Biointensiver Gemüsebau

Biointensiver Gemüsebau

Eine intensive Bewirtschaftung mit dem Ziel maximaler Erträge ist im Öko-Landbau eher die Ausnahme. Allerdings nicht im biointensiven Gemüsebau. Hier gilt es, für bis zu vier Kulturen pro Saison möglichst hohe Erträge auf kleinster Fläche zu erzielen. Bisherige Erfahrungen zeigen: Das System ist anspruchsvoll, aber bei professioneller Umsetzung wirtschaftlich und nachhaltig.

Überschaubare Investitionen, hohe Erträge auf sehr kleiner Fläche, nachhaltige Bewirtschaftung nach ökologischen Standards und ein verhältnismäßig überschaubarer Arbeitsaufwand bei gutem Betriebseinkommen – das verspricht das Konzept des Mikrofarming, das auch als biointensiver Anbau bezeichnet wird.

Der biointensive Anbau ist bisher vor allem in Kanada, Japan und den USA bekannt, wo das Konzept seit den 1960er-Jahren angewendet und weiterentwickelt wird. In Deutschland gibt es zurzeit etwa 20 solcher Kleinstbetriebe.

200 Mal mehr Gewinn pro Fläche

Im Kern zielt das System darauf ab, mit ökologischen Anbaumethoden auf Flächen von maximal einem Hektar möglichst hohe Erträge zu generieren und damit auch eine entsprechend hohe Wertschöpfung pro Fläche. Praxisbetriebe erzielen mit dem Mikrofarming-Ansatz etwa 200-mal so viel Gewinn pro Hektar wie ein durchschnittlicher konventioneller Betrieb. Diese hohe Wertschöpfung ist notwendig, da das gesamte Betriebseinkommen im Mikrofarming von einer extrem kleinen Fläche abhängt.

Angebaut wird fast ausschließlich saisonales Frischgemüse wie Salat, Frühlingszwiebeln oder Radieschen, weil es die größten Umsätze verspricht. Auch Folientunnel sind im biointensiven Anbau verbreitet. Sie ermöglichen die Fortsetzung der Produktion im Winter und die Anzucht wärmeliebender Arten wie Tomaten und Auberginen in den Sommermonaten.

Beetanbau mit bis zu 50 Gemüsearten

Um mit ökologischen Anbauverfahren die erwünschten Höchsterträge zu erzielen, teilt man die Flächen in maximal ein Meter breite Beete ein, unterbrochen von schmalen Laufgängen. Pro Anbaujahr und Beet sind bis zu vier Ernten verschiedener Gemüsesorten möglich, die in einer ausgeklügelten Fruchtfolge nacheinander angebaut werden. Vielfalt spielt eine große Rolle in diesem System. Im Schnitt bauen die Betriebe 30 bis 50 verschiedene Gemüsearten an.

Die Pflanzabstände sind deutlich enger als im klassischen Freilandanbau. Das sorgt für mehr Ertrag und einen frühzeitigen Reihenschluss, der hilft, Unkraut zu unterdrücken. So werden zum Beispiel Möhren fünf- statt dreireihig angebaut. Auch die Anzucht von Jungpflanzen ist im biointensiven Anbau verbreitet, der zum Teil von externen Betrieben durchgeführt wird. Mithilfe der Jungpflanzen lässt sich die Kulturdauer der meisten angebauten Gemüsearten verkürzen, was den Anbau einer zusätzlichen Kultur pro Jahr ermöglicht.

Intensive Kompostwirtschaft

Weiterer zentraler Baustein des biointensiven Anbaus ist eine aufwendige Kompostwirtschaft. Der Kompost ist die wichtigste Nährstoffquelle und trägt zum erwünschten Humusaufbau bei. Der Erhalt und die Förderung der Bodenfruchtbarkeit gelten als Schlüssel für einen erfolgreichen biointensiven Anbau. Der Kompost setzt sich in der Regel aus Ernteresten und Grüngut zusammen.

Bei Gemüsearten mit hohem Nährstoffbedarf wird zusätzlich auch Stallmist eingearbeitet. Ziel ist ein möglichst geschlossener Nährstoffkreislauf ohne Zukauf kommerzieller Düngemittel. Um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten, sind auch mehrwöchige Anbaupausen sowie die Aussaat von Zwischenfrüchten oder eine Gründüngung. Der Aufwuchs wird kompostiert, damit die Nährstoffe im Betriebskreislauf bleiben.

Der größte Teil der Arbeit erfolgt per Hand, insbesondere das Hacken. Für die Beetvorbereitung oder die Einarbeitung von Grüngut kommen zum Teil auch spezielle Kleintraktoren mit entsprechenden Geräten zur Bodenbearbeitung zum Einsatz. Ihre Abmessungen sind immer an die Beetbreite angepasst, denn die Beete selbst werden niemals betreten oder befahren.

Direktvermarktung mit hohen Umsätzen

Die meisten Betriebe vermarkten ihr Bio-Gemüse direkt ab Hof und kommen damit auf relativ hohe Erlöse. Betriebe aus Kanada und Frankreich, die mit weniger als einem Hektar Fläche arbeiten, berichten von Umsätzen von bis zu 100.000 Euro im Jahr. Durch die geringen Investitionskosten für Fläche und Maschinen sowie relativ niedrige laufende Kosten erreichen sie zudem hohe Gewinnspannen von 45 Prozent.

Das macht das Konzept vor allem für junge Landwirtinnen und Landwirte attraktiv, die mit überschaubaren Investitionen von weniger als 50.000 Euro einen eigenen Betrieb aufbauen können. Hinzu kommt, dass der Arbeitsaufwand pro Fläche zwar hoch ist, aber aufgrund der kleinen Gesamtfläche insgesamt geringer ist als bei Betrieben mit größerer Flächenausstattung. Das heißt, die Arbeitszeitbelastung ist insgesamt geringer als in der übrigen Landwirtschaft.

Das System ist anspruchsvoll

Allerdings stellt die intensive Bio-Produktion auf kleiner Fläche hohe Ansprüche an das Management. Allein die Planung der Fruchtfolgen in den einzelnen Beeten ist aufgrund der vielen Gemüsearten und den kurzen Kulturzeiten sehr aufwendig. Schließlich gilt es, möglichst lange Anbaupausen zwischen Gemüsekulturen gleicher Familien wie Kohl- oder Kürbisgewächsen einzuhalten, um einer Bodenmüdigkeit oder Krankheiten durch enge Fruchtfolgen vorzubeugen.

Auch die Kompostwirtschaft und Düngung, die Technik der Bodenbearbeitung und die Optimierung der Pflanzabstände bei den einzelnen Gemüsearten erfordern viel Know-how und Erfahrung und müssen optimal auf die jeweiligen Standortbedingungen abgestimmt sein. Und nicht zuletzt gehört auch eine professionelle Vermarktung der Frischware mit kurzen Transportwegen und verlässlichen Abnehmern zum Konzept. Denn letztlich entscheiden diese Faktoren über die Nachhaltigkeit der Erzeugung und vor allem über die Rentabilität des Systems.

Text: Jürgen Beckhoff


Letzte Aktualisierung 28.06.2024

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