mitunter zu sehr niedrigen Standards. Bio-Zertifikate haben generell strengere Richtlinien. Deren Herkunft lässt sich beim Anbieter Followfish mit einem Trackingcode genau nachvollziehen. Nur leider sind bisher kaum zertifizierte Garnelen im Handel.
Oekolandbau.de: Woran liegt das?
Holger Kühnhold: Zum einen an der Marktstruktur der Garnelenproduzenten. In Südostasien gibt es Hunderttausende von kleinen Produzenten. Ein ganz schwieriges Umfeld, um einheitliche Standards zu etablieren. Zwischen den Farmern besteht starke Konkurrenz. Jeder versucht immer günstiger, immer mehr zu produzieren. Nachhaltigkeit kommt in den Bilanzen der Farmer bisher nicht vor. So haben sie wenig Anreiz, um in eine freiwillige Zertifizierung zu investieren. Momentan ist Selbstschutz der wirksamste Antrieb für mehr Qualität statt Quantität. Denn das Risiko auf Produktionseinbrüche durch Krankheiten steigt drastisch in der Massenproduktion. Außerdem fehlen klare Marktanreize für mehr Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Umso wichtiger ist es, dass wir zertifizierte Garnelen nachfragen.