Was ist ein Bruderhahn?

Was ist ein Bruderhahn?

Bruderhähne stammen aus Legehennen-Züchtungen und wachsen langsamer als Masthühner, wodurch ihre Aufzucht wirtschaftlich herausfordernd ist. Initiativen versuchen, Bruderhähne nachhaltig in die Geflügelwirtschaft zu integrieren, doch das Konzept stößt auf Kritik. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Bruderhähne aufgezogen und vermarktet werden, welche Probleme es gibt und ob sie wirklich eine nachhaltige Lösung sind.

Seit Januar 2022 ist das routinemäßige Töten männlicher Küken deutschlandweit verboten. Das gilt für die konventionelle und biologische Hühnerhaltung. Entweder werden die männlichen Küken aufgezogen und als sogenannte Bruderhähne vermarktet oder es wird das Geschlecht bereits im Brutei bestimmt und Eier mit männlichen Embryonen aussortiert. Das Verfahren nennt sich In-Ovo-Selektion. Der Deutsche Tierschutzbund begrüßt das Verbot des Kükentötens, befürchtet jedoch, dass die Embryos zu diesem Zeitpunkt bereits Schmerzen empfinden. 

Die In-Ovo-Selektion ist auch bei EU-Bio-Betrieben erlaubt. Das EU-Bio-Logo garantiert zwar die ökologische Haltung der Legehennen, aber verpflichtet nicht zur Aufzucht männlicher Küken. Eine weitere Praxis einiger Betriebe besteht darin, die Bruderhähne ins Ausland zu exportieren, wo sie in Mästereien landen. 


Film ab: Bruderhähne im BZL-Wissenshäppchen kurz erklärt


Bruderhahn-Aufzucht – Herausforderungen und Chancen

Da Bruderhähne im Vergleich zu Mastgeflügel langsamer wachsen und eine geringere Fleischansatzleistung haben, stellt ihre wirtschaftliche Vermarktung eine Herausforderung dar. Auf der anderen Seite ist es auch eine ethische Frage wie man mit den männlichen Tieren von Legehennen-Zuchtlinien umgeht.

Vor- und Nachteile der Bruderhahn-Aufzucht

Aktueller Stand der Bruderhahn-Aufzucht

Laut Statistischem Bundesamt sind 2023 rund 11 Millionen männliche Küken von Legehennen-Linien in die Bruderhahnaufzucht gegangen. Die meisten der Bio-Anbauverbände sprechen sich grundsätzlich gegen die Geschlechtserkennung im Ei aus. Viele von ihnen haben zugesichert alle Bruderhähne aufzuziehen. Dies wird oft als Übergangslösung auf dem Weg zur Etablierung von Zweinutzungshühnern betrachtet, die sowohl für die Eierproduktion als auch für die Fleischgewinnung geeignet sind.


Film ab: Bruderhahn oder Zweinutzungshuhn – was ist der Unterschied?


Ein weißer Hahn und weiße Hühner in einem Stall mit Stroh. Im Hintergrund ist ein Huhn auf einem Strohballen zu sehen, das pickt.

17.04.2025Bio in der Praxis

Zweinutzungshuhn

Die Haltung von Zweinutzungshühnern ist eine besonders zukunftsfähige Form der Geflügelhaltung. Statt auf Tiere zu setzen, die entweder auf die Eierproduktion oder auf die Mast spezialisiert sind, kombinieren Zweinutzungshühner beides und vereinen dabei die Vorteile alter Hühnerrassen und moderner ökologischer Züchtungen.

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Hahn und Henne der Rasse Cream. Foto: Demeter/Pixxio-Media

10.01.2024Bio in der Praxis

Potenzial von Zweinutzungshühnern

Im Öko-Landbau werden zunehmend Zweinutzungshühner als Alternative zu konventionellen Hybridzüchtungen eingesetzt. Lange Zeit galt die Haltung als unrentabel. Das ist eine Frage der Perspektive, meint Inga Günther von der Ökologische Tierzucht GmbH (ÖTZ). Sie muss es wissen, denn die ÖTZ züchtet seit 2015 Zweinutzungsrassen und kümmert sich um die Vermehrung und den Verkauf.

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Vorgaben bei der ökologischen Bruderhahn-Aufzucht

Die ökologischen Anbauverbände gehen einen Schritt weiter in Richtung Tierschutz: Bei Bioland, Demeter, Naturland, Biokreis und Gäa ist die Geschlechtsbestimmung im Ei verboten und die Aufzucht der männlichen Küken der Legerassen, Bruderhähne genannt, Pflicht. Wer Bio-Eier dieser Verbände kauft, verhindert also das Töten der Embryonen und fördert die Aufzucht der Bruderhähne. Allerdings garantieren derzeit nur Bioland und Demeter, dass die Bruderhähne auch unter Bio-Bedingungen aufgezogen werden.

Während für konventionelle Betriebe keine spezifischen gesetzlichen Vorgaben für die Haltung von Bruderhähnen existieren, schreibt die EU-Öko-Verordnung für die Haltung von Bruderhähnen unter anderem einen Grünauslauf und Sitzstangen vor. Zudem gelten strengere Besatzdichten und längere Mastzeiten.

Bruderhahn Initiativen – Projekte und Konzepte

Um die Nutzung von Bruderhähnen wirtschaftlich tragfähig zu gestalten, wurden verschiedene Initiativen ins Leben gerufen. Das Prinzip ist bei allen gleich: Der Eier-Preis beinhaltet einen Aufschlag, mit dem die teure Mast der Legehennen-Brüder quersubventioniert wird. Durch den Zuschuss aus dem Eierverkauf bleibt das Fleisch der Hähne bezahlbar.

Eine der bekanntesten ist die Brudertier-Initiative Deutschland (BID), die sich dafür einsetzte, das Fleisch der Bruderhähne in den Naturkostfachhandel zu bringen und es als hochwertiges Bio-Produkt zu etablieren. Ende 2024 wurde das BID-Bruderhahn-Siegel eingestellt. Als Gründe wurden unter anderem die sich veränderte politische und rechtliche Lage nach dem Kükentötungsverbot aufgeführt, denn die verpflichtende Bruderhahnaufzucht bei den Bio-Verbänden habe die Notwendigkeit einer zusätzlichen Zertifizierung verringert. Auch wurden die schwierigen wirtschaftliche Rahmenbedingungen wie die Energiekrise, die Inflation und die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs genannt.

Weitere Initiativen, die sich für die Aufzucht und Vermarktung von Bruderhähnen einsetzen sind:

Vermarktung von Bruderhahn-Produkten

Bruderhahn-Eier

Als Bruderhahn-Eier werden die Eier der Legehennen genannt, deren männliche Geschwister, also Bruderhähne, aufgezogen werden. Mit dem Kauf der Eier sollen die Verbraucherinnen und Verbraucher eine tierfreundlichere Haltungsform unterstützen.

Die Mehrkosten für das Futter, den Platz und die Zeit der Aufzucht werden somit über den Eierpreis mitfinanziert. Die Eier von Bruderhahninitiativen sind im Handel inzwischen weit verbreitet, doch nicht immer einheitlich gekennzeichnet. Es existieren dafür verschiedene Label auf den Eierkartons.

Bruderhahn-Fleisch

Bruderhähne werden eher selten als ganze Tiere vermarktet. Häufig landen sie in verarbeiteten Produkten, wie zum Beispiel Bruderhahn-Frikassee, Gockel-Bolognese oder Bruderhahn-Suppe. Damit ähnelt die Nutzung ihres Fleisches der von Althennen oder Suppenhühnern. Da die Bruderhähne nur für das Fleisch aufgezogen werden, lässt sich deren Haltung mit der klassischer Masthähnchen vergleichen. In der Regel ist die Haltung der hochspezialisierten Mastrassen für die landwirtschaftlichen Betriebe allerdings wirtschaftlicher als die Aufzucht der Bruderhähne.

Fazit: Bruderhähne sind nur eine Zwischenlösung auf dem Weg zu nachhaltigerem Geflügel

Auch wenn die Bruderhahn-Aufzucht ethisch eine Verbesserung gegenüber dem Kükentöten ist, bleibt sie dennoch wirtschaftlich schwer tragfähig. Die Aufzucht ist ressourcenintensiver und verursacht dadurch Mehrkosten, die später wieder erwirtschaftet werden müssen – sei es über das Fleisch und / oder die Eier. Die gezielte Vermarktung von Bruderhahn-Produkten ist nicht ganz einfach, da die Produkte aus den genannten Gründen teurer sein müssen und das Fleisch weniger gefragt ist. Trotz Bemühungen von Initiativen bleibt die Bruderhahn-Aufzucht deshalb nur eine Übergangslösung. Zweinutzungshühner könnten langfristig eine nachhaltigere Alternative sein. Aber auch hier gilt:

Nur wenn die Verbraucherinnen und Verbraucher Eier und Fleisch von Zweinutzungshühnern kaufen, haben Zweinutzungshühner wirklich eine Zukunft! Ein Suppenhuhn und ein Hähnchen pro Kopf und Jahr sind Pflicht", erläutert die Geschäftsführerin Inga Günther von der Ökologischen Tierzucht (ÖTZ), die sich auf die Zucht von Zweinutzungshühner spezialisiert haben.

Text: Jutta Schneider-Rapp, Ökonsult; Laura Riegert, AMI


Letzte Aktualisierung 17.04.2025

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