Ab 2022 treten die neuen EU-Rechtsvorschriften für die ökologische Produktion in Kraft. Für Unternehmen, die ökologische Produkte verarbeiten bleibt zwar das meiste wie bisher, es gibt jedoch einige Änderungen, mit denen sich Unternehmen bereits jetzt befassen sollten. So können sie sich rechtzeitig vorbereiten und gegebenenfalls Rezepturanpassungen oder Veränderungen im Unternehmen vornehmen.
Erweiterung des ökologischen Sortiments (Artikel 2)
Der Geltungsbereich der Verordnung wird um landwirtschaftsnahe Produkte erweitert. Zusätzlich zu den bisher bekannten Kategorien (lebende oder unverarbeitete landwirtschaftliche Erzeugnisse einschließlich Saatgut und anderes Pflanzenvermehrungsmaterial, verarbeitete landwirtschaftliche Erzeugnisse, die zur Verwendung als Lebensmittel bestimmt sind und Futtermittel), finden sich im Anhang I der neuen Verordnung nun weitere Produkte, die der Landwirtschaft nahe stehen und daher nun unter den rechtlichen Schutz der Verordnung fallen.
So wird eine Lösung für Grenzfälle, wie zum Beispiel Mate, Salz und Bienenwachs geschaffen.
Reinigungs- und Desinfektionsmittel (Artikel 24)
Während landwirtschaftliche Betriebe bereits seit Jahren Vorgaben für die Reinigung und Desinfektion kennen, war für den Verarbeitungsbereich hier bisher nichts geregelt. Dies wird sich nun ändern. Künftig wird die Kommission auch für verarbeitende Unternehmen Erzeugnisse und Stoffe als Mittel zur Reinigung und Desinfektion in Verarbeitungs- und Lagerstätten zulassen.
Verbot von technisch hergestelltem Nanomaterial (Artikel 7)
Zukünftig dürfen keine Zutaten oder Stoffe mehr eingesetzt werden, die technisch hergestellte Nanomaterialien enthalten oder aus solchen bestehen. Die Definition dafür findet sich in der Verordnung (EU) 2015/2283 über neuartige Lebensmittel. Und zwar handelt es sich dabei um Nanomaterial, das absichtlich als solches hergestellt wurde. Diese sind in der Regel aber deklarationspflichtig. Natürliches oder zufällig entstehendes Nanomaterial fällt nicht darunter.
Einsatz von Aromen (Anhang II, Teil IV, 2.2.2. b) und Artikel 30, (5) a) iii))
Es dürfen auch weiterhin konventionelle Aromen in Bioprodukten eingesetzt werden. Allerdings wird der Einsatzbereich beschränkt auf Artikel 16 Absätze 2, 3 und 4 der Verordnung (EG) Nummer 1334/2008 (Aromenverordnung). Dies beinhaltet natürliche Aromen oder natürliche Aromaextrakte, deren Aromabestandteil ausschließlich oder zu mindestens 95 Prozent aus dem namensgebenden pflanzlichen oder tierischen Produkt stammt (sogenannte FTNF/S-Aromen). Zudem dürfen Aromaextrakte nur noch aus Lebensmitteln gewonnen werden.
Weiterhin wurde eine Definition für Bioaromen eingeführt. Diese dürfen gemäß Artikel 30, (5) a) iii) zukünftig als Bio gekennzeichnet werden, wenn sie natürliche Aromastoffe oder Aromaextrakte (wie oben beschrieben) sind und alle ihre aromatisierenden Bestandteile und Aromaträgerbestandteile aus ökologischer Produktion stammen.
Zudem werden Aromen zukünftig als Zutaten landwirtschaftlichen Ursprungs gezählt und fallen somit beim Einsatz von konventioneller Aromen unter die fünf Prozent Regel.
Hier kann es zu einigen weitreichenden Änderungen für Produktrezepturen kommen. Unternehmen, die Aromen in ihren Produkten einsetzen, sollten frühzeitig prüfen, ob Handlungsbedarf besteht und Anpassungen vorgenommen werden müssen.
Herstellung von Babynahrung (Anhang II, Teil IV, 2.2.2. f)
Aufgrund der bisher bestehenden Unsicherheiten im Rechtsstatus von Bio-Babynahrung wurde eine neue Formulierung für die Supplementierung von ökologischen Produkten aufgenommen. Diese stellt einen eindeutigen Bezug zu den einschlägigen Vorschriften im Bereich Anfangs- und Folgenahrung, sowie Beikost her. Zukünftig darf Babynahrung daher weiter als biologisch verkauft werden, auch wenn sie gemäß den rechtlichen Vorgaben mit Mineralstoffen (einschließlich Spurenelementen), Vitaminen, Aminosäuren und Mikronährstoffen angereichert ist.
Änderungen in der Kennzeichnung (Artikel 30 - 33)
Die Vorgaben zur Kennzeichnung bleiben so wie in der jetzigen Verordnung auch. Lediglich bei der Herkunftskennzeichnung wird die Toleranz von zwei Prozent auf fünf Prozent angehoben und die Möglichkeit einer regionalen Herkunftsangabe eingeführt. So kann zukünftig ein Produkt zum Beispiel mit "Hessischer Landwirtschaft" gekennzeichnet werden, wenn mindestens 95 Prozent aller landwirtschaftlichen Zutaten aus Hessen stammen.
Einbindung von Subunternehmen (Artikel 34, (3))
Es können weiterhin Tätigkeiten an Dritte vergeben werden. Der Subunternehmer kann dabei entweder eigenständig biozertifiziert sein oder er ist ein konventionelles Unternehmen und wird in die Kontrolle des Verarbeiters miteinbezogen. Diese Umsetzung ist in Deutschland bereits seit längerem gelebte Praxis, ist nun aber noch einmal klarer im europäischen Rechtstext geregelt.
Ausnahme für konventionelle landwirtschaftliche Zutaten (Artikel 25)
Die nationale Ausnahmegenehmigung für den Einsatz von nichtökologischen landwirtschaftlichen Zutaten bis zu maximal fünf Prozent bleibt bestehen. Allerdings beschränkt sich der Genehmigungszeitraum auf drei mal sechs Monate. Wurde eine solche nationale Zulassung erteilt, gilt sie dann aber für alle Unternehmen in Deutschland und muss nicht für jeden Einzelfall neu beantragt werden.
Die Liste der zugelassenen konventionellen landwirtschaftlichen Zutaten (jetziger Anhang IX) wird zukünftig jährlich überprüft werden.
Vorsorgemaßnahmen und Umgang mit Verdachtsfällen (Artikel 27-29)
Alle Unternehmen der Wertschöpfungskette haben zukünftig die gleichen Pflichten, wie sie Risiken von Kontaminationen oder Unregelmäßigkeiten vermeiden und mit Verdachtsfällen umgehen. Diese sehen wie folgt aus: