Bio-Zertifizierung im Verabeitungsunternehmen: Ablauf und Vorbereitung

Bio-Zertifizierung im verarbeitenden Unternehmen: Ablauf und Vorbereitung

Das Bio-Zertifikat ist die Voraussetzung für die Vermarktung von Lebensmitteln mit einem Bio-Hinweis. Staatlich zugelassene, private Kontrollstellen führen dazu regelmäßige Kontrollen in den Unternehmen durch. Worum geht es in dieser Prüfung? Wie läuft eine Bio-Kontrolle ab? Wie können Sie sich vorbereiten?

Die Bio-Kontrollstelle führt durch den Zertifizierungsprozess

Jedes Unternehmen, das Bio-Lebensmittel herstellt, muss sich von einer anerkannten Bio-Kontrollstelle kontrollieren und zertifizieren lassen. Dabei wird geprüft, ob ein Unternehmen die Anforderungen der EU-Öko-Verordnung erfüllt. Die Tätigkeiten aller Kontrollstellen basiert auf gesetzlichen Grundlagen und wird von staatlichen Stellen überwacht. So ist sichergestellt, dass alle Kontrollstellen die gleichen Vorgaben erfüllen und der Zertifizierungsprozess nach den gleichen Regeln durchgeführt wird. Ein Kontrollvertrag, den Sie mit der von Ihnen ausgewählten Kontrollstelle abschließen, regelt weitere Details der zukünftigen Zusammenarbeit.

Tipp 1: Die richtige Bio-Kontrollstelle finden
Die einzelnen Kontrollstellen haben unterschiedliche Ansätze und Leistungsangebote sowie Kostensätze. Dem Unternehmen steht es frei, sich von mehreren Kontrollstellen ein Angebot unterbreiten zu lassen. Der Kostenfaktor sollte aber nicht das alleinige Kriterium für die Wahl einer Kontrollstelle entscheidend sein. Vielmehr sollte sich das Unternehmen den Partner aussuchen, bei dem es sich am besten betreut fühlt.

Ablauf einer Bio-Kontrolle

Die durch einen abgeschlossenen Kontrollvertrag zuständige Kontrollstelle ist dazu verpflichtet, mindesten einmal im Jahr eine Bio-Kontrolle im betreffenden Betrieb durchzuführen. Dieser Termin wird in der Regel durch die Kontrollstelle angekündigt; es besteht aber auch die Möglichkeit, dass ein Auditor oder eine Auditorin unangekündigt vorbeikommt.

Diese Kontrolle besteht in der Regel aus folgenden Elementen:

  • Eingangsbesprechung und Strukturierung des Ablaufes
  • Besprechung der Betriebsbeschreibung; gegebenenfalls Aufnahme von Änderungen
  • Durchsprechen der Abläufe
  • Sichtung der Lieferantenliste und der aktuellen Bescheinigungen
  • Sichtung der Wareneingangskontrolle
  • Betriebsrundgang – Produktion, Lager + Verkaufsraum (falls vorhanden)
  • Sichtung der Kennzeichnung
  • Kontrolle der Rückverfolgbarkeit und Erstellung einer Massenbilanz
  • Zeit für den Auditor für die Berichtserstellung
  • Abschlussbesprechung

In der Eingangsbesprechung wird der Ablauf der Kontrolle geklärt, zum Beispiel ob bestimmte Personen nur bis zu einer bestimmten Uhrzeit im Unternehmen sind, zu welchem Zeitpunkt ein Produktionsrundgang stattfinden kann, wie aufwendig sich das Erstellen einer Massenbilanz und einer Rückverfolgbarkeitsprüfung darstellt. Daran orientierend wird das weitere Auditvorgehen festgelegt.

Dann erfolgt die Durchführung der Kontrolle, bei der die Dokumentation des Unternehmens gesichtet und ein Betriebsrundgang vorgenommen wird. Bei verarbeitenden Unternehmen liegt ein besonderes Augenmerk auf der Trennung von Bio-Produkten und konventionellen Produkten während der Verarbeitung.

Ein weiteres Kernstück der Kontrolle ist die Erhebung einer Massenbilanz. Hier werden die eingekauften und verarbeiteten Rohwaren den produzierten und verkauften Produkten gegenübergestellt.

Abschließend verfasst der Auditor oder die Auditorin einen Bericht. Wenn Abweichungen festgestellt wurden, so werden diese in dem Bericht aufgelistet. Es werden Korrekturmaßnahmen für die Behebung der Abweichung definiert und Fristen festgelegt, bis wann die Abweichung behoben sein sollte. Die einzelnen Punkte werden im Abschlussgespräch der Kontrolle erläutert.

Der Bericht geht an das Büro der Kontrollstelle und wird dort von einer weiteren fachlich ausgebildeten Person nach dem 4-Augen-Prinzip gegengelesen. Nach abgeschlossener Prüfung bzw. nach Einreichung von Belegen für die durchgeführten Korrekturmaßnahmen oder der Durchführung von erforderlichen Nachkontrollen, wird ein neues Bio-Zertifikat ausgestellt.

Eine Erstkontrolle im Betrieb läuft ähnlich ab. Da der Betrieb seine Bio-Aktivität erst aufnimmt, liegt der Schwerpunkt auf der Aufnahme der Unternehmensdaten, der Betriebsbeschreibung und den Verfahrensbeschreibungen, wie das Unternehmen die Anforderungen der EU-Öko-Verordnungen umsetzen wird. In der Regel wird noch keine Massenbilanz berechnet werden können, aber die Voraussetzungen, um in künftigen Kontrollen ein entsprechende Berechnung durchführen zu können, werden besprochen.

Zusätzlich zu den umfassenden Jahreskontrollen sind die Kontrollstellen dazu verpflichtet, unangekündigte Stichprobenkontrollen durchzuführen. Diese sind in der Regel wesentlich kürzer und greifen einzelne Punkte aus der EU-Öko-Verordnung auf.

Tipp 2: Vor-Ort-Kontrolltermin gut vorbereiten
Zur direkten Kontrollvorbereitung lohnt sich ein Blick in das von der jeweiligen Öko-Kontrollstelle spätestens mit der Terminankündigung übermittelte Informationsmaterial. Die darin aufgeführten Unterlagen sollten für den Kontrolltag geordnet und möglichst zentral bereitgehalten werden. Sind Dokumente aus organisatorischen Gründen nur an verschiedenen Orten im Unternehmen verfügbar, sollten sie auch dort ohne langes Suchen vorgelegt werden können. Werden alle Kontrollvorbereitungen beherzigt, wirkt sich das nicht nur positiv auf die Kontrollatmosphäre aus, sondern die einfachere und schnellere Durchführung verringert am Ende auch die Kosten der Biokontrolle.

Welche Unterlagen werden benötigt?

Die Kontrollstellen pflegen für jedes bei ihnen angemeldete Unternehmen eine Akte, welche auf Anforderung auch an die zuständige Landebehörde weitergegeben wird.

Diese Akte enthält in der Regel folgende Informationen:

  • Eine Beschreibung des Unternehmens (das Format wird durch die Kontrollstelle bereitgestellt)
  • Den Nachweis der Rechtsform (je nach Art des Unternehmens: Gewerbeanmeldung, Handelsregisterauszug, Gesellschaftervertrag, etc.)
  • Ein Lageplan des Unternehmens (Büro, Produktion, Lager)
  • Übersicht über alle zum Unternehmen gehörenden Betriebsstätten
  • Übersicht über Subunternehmer (z.B. Lohnlager)
  • Eine aktuelle Sortimentsliste; aus welcher eindeutig ersichtlich ist, welche Produkte biologisch / ökologisch erzeugt sind welche nicht
  • aktuelle Lieferantenliste
  • Die Vorsorgemaßnahmen des Unternehmens zur Vermeidung von Vermischung mit unzulässigen Erzeugnissen und die Ermittlung der sogenannten Bio-Kritischen-Kontrollpunkte

Tipp 3: Dokumente aktuell halten
Der Aufwand der Kontrolle verringert sich deutlich, wenn alle für die Kontrolle notwendigen Unterlagen auf dem aktuellen Stand gehalten und in übersichtlicher Art archiviert werden.
Über wesentliche Änderungen in der Betriebsbeschreibung muss die Öko-Kontrollstelle immer umgehend informiert werden. Weniger bedeutende Änderungen kann das Unternehmen dann während der Biokontrolle mitteilen. Hierzu zählen unter anderem folgende Listen aus dem Anhang der Betriebsbeschreibung: Lieferantenliste, Kundenliste, Rohstoffliste, Artikelliste.

Was ist die Betriebsbeschreibung?

Die Betriebsbeschreibung des Unternehmens ist eine wichtige Grundlage im Bio-Kontrollverfahren. Sie enthält alle wesentliche Informationen über das Unternehmen wie beispielsweise Anschrift, Rechtsform, Ansprechpartner für die Bio-Kontrollstelle, Angaben zur Unternehmensstruktur, den Abläufen im Unternehmen dem Produktportfolio und den Maßnahmen zur Einhaltung der EU-Rechtsvorschriften für ökologische Lebensmittel. Wenn ein produzierendes Unternehmen seine Ware bei einem anderen Unternehmen einlagert oder ein anderes Unternehmen mit der Produktion beauftragt, dann vergibt es Tätigkeiten an Dritte, so genannte Subunternehmer. Diese unterliegen ebenfalls der Bio-Kontrolle und müssen in der Betriebsbeschreibung erfasst werden.

In der Regel stellen die Kontrollstellen den von ihnen betreuten Unternehmen eine entsprechende Vorlage zur Verfügung, mit deren Hilfe die Unternehmen alle notwendigen Informationen zusammentragen und mit weiteren Dokumenten ergänzen können.

Um bereits bei der Erstkontrolle Zeit zu sparen, sollte dieses Dokument vom Unternehmen vorbereitet werden. Es wird dann mit dem Auditor oder der Auditorin bei der Erstkontrolle detailliert durchgegangen. Offene Punkte können im Gespräch geklärt und ergänzt werden.

Die Aktualisierung und Pflege des Dokumentes obliegt den Unternehmen. Diese sind dazu verpflichtet wesentliche Änderungen im Unternehmen in der Betriebsbeschreibung zu aktualisieren und umgehend an die Kontrollstelle mitzuteilen. Dazu zählen beispielsweise

  • Änderungen der Kontaktdaten
  • Inbetriebnahme eines neuen Betriebsstandorts
  • Beauftragung von weiteren Subunternehmen
  • Personelle Änderungen in der Unternehmensführung oder die Änderung des Ansprechpartners für die Kontrollstelle

Was ist ein Vorsorgekonzept und der Plan für die kritischen Kontrollpunkte (BKKP)?

Unternehmen, die Bio-Produkte verarbeiten, müssen ein Vorsorgekonzept ausarbeiten. Hier werden die einzelnen Schritte im Unternehmen von der Warenbeschaffung, über die Warenannahme, die Produktion und Lagerung bis hin zum Warenausgang. Es wird ermittelt, ob es in den einzelnen Schritten Risiken für die Bio-Integrität der Ware gibt. Das könnte zum Beispiel eine Vermischung mit einem konventionellen Erzeugnis sein oder die Belastung durch Stoffe, die in der Bio-Verordnung nicht zugelassen sind. Falls Risiken ermittelt werden, müssen vom  Unternehmen sog. Vorsorgemaßnahmen festgelegt und umgesetzt werden, um das Risiko zu eliminieren oder zumindest auf ein annehmbares Maß zu reduzieren.

Im Rahmen der Bio-Kontrolle werden die Angaben zum Vorsorgekonzept und der Plan für die kritischen Kontrollpunkte (BKKP) auf Plausibilität hin geprüft.

Tipp 4: Mitarbeitende einbinden
Das Unternehmen hat im Rahmen seines Vorsorgekonzeptes Bio kritische Kontrollpunkte ermittelt und Lenkungsmaßnahmen, sowie deren Umsetzung und Dokumentation beschrieben. Dieses Vorsorgekonzept ist allen Mitarbeitenden im Unternehmen bekannt, damit diese im Rahmen ihrer täglichen Arbeitsabläufe zur Umsetzung beitragen. Die Dokumentation ist derartig gestaltet, dass sie mühelos in die täglichen Arbeitsabläufe integriert ist und daher kontinuierlich geführt wird.
Den Mitarbeitenden, die mit der Vorbereitung und Durchführung der Bio-Kontrolle betraut sind, sollte zudem ausreichend Zeit für die damit verbundenen Aufgaben zur Verfügung stehen. Und das nicht erst kurz vor dem Kontrolltermin. Über den Termin sollten alle für die Prüfung erforderlichen Mitarbeitenden rechtzeitig informiert werden. Nur so ist sicher, dass sie für Auskünfte zur Verfügung stehen oder eine gleichwertige Vertretung organisieren können. Wenn die Mitarbeitenden am Kontrolltag nicht durch andere Aufgaben abgelenkt werden, trägt dies zu einem reibungslosen Ablauf der Kontrolle bei.

Wie funktioniert die Massenbilanzerstellung?

Zentrales Element jeder Bio-Kontrolle ist die Massenbilanzerstellung. Man muss exemplarisch an einem oder mehreren Produkten belegen, dass für die verkaufte bzw. produzierte Bio-Ware ausreichend Bio-Rohstoffe zur Verfügung gestanden haben.

An welchen Produkten dies belegt wird, wählt der Auditor oder die Auditorin bei der Kontrolle aus. In der Regel geht man von der letzten Bio-Kontrolle oder vom letzten belastbaren Warenbestand (zum Beispiel Inventurdaten oder Einlistungsdatum des Produktes) aus und betrachtet Wareneingänge, Verbräuche, Lagerbestände und Warenverkäufe bis hin zum aktuellen Kontrolltag.

Rechnung: Anfangsbestand + Zukauf = Vebrauch/Abverkauf + aktueller Lagerbestand

Idealerweise geht diese Rechnung zu Null auf. Die Praxis zeigt allerdings, dass es auch Schwund durch Verderb, Produktionsverluste, Fehlbuchungen etc. geben kann. Gerade bei produzierenden Unternehmen kann sich die Massenbilanzerstellung sehr komplex gestalten, da Rohstoffe in mehreren Rezepturen zum Einsatz kommen und gegebenenfalls mehrere Prozessschritte, Zwischenprodukte und Umrechnungsfaktoren mit berücksichtigt werden müssen. Unterm Strich sollte immer mehr Bio-Produkt auf der Eingangsseite, als auf der Ausgangsseite stehen. Dabei müssen große Überdeckungen aber nachvollziehbar erklärt werden können.

Zusätzlich prüft der Auditor oder die Auditorin den Lagerbestand und lässt sich die Einkaufsbelege, sowie gegebenenfalls Verkaufsbelege der Ware zeigen.

Tipp 5: Die Bio-Kontrolle als Chance verstehen
Natürlich ist eine Kontrollsituation mit Anspannung verbunden. Deswegen sind ein kooperatives und transparentes Zusammenarbeiten und ein freundlicher Umgangston auf beiden Seiten wichtig.
Es ist die Aufgabe der Auditorin oder des Auditors zu prüfen, ob das jeweilige Unternehmen die Anforderungen der EU-Öko-Verordnung erfüllt. Sollten Abweichungen festgestellt werden, so ist das für die Unternehmen immer auch eine Chance zur Verbesserung der eigenen Abläufe.

FAQ: Gut vorbereitet für eine erfolgreiche Zertifizierung


Letzte Aktualisierung 07.09.2023

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